Borussia Mönchengladbach hat den letzten Tabellenplatz verlassen. Im Derby gegen den 1. FC Köln soll am kommenden Wochenende auch die Krise endgültig überwunden werden. Die Hoffnungen ruhen dabei vor allem auf einem Stürmer, der einen schwierigen Start in die

Haris Tabakovic wollte nichts von Genugtuung wissen – und schon gar nichts von einer Abrechnung mit seinen Kritikern. „Diese Gedanken habe ich nicht“, sagte er und lächelte. „Ich bin mir meiner Qualitäten immer bewusst. Was da am Anfang der Saison für Kritik kam, gehört dazu“, sagte der bosnisch-schweizerische Angreifer, der erheblichen Anteil daran hatte, dass sich Borussia Mönchengladbach das dringend benötigte Erfolgserlebnis verschaffen konnte. Tabakovic hatte sowohl das 1:0 als auch das 2:0 beim FC St. Pauli erzielt – sowie das entscheidende 3:0 vorbereitet. Viel besser kann es nicht laufen.

Vor allem dann nicht, wenn das Urteil über den Mittelstürmer, der neu gekommen war, eigentlich schon gesprochen schien. Tabakovic wurde nach den ersten drei Bundesligaspieltagen, an denen den Gladbachern kein einziger Treffer gelungen war, bereits als Beleg für die verfehlte Transferpolitik von Roland Virkus angeführt. Der mittlerweile zurückgetretene Sport-Geschäftsführer hatte den 31-Jährigen von der TSG Hoffenheim ausgeliehen – als Ersatz für den verletzten Nationalstürmer Tim Kleindienst.

Umso beeindruckender ist die Entwicklung von Tabakovic, die danach einsetzte: Durch seinen Doppelpack beim 4:0 (2:0) am Samstag hat er fünf der zehn Gladbacher Saisontore erzielt. Er ist der einzige Bundesligaspieler, der auf einen Anteil von 50 Prozent an den Toren seines Klubs kommt.

„Stürmer werden an Toren gemessen. Ich bin relativ ruhig geblieben. Ich gehe meinen Weg und gebe einfach Gas“, sagte Tabakovic gegenüber Sky. Auf jeden Fall ließ er sich nicht locken. Er blieb bei sich und zeigte mit seiner starken Leistung zumindest einen Weg auf, wie Gladbach aus der Krise kommen kann. Denn die ist nach dem ersten Saisonsieg noch nicht überwunden. Saisonübergreifend waren die Fohlen sogar 15 Spiele – entsprechend 217 Tage – sieglos.

Viel spricht dafür, dass Polanski Cheftrainer wird

Hilfreich war, dass es diesmal mit einem Dreier klappte – Gladbach ging erstmals in dieser Saison in Führung. „Das hat uns Rückenwind gegeben. Danach haben wir mit viel Selbstvertrauen gespielt“, so Tabakovic. Die Verkrampfung löste sich, plötzlich gab es mutige Spielzüge. Mit guten Seitenwechseln wurde die Hamburger Abwehr durchbewegt. Geduldig erspielte sich das Team von Eugen Polanski weitere Möglichkeiten. Es war eine ähnlich überzeugende Leistung wie beim 3:1 am Dienstag im DFB-Pokal gegen den Karlsruher SC.

Damit sammelt vor allem der Trainer Punkte im Hinblick auf eine dauerhafte Beschäftigung. Es scheint zwischen Polanski und der Mannschaft zu passen. „Man sieht, dass Eugen die Mannschaft erreicht“, sagte Rouven Schröder. Der neue „Head of Sports“, so der offizielle Titel des Nachfolgers von Virkus, wollte sich in Bezug auf die Trainerfrage allerdings noch nicht festlegen. „Wir sind auf einem richtig guten Weg und freuen uns auf das Derby“, sagte er und verwies auf das kommende Heimspiel. Am Samstag geht es gegen den 1. FC Köln (18.30 Uhr, im Sport-Ticker der WELT), eine besondere Partie für die Fans wie für den Klub. „Dann geht es in die Länderspielpause und dann werden wir uns sicherlich unterhalten“, so Schröder.

Viel spricht allerdings dafür, dass Polanski dann offiziell vom Interims- zum Cheftrainer gemacht wird. Denn die Stabilisierung der Mannschaft ist, seitdem der 39-Jährige vor sieben Wochen Gerardo Seoane abgelöst hatte, unverkennbar. Das hängt natürlich mit der erfolgreichen Akklimatisierung von Tabakovic zusammen – allerdings auch mit der mittlerweile ebenfalls fortgeschrittenen Integration weiterer Zugänge.

Innenverteidiger Kevin Diks und Mittelfeldspieler Yannick Engelhardt haben ihren Anteil an dem, was sich derzeit als eine mögliche Trendwende andeutet. Diks ist ein stabilisierender Faktor in der Abwehr. Engelhardt sorgt zusammen mit Rocco Reitz dafür, dass die Gladbacher viele Zweikämpfe gewinnen. Jens Castrop und Gio Reyna haben ihr Potenzial ebenfalls angedeutet.

Die Perspektiven der Mannschaft, die nach dem Fehlstart in die Saison heftig kritisiert worden war, sind jedenfalls wieder sichtbar – auch weil die Handschrift von Polanski deutlich zu erkennen ist. Gladbach lässt deutlich weniger Torchancen zu, schaltet schneller von Defensive auf Offensive um. Vor allem aber ist das Selbstvertrauen wieder da – nicht zuletzt, weil es gelang, endlich den letzten Tabellenplatz zu verlassen.

„Ich habe schon das eine oder andere Derby gespielt und auch gewonnen, das will ich auch in die Mannschaft transportieren“, sagte Mittelfeldspieler Florian Neuhaus. Die Partie gegen Köln soll dann zum Turnaround werden.