Röstbrote stehen neuerdings in der Weinstube am Stadtgraben auf der Speisekarte, Flammkuchen schon länger im Wirtshaus Lautenschlager. Und im Osten Stuttgarts hat wieder eine neue Pizzeria aufgemacht. Die Pinsa gibt es nicht nur in der Pinsa Manufaktur, sondern unter anderem auch im Oscho. Der unterschiedlich belegte Teigfladen breitet sich immer mehr in den Restaurants und Lokalen der Stadt aus. Und dafür gibt es eine einfache Erklärung: Bei der Pizza Margherita liegt der Wareneinsatz ungefähr bei zehn Prozent des Preises, bei einem ordentlichen Gericht mit Fleisch, Soße, Spätzle und Gemüse bei dem Drei- bis Vierfachen. Für die Zubereitung braucht es auch kein Fachpersonal, was weitere Kosten einspart. Die Zukunft der Gastronomie sieht also ziemlich eintönig aus, sollte sich nichts ändern.
Neu auf der Karte in der Weinstube am Stadtgraben: Röstbrote Foto: Ferdinando Iannone
Röstbrote sind eine pragmatische Antwort auf die aktuellen Herausforderungen. Das Gejammere mag vielen auf die Nerven gehen, aber die vielen Insolvenzen bestätigen, dass die Gastronomie gewaltig unter wirtschaftlichem Druck steht. Steigende Kosten für Mieten, Löhne und Lebensmittel sorgen dafür. Dazu kommt, dass jede Krise – vom Ukraine-Krieg bis zum Stellenabbau bei Bosch – zur Folge hat, dass sich die Menschen lieber zu Hause einigeln als auszugehen. Bei schwankenden Besucherzahlen kann kaum ein Restaurant noch verlässlich kalkulieren und große Mengen an frischen Lebensmittel einkaufen. Gleichzeitig gibt es kein beliebteres Thema am Stammtisch, der übrigens fast schon (und damit eine weitere Einnahmequelle der Gastronomie) ausgestorben ist, als die hohen Preise im Restaurant: 120 Euro fürs Essengehen mit der Familie? Ja, sind die denn verrückt, lautet da der Konsens.
Die Lieblingsessen in Deutschland
Diese Diskussion spiegelt sich logischerweise in der Gastronomie wider. Neben Pizza, Pinsa und Flammkuchen tauchen Burger oder Maultaschen auf immer mehr Speisekarten auf, weil sie gut vorbereitet und unkompliziert zubereitet werden können. Restaurants mit anspruchs- und niveauvollem Konzept werden dadurch immer weniger werden. Während für Feinschmecker diese Entwicklung beklagenswert erscheinen mag, bekommt die Mehrheit der Gäste dadurch eigentlich nur, was sie wirklich will: Ihre Lieblingsspeisen zu erschwinglichen Preisen. Das lässt sich eindeutig belegen: Beim Lieferando-Report über die Bestellvorlieben von bundesweit 16 Millionen Kunden belegten Burger und Pizza die ersten sieben Plätze. Dass die Schwaben zusätzlich von Maultaschen oder Kässpätzle nicht genug kriegen können, sorgt immerhin für etwas regional bedingte Abwechslung auf den Speisekarten. Die schwäbischen Klassiker werden auch fast schon inflationär aufgetischt.
Wenn Pizza, Burger und Herrgottsbscheißerle dafür sorgen, dass ein Lokal überleben kann, ist ein Gewinn für die Gesellschaft. Es ist ein Leerstand weniger in den Innenstädten und ein Ort mehr für Geselligkeit, an dem man zusammenkommt, lacht, isst und trinkt. Das Restaurant als sozialer Treffpunkt hat nichts von seiner Bedeutung verloren – nur die Rahmenbedingungen haben sich verändert. Der günstige Einheitsbrei ist kein Zeichen von Beliebigkeit, sondern von Anpassungsfähigkeit. Er ermöglicht es, weiterhin Gastgeber zu sein – auch in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten. Außerdem gibt es bei Pizza und Maultaschen noch genug Spielraum für Qualität und Kreativität, wie zum Beispiel die Röstbrote in der Weinstube am Stadtgraben zeigen.