Letztlich hatte der Stadtbezirksbeirat Leipzig-Südost keine Chance. Mit einem Antrag hat er noch einmal versucht, die Pläne für ein neues Umspannwerk auf einem Teil des Sportplatzgeländes des ATV in Stötteritz zu verhindern und die Planungen auf andere, eh schon versiegelte Standorte in Stötteritz umzulenken. Clemens Meinhardt (CDU) erläuterte dieses nur zu berechtigte Ansinnen am 29. Oktober für den Stadtbezirksbeirat in der Ratsversammlung. Aber das Problem war und blieb: Im Grunde waren längst alle Messen gesungen.
Seit 2023 hatte die Netz Leipzig GmbH die Planungen für das neue Umspannwerk in Stötteritz vorangetrieben. Aus guten Gründen, denn mit der Energiewende wird auch der Stromverbrauch in Leipzig deutlich steigen. Dafür werden schon die wachsende Zahl von E-Autos und der zunehmende Einbau von Wärmepumpen sorgen. Sechs neue Umspannwerke wird Leipzig deshalb brauchen. Und in Stötteritz hat die Netz Leipzig GmbH nun exemplarisch gezeigt, wie man es nicht macht.
Und wie man die zuständigen gewählten Gremien so richtig verärgert.
Das formulierte der Stadtbezirksbeirat in seinem Antrag dann auch sehr deutlich: „Die Planungen für ein Umspannwerk auf dem Sportplatz de ATV 1845 e.V. schreiten bereits seit 2023 voran. Abweichend vom üblichen Verfahrensweg bei wichtigen Angelegenheiten wurde der SBB nicht einbezogen.
Es ist unstrittig, dass ein Netzausbau notwendig ist. Die Bebauung des großflächigen unversiegelten Naturrasenfeldes, welche dem Sport- und Freizeitbedarf dient und einen wichtigen klimatischen Beitrag zum Mikroklima der Stadt leistet, lehnen wir ab.
Der Unmut der Beiratsmitglieder und der Gäste war deutlich wahrnehmbar.“
Clemens Meinhardt (SBB Südost/CDU) im Leipziger Stadtrat am 29.10.25. Foto: Jan Kaefer
Es gibt auch noch andere Standorte
Und im Grunde war der SBB-Antrag ein letzter Versuch, die Standortsuche noch einmal aufzumachen und deutlich besser geeignete Standorte endlich genauer unter die Lupe zu nehmen: „Einer der bereits versiegelter Alternativstandorte ist zu bevorzugen, beispielsweise einer der Garagenhöfe Schlesierstraße/Holzhäuser Str. oder Ludolf-Colditz-Straße (Höhe Vaclav-Neumann-Straße).
In Anbetracht dessen, dass ca. 32 Mio. Investitionen für das Umspannwerk veranschlagt werden und das Grundstück verhältnismäßig preiswert von der Stadt erworben werden kann, sollte eine angemessene Entschädigung für die jeweiligen Garagenbesitzer möglich sein.
Am Rande des Bedarfsgebietes 1 liegt die ehemalige Friedhofsgärtnerei, welche teilversiegelt ist und momentan als Baustellenabstellplatz, Lagerfläche und Unterkunft dient. Stötteritz wird momentan aus dem 3 km entfernten Thonberg versorgt, daher sollte eine Nutzung der Fläche 450 m vom Sportplatz entfernt, technisch möglich sein.
Somit käme auch der Garagenhof hinter dem Wertstoffhof infrage.“
Frank Franke (SPD) im Leipziger Stadtrat am 29.10.25. Foto: Jan Kaefer
Aber zu diesen neuerlichen Prüfungen wird es nicht kommen. Auch wenn die SPD-Fraktion einen Ergänzungsantrag eingebracht hat, den Frank Franke dann emotional bewarb, in dem sie eigene Vorschläge für einen anderen Standort machte: „Hierzu beauftragt der Oberbürgermeister die Netz Leipzig GmbH, eine entsprechende (Mehr-) Kostenaufstellung zur Errichtung eines Umspannwerkes an den Standorten ‚Alte Friedhofsgärtnerei‘, ‚Ludolf-Colditz-Straße‘, ‚Fläche an der Schwimmhalle Kolmstraße‘ sowie ‚Holzhäuser Straße‘ zur Verfügung zu stellen.
Es soll geprüft werden, ob die Grünfläche vor der Schwimmhalle Kolmstraße, die im Gestaltungsplan für das Gebiet als ‚Stadtplatz Süd‘ bezeichnet ist, als Alternativstandort ausreichend Fläche bietet und welche Änderungen diese räumliche Neuordnung im Bebauungsplan Nr. 444 ‚Stadtquartier an der Kolmstraße‘, notwendig machen würden. Das Ergebnis ist dem Stadtrat vorzulegen.“
Aber das würde – so CDU-Stadträtin Sabine Heymann – bedeuten, einen in Erarbeitung befindlichen Bebauungsplan zur Kolmstraße noch einmal aufzumachen und dessen Beschluss um ein Jahr zu verzögern.
Tatsächlich war in der Debatte schnell spürbar, dass die Ratsmehrheit sich mit dem Standort am ATV Sportplatz abgefunden hat.
Längst sind die Planungen dafür zu weit gediehen. Der Zeitpunkt, die Bevölkerung wirklich ernsthaft in die Standortsuche einzubinden, wurde gründlich verpasst. Der Unmut des SBB war nur zu berechtigt: „Der stadtweite Netzausbau kann nur gelingen, wenn die Bevölkerung rechtzeitig mit eingebunden wird und keine ‚Hinterzimmertür-Planungen‘ stattfinden.“
Ist die Baumallee gefährdet?
Letztlich ging es nur noch um die Frage, ob es beim Bau des Umspannwerks noch zu Eingriffen in den unter Naturschutz stehenden Lindenbestand auf der Naunhofer Straße kommt und wie die Stadt damit umgeht. Das war sowohl Inhalt eines Antrages, den die Stadträtinnen Sabine Heymann (CDU) und Franziska Riekewald (Linke) gemeinsam gestellt hatten, als auch eines noch weiter gehenden Antrags der Grünen-Fraktion, für den Grünen-Stadträtin Chantal Schneiß warb.
In welchem es dezidiert hieß: „Der OBM wird beauftragt, mit der Netz Leipzig GmbH grünordnerische und gestalterische Maßnahmen zu entwickeln, die bei Errichtung des Umspannwerkes die Auswirkungen auf die Lindenallee und die naturschutz- und umweltbezogenen Gegebenheiten des Standortes minimieren. Außerdem sollen Bäume, welche im Rahmen der Baumaßnahmen entnommen werden müssen, im Rahmen des Möglichen erhalten und mittels Umpflanzung nach Errichtung des Umspannwerks an ihren alten Standort zurückkehren.“
Chantal Schneiß (Bündnis 90/Die Grünen) im Leipziger Stadtrat am 29.10.25. Foto: Jan Kaefer
Auch die Grünen hatten noch einmal einen weiteren Standortvorschlag gemacht: „Seitens der Verwaltung ist dabei auch die Fläche des bestehenden Garagenkomplexes in die Standortprüfung einzubeziehen.“
Aber auch der hatte am 29. Oktober keine Chance und wurde mit 10:47 Stimmen abgelehnt, genauso wie der SPD-Antrag mit 18:42 Stimmen Ablehnung erfuhr.
Im Grunde ging es nur noch um Schadensbegrenzung. Der Standort am Sportzplatz war nicht mehr umzuwerfen. Nur um die unter Naturschutz stehende Lindenalle in der Naunhofer Straße konnte noch gerungen werden. Auch wenn Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal noch nicht sieht, dass es zu Eingriffen in die doppelreihige Lindenallee kommt. Aber sicher ist sicher. Der entsprechende Antragspunkt der Grünen bekam mit 49:8 Stimmen eine klare Zustimmung.
Genauso wie die Antragspunkte, die die Stadtwerke Leipzig bzw. die Netz Leipzig jetzt auffordern, den Stadtbezirksbeirat regelmäßig zu informieren und bei den nächsten Planungen für neue Umspannwerke ein Konzept vorzulegen, das die frühzeitige Beteiligung der„Stadtbezirksbeiräte oder Ortschaftsräte und der Öffentlichkeit bei der geplanten Errichtung von der Versorgung dienenden Infrastrukturvorhaben durch das verantwortliche Versorgungsunternehmen sicherstellt.
Denn nichts wurde in Stötteritz deutlicher als das Fatale an langjährigen Planungen, die ein kommunales Unternehmen hinter verschlossenen Türen betreibt, ohne die betroffenen Bürger und Stadtbezirksbeiräte auch nur zu informieren, was da auf sie zukommt. Das geht nicht. Genau das war eigentlich das Signal dieses 29. Oktober.