Die französische Anti-Betrugsbehörde hat den chinesischen Billigtextilhändler Shein wegen des Verkaufs von kinderähnlichen Sexpuppen der Justiz gemeldet. Das Unternehmen habe auf seiner Online-Plattform Sexpuppen mit „kindlichem Aussehen“ angeboten, teilte die Behörde am Samstag mit. Die Puppen seien so beschrieben, dass „an dem pädopornografischen Charakter kaum zu zweifeln“ sei.
Das Unternehmen erwiderte, dass es die Puppen „umgehend“ von der Plattform entfernt habe. Es untersuche nun, wie die Anzeigen auf die Verkaufsplattform gelangen und die Anbieter die unternehmensinternen Kontrollen umgehen konnten. Shein beteuerte, es werde dafür sorgen, dass keine anderen Verkäufer ähnliche Produkte anbieten könnten.
Die Zeitung Le Parisien hatte einen Screenshot der Anzeige veröffentlicht. Dieser zeigt eine Sexpuppe mit dem Körperbau und dem Gesicht eines kleinen Mädchens und einem Teddy im Arm, flankiert von einer Produktbeschreibung mit klar sexuellem Unterton. Anti-Betrugsbehördenchefin Alice Vilcot-Dutarte sagte der Zeitung, es sei nicht auszuschließen, dass Kinder auf der Suche nach einer Puppe
auf Shein mit ein paar Klicks zu dem Sexpuppen-Angebot weitergeleitet
würden
Kindesmissbrauch und Pädophilie
Sexuelle Gewalt gegen Kinder wird noch immer häufig mit Pädophilie gleichgesetzt. Dabei ist nur gut die Hälfte aller Menschen, die Kinder sexuell misshandeln, auch pädophil. Pädophilie ist eine Neigung, bei der erwachsene Menschen sich sexuell zu Kindern hingezogen fühlen, die meist noch vor der Pubertät stehen und jünger als elf Jahre sind. Pädophil zu sein, heißt nicht automatisch, diese Neigung auch auszuleben.
Kindesmissbrauch kennt viele Täterinnen und Täter, beispielsweise Menschen, die traumatisierende Erfahrungen in ihren Familien erlebt haben, unter Persönlichkeitsstörungen leiden, Probleme haben, Empathie zu empfinden, oder dazu neigen, sich und anderen zu schaden. Manche Täter missbrauchen Kinder auch, weil ihnen etwa die sozialen Fähigkeiten fehlen, sexuelle Beziehungen zu Erwachsenen einzugehen.
Wichtig ist auch zu wissen: Missbrauch findet oft in den Familien statt, in denen Kinder ohnehin leben. Der Täter kommt also nicht zwingend von außen.
Mehr zu den Hintergründen gibt es im ZEIT-ONLINE-Sexpodcast mit der Ärztin, Sexual- und Traumatherapeutin Melanie Büttner – zu hören in diesen Folgen:
- Eine sexuelle Neigung, die sich niemand aussucht: Was es heißt, pädophil zu sein
- Die Verantwortung, keinem Kind zu schaden: Wie Pädophile nicht zu Tätern werden
Prävention von Missbrauch
Bei der Prävention spielt Erziehung eine wichtige Rolle. Die Unabhängige Beauftragte der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs formuliert es so: „In der Familie bedeutet präventive Erziehung, den Töchtern und Söhnen mit Liebe und Respekt zu begegnen, ihre Persönlichkeit ernst zu nehmen und ihre Selbstbestimmung zu fördern.“ Auf der Seite der Beauftragten können sich Eltern und andere Erziehende daher über Themen wie körperliche Selbstbestimmung, Sexualerziehung und den Umgang mit Gefühlen informieren.
Das Bundesfamilienministerium hat Informationen rund um das Thema sexueller Missbrauch in der Broschüre Mutig fragen – besonnen handeln zusammengestellt. Dort widmet sich ein ganzes Kapitel der Frage „Wie schütze ich mein Kind vor sexuellem Missbrauch?“ (ab Seite 83).
Was tun bei einem Verdacht?
Beratungszentren, das Jugendamt, die Polizei, die Kinderschutzambulanz am Krankenhaus – diese Anlaufstellen nennt das Bundesfamilienministerium als direkte Ansprechpartner. Hinzu kommt eine Reihe telefonischer Beratungsangebote und Onlineanlaufstellen (ab Seite 92). Faustregel: Lieber einmal zu viel nachgefragt als einmal zu wenig.
Das Bundesjustizministerium hat ebenfalls Leitlinien zu dem Thema zusammengestellt. In einer Handreichung erklärt das Ministerium, wann und wie sich etwa Erzieherinnen, Lehrer oder andere Mitarbeiter von Kinder- und Jugendeinrichtungen bei einem Verdacht auf sexuellen Missbrauch an Polizei und Staatsanwaltschaft wenden sollten.
Hilfe für Opfer
Das Hilfe-Portal Sexueller Missbrauch des Unabhängigen Beauftragten der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs bietet zahlreiche Informationen zum Thema sexuelle Gewalt an Kindern im Überblick. Es lässt sich gezielt nach Beratungsstellen, medizinischer und rechtlicher Hilfe in der eigenen Umgebung durchsuchen.
Der Verein N.I.N.A. in Kiel betreibt das bundesweite Hilfetelefon Sexueller Missbrauch. Unter der Nummer 0800 – 22 55 530 gibt es dort kostenlose, anonyme Beratung. Wer seine Fragen lieber schriftlich stellen möchte, erreicht die Onlineberatung von N.I.N.A unter www.hilfe-telefon-missbrauch.online.
Nicht zum Täter werden
Das Präventionsnetzwerk Kein Täter werden ist eine Anlaufstelle für Menschen, die sich zu Kindern hingezogen fühlen und darunter leiden. Kein Täter werden bietet ihnen therapeutische Hilfe an, um zu verhindern, dass sie sexuelle Übergriffe begehen. Gestartet wurde das Netzwerk 2005 an der Berliner Charité, und es hat mittlerweile deutschlandweit Standorte.
Auch das Onlineselbsthilfeprogramm Troubled Desire will Menschen helfen, die eine pädophile Neigung haben. Speziell an Jugendliche, die sexuelle Fantasien über Kinder haben, richtet sich das Präventionsangebot Du träumst von ihnen.
Französische Behörden verhängten bereits drei Strafen
Shein steht in Frankreich seit langem in der Kritik. Die französischen Behörden hatten gegen die in China gegründete Onlineplattform in diesem Jahr bereits drei Strafen im Umfang von insgesamt 191 Millionen Euro verhängt – wegen Verstößen gegen Vorschriften für Online-Cookies, irreführender Werbung sowie nicht deklarierten Mikroplastiks in seinen Produkten. Gewerkschaften und traditionelle Modeketten prangern das Fast-Fashion-Modell des Unternehmens an, das billig gefertigte Mode anbietet, die oft schnell im Müll landet.
© ZEIT ONLINE
Newsletter
Der Geld-Newsletter
Vielen Dank! Wir haben Ihnen eine E-Mail geschickt.
Prüfen Sie Ihr Postfach und bestätigen Sie das Newsletter-Abonnement.
Im November plant Shein, seine ersten europäischen Filialen zu eröffnen. Bisher hatte der Textilhändler nur mit kurzfristig bestehenden Pop-up-Shops den Markt getestet. Gegen die Ankündigung Sheins, sich in Prestigekaufhäusern von Lafayette in Städten wie Paris, Dijon und Reims einzumieten, gab es heftige Proteste.
Auch die EU ermittelt gegen Shein wegen möglicher Verstöße gegen EU-Gesetze zum Verbraucherschutz und die Regeln für Online-Plattformen. In Deutschland warnte diese Woche erst die Stiftung Warentest vor giftigen Produkten, die auf Shein verkauft werden.
Shein
Z+ (abopflichtiger Inhalt);
Shein-Filiale in Paris:
Wie Frankreich sich gegen Shein wehrt – nicht nur im Netz
Chinesische Billighändler:
Ein feiner Unterschied
Temu und Shein:
Stiftung Warentest warnt vor giftigen Produkten auf Temu und Shein