Die USA und Ägypten unternehmen intensive diplomatische Anstrengungen, um zu verhindern, dass der Libanon in eine erneute militärische Konfrontation zwischen Israel und der Hisbollah abgleitet.

Diese Bemühungen finden vor dem Hintergrund eskalierender israelischer Angriffe auf Hisbollah-Ziele statt, während der Libanon sich offiziell bemüht, die Frist für die Entwaffnung der Terrorgruppe bis zum Jahresende einzuhalten.

Zwischen den israelischen Angriffen auf den Südlibanon und der Sorge vor einer Ausweitung der Konfrontation auf der einen und dem Beharren der Hisbollah auf Beibehaltung ihrer Waffen auf der anderen Seite befindet sich der Libanon in einer schwierigen Lage, die laut Beobachtern schwerwiegende Folgen für die Sicherheit und Stabilität des Landes haben könnte.

Es ist dieser Hintergrund, vor dem Beirut derzeit Schauplatz intensiver diplomatischer Aktivitäten und hochrangiger Treffen ist, die darauf abzielen, den möglichen Konflikt zu entschärfen und Spannungen abzubauen. Zu den diplomatischen Bemühungen zählen Besuche des stellvertretenden US-Sonderbeauftragten für den Nahen Osten Morgan Ortagus und des ägyptischen Geheimdienstchefs Hassan Rashad. Medienberichten zufolge ist auch ein Besuch des US-Sonderbeauftragten Tom Barrack in Beirut geplant.

So melden libanesische Medien unter Berufung auf informierte Quellen, Barrack bereite sich auf einen Besuch in Beirut vor, um eine entschiedene Botschaft zu überbringen, die als »letzte Warnung« bezeichnet wird und die libanesischen Beamten dazu auffordert, unter US-Schirmherrschaft direkte Verhandlungen mit Israel aufzunehmen, um einen klaren Zeitplan und Mechanismus für die Entwaffnung der Hisbollah festzulegen. So akzeptiere Washington die libanesischen Rechtfertigungen hinsichtlich der Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Resolution zur Rüstungskontrolle nicht länger und betrachte die Fortdauer der aktuellen Situation als wachsende Bedrohung, insbesondere angesichts der Erkenntnisse Israels, dass die Hisbollah ihre militärischen Fähigkeiten wieder aufbaut.

Laut den Quellen hätte der libanesische Präsident Joseph Aoun bei Kontakten mit westlichen Vermittlern bestätigt, dass »eine Entwaffnung der Hisbollah mit Gewalt unmöglich ist«, da die libanesische Armee nicht über die dafür erforderlichen Kapazitäten verfüge und jeder Versuch in dieser Richtung zu einem Bürgerkrieg führen würde.

Hisbollah-Generalsekretär Naim Qassem sagte seinerseits am vergangenen Sonntag, dass die Partei nicht die Befugnis habe, einen Krieg gegen Israel zu beginnen, sie aber »bis zum letzten Atemzug kämpfen werde, sollte ihr ein Krieg aufgezwungen werden«. Qassem betonte, die Hisbollah sei »auf Verteidigung, nicht auf Angriffe vorbereitet«. Kurz drauf kritisierte er in einer weiteren Stellungnahme die Vereinigten Staaten und bezeichnete sie als Vermittler, der nicht unparteiisch sei.

Zunehmender Druck

Der libanesische Politikwissenschaftler Munir al-Rabi meinte, die Möglichkeit eines umfassenden Kriegs zwischen Israel und der Hisbollah sei zwar real und unbestreitbar, die Wahrscheinlichkeit einer solchen Eskalation könne aber »nicht mit einem bestimmten Prozentsatz angegeben werden«. Der Libanon sei derzeit einem zunehmenden Druck seitens der Vereinigten Staaten ausgesetzt und die wiederholten israelischen Angriffe sollten momentan »eher politische als militärische Botschaften vermitteln, insofern Israel seine Liste relevanter Angriffsziele erschöpft hat«. Al-Rabi forderte die libanesische Regierung auf, ihre diplomatischen Bemühungen auszuweiten, um eine mögliche Konfrontation zu vermeiden.

Sein Kollege Tariq Abu Zeinab erklärte, die aktuellen diplomatischen Bemühungen unter direktem amerikanischen Druck und mit ägyptischer und arabischer Unterstützung würden solange erfolglos bleiben, bis die Hisbollah ihre Waffen abgebe. Die Libanesen stünden vor einer entscheidenden Wahl: Entweder ein einziger, vollständig souveräner Staat mit einer Armee und einer politischen Autorität oder ein Hisbollah-Mini-Staat im Staat, der das Land in den Ruin treibt.

Abu Zeinab bekräftigte, die anhaltende Weigerung der Hisbollah, ihre Waffen der Staatsgewalt zu übergeben, beweise, »dass sie gegen die Interessen der libanesischen Volks handelt und den gesamten Libanon als Geisel für ein expansionistisches Projekt des Irans nimmt«.

Angesichts der offensichtlichen Unnachgiebigkeit der Hisbollah, ihre Waffen abzugeben, und den daraus resultierenden israelischen Angriffen auf den Südlibanon deute die aktuelle Situation auf die Wahrscheinlichkeit einer möglichen militärischen Eskalation hin. Der Politologe erklärte, dass der Besuch von Morgan Ortagus in Beirut nicht nur ein diplomatischer Besuch sei, »sondern eine klare Warnung an die Hisbollah, dass Waffen außerhalb der staatlichen Autorität nicht länger toleriert werden«.