Der IT-Verband Bitkom hat 301 Unternehmen befragt, ob diese für aus europäischer Produktion stammende Halbleiter bei identischer Qualität mehr zu zahlen bereit wären. Dabei wird die Schmerzgrenze schnell deutlich: Mehr als 10 Prozent wäre kein Unternehmen bereit, auf die derzeitigen Preise draufzuzahlen. 17 Prozent würden bis zu dieser Schwelle mitgehen. 74 Prozent sehen die Schmerzgrenze bei maximal fünf Prozent höherem Preis erreicht. Dass es höchstens ein Prozent sein dürfe, sehen nur fünf Prozent der Unternehmen so und nur ein Prozent sieht höhere Preise im Tausch gegen mehr Lieferkettensicherheit als nicht vertretbar an.
Weiterlesen nach der Anzeige
Für den Bitkom ist die Aussage Wasser auf die argumentativen Mühlen des Interessenverbands, der seit Jahren dafür trommelt, mehr Halbleiterproduktion nach Europa zu holen. „Es ist ein ermutigendes Signal, dass die Wirtschaft bereit ist, in mehr Versorgungssicherheit und unsere digitale Souveränität zu investieren“; meint Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst. Digitale Souveränität gebe es nicht zum Nulltarif, und der Aufbau eines wettbewerbsfähigen Halbleiter-Ökosystems koste zunächst einmal Geld.
Nicht die eigentliche Produktion ist der Kostenfaktor
Tatsächlich liegt hier eines der Schlüsselprobleme bei der Chipfertigung in Europa: während die eigentliche Produktion weitgehend hochautomatisiert erfolgt, schlagen bei den Kosten der Massenfertigung von Chips vor allem die Energie-, Wasser und Transportkosten für Vorprodukte und Weiterverarbeitung sowie die hohen Kosten der Vorfinanzierung durch Investoren zu buche. Es ist eine Art Henne-Ei-Problem: für eine rentable Produktion sind Abnahmegarantien nötig, mit der eine hohe Auslastung über einen längeren Zeitraum erreicht werden kann.
Unter anderem für den Aufbau von Produktionsstätten hatte die EU mit dem sogenannten Chips-Act massive Unterstützung staatlicherseits ermöglicht. Der verzeichnet einen bislang eher gemischten Erfolg und soll in den kommenden Monaten überarbeitet werden. Die befragten Unternehmen zeigen sich dennoch relativ zufrieden: Nur 28 Prozent aller befragten Unternehmen bewerteten die diesbezüglichen EU-Bemühungen als eher oder sehr schlecht, 71 Prozent als sehr gut, gut oder eher gut.
Dabei könnten die Zahlen, die das verbandseigene Umfrageinstitut erhoben hat, sogar noch etwas zurückhaltender ausfallen als die derzeitige Stimmungslage ist: Die Befragung der Unternehmen fand bereits im Spätsommer statt, lange vor der aktuellen Nexperia-Krise.
Lesen Sie auchMehr anzeigenWeniger anzeigen
(nie)
Dieser Link ist leider nicht mehr gültig.
Links zu verschenkten Artikeln werden ungültig,
wenn diese älter als 7 Tage sind oder zu oft aufgerufen wurden.
Sie benötigen ein heise+ Paket, um diesen Artikel zu lesen. Jetzt eine Woche unverbindlich testen – ohne Verpflichtung!