Lunéville · Das Schloss von Lunéville gilt als „Lothringer Versailles“, steht aber im Schatten von anderen Touristenmagneten der Region. Das könnte sich bald ändern – wenn die Zimmer der letzten Herzöge und Herzoginnen von Lothringen wieder neu erstrahlen.

Neuer Name, neuer Zeitplan und einige Millionen: Das Schloss von Lunéville gilt als „Lothringer Versailles“ und soll bald in neuem Glanz erstrahlen. Dank eines neuen Projektes dürfte die in Lothringen einzigartige Sehenswürdigkeit – noch immer von ihrer tragischen Geschichte gezeichnet – aus dem Schatten der großen Touristenmagnete der Region Grand Est treten.

Herzöge, Voltaire und Touristen

Das historische Gemäuer gilt als Meisterwerk der Architektur des 18. Jahrhunderts. Früher residierte hier unter anderem der lothringische Herzog Stanislas, illustre Persönlichkeiten wie der Aufklärer Voltaire und die Mathematikerin Émilie du Châtelet gingen ein und aus.

Das „Château de Lunéville“ liegt in einem knapp 18 000-Einwohner-Städtchen, südlich von Nancy. Es zieht Lunéviller wie Reisende in seinen Bann. 2019 lösten knapp 16 000 Gäste eine kostenpflichtige Eintrittskarte. Der 19 Hektar große Park, denkmalgeschützt wie das Schloss, kann kostenlos besucht werden. Bald könnten sich deutlich mehr Augen auf das Schloss richten – schließlich sollen hier in den kommenden Jahren 30 Millionen Euro investiert werden.

Privatgemächer werden restauriert

Künftig sollen wichtige Räume des Denkmals in neuem Glanz erstrahlen. Geplant sind in einem wissenschaftlich begleiteten Kultur-Projekt weitere Restaurierungsarbeiten im Südflügel und die Modernisierung der Kulturvermittlung. In fünf von 14 Räumen sollen Innendeko und Möbel wieder hergestellt werden. Dazu zählen drei repräsentative Paradezimmer und ein Privatgemach der Appartements von Leopold und seiner Gattin Elisabeth-Charlotte sowie von Stanislas Leszczyński und seiner Gattin Katharina Opalińska – der letzten Herzöge und Herzoginnen von Lothringen. Die Exponate dafür kommen aus den Sammlungen des Schlosses. Außerdem werden neue Stücke gezeigt, die Département, Staat, Region und lokale Schloss-Vereine ankaufen oder bereits erworben haben.

Die Zimmer sollen im Stil der 1730er Jahre hergerichtet und die Sammlungen des Museums der Öffentlichkeit in einem neuen Museumsparcours dauerhaft zugänglich gemacht werden. Ziel: Das Leben an dem lothringischen Hof zeigen, der sich im 18. Jahrhundert aus 400 bis 500 Personen zusammensetzte. Und, so erklärt das Département Meurthe-et-Moselle, dem das Schloss inzwischen komplett gehört, auch die „Dimension des ,lothringischen Versailles’“ verständlich machen. Den schmeichelhaften Spitznamen trage das Schloss demnach „zu Recht“.

Kunsthandwerk, Sonderausstellungen und Workshops

Die anderen neun Räume im Südflügel, deren originale Dekorationen und Möbel verschwunden sind, sollen sich auf moderne Art mit Schlossgeschichte und Aufklärung beschäftigen. Der Parcours soll auch einen Fokus auf das Kunsthandwerk im 18. Jahrhundert werfen. So werden Werke von Bildhauern, Vergoldern, Glasbläsern und Stickerinnen gezeigt und zeitgenössischen Kreationen gegenübergestellt. Auch Sonderausstellungen und Vermittlungsworkshops sind angedacht.

Das vierzehnte Zimmer des Rundgangs wird der Textilkunst gewidmet. „Dank der Depots des Mobilier National (das ehemalige Möbellager des französischen Hofes, Anm.d.R.) werden die spektakulären Wandteppiche, die unter Stanislaus die Gemächer schmückten, wieder ins Schloss zurückkehren“, heißt es im Projektplan des Départements. Es handele sich um „Meisterwerke der Kunst aus Wolle und Seide“ aus dem 18. Jahrhundert.

Projekt wird wissenschaftlich begleitet

Für all dies sollen zwischen 2027 und 2033 von Département, Region und Staat 30 Millionen Euro investiert werden. Ein wissenschaftlicher Ausschuss aus Akademikern und Fachleuten, der sich seit 2021 mit dem Schloss befasst, wird den Weg zum modernisierten Schlossmuseum begleiten.

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Architektur-Meisterwerk des 18. Jahrhunderts

Schon der neue Entwicklungspakt für das Département, der 2024 zwischen Regionspräsident Franck Leroy und Chaynesse Khirouni, Präsidentin des Departementsrats, unterzeichnet wurde, hielt als Ziel fest: Das Schloss von Lunéville „zu einer wichtigen touristischen und kulturellen Sehenswürdigkeit des Departements und der Region zu machen“.

Subventionen an Vorgaben gebunden

Das wissenschaftliche und kulturelle Projekt wurde vom Rat des Départements angenommen und offiziell bestätigt. Zum Hintergrund: Ein wissenschaftliches und kulturelles Projekt (Projet scientifique et culturel, PSC) spielt für französische Museen eine wichtige Rolle. Nach Angaben des Kulturministeriums ist es „das erste operative und strategische Dokument, das die Identität und die Ausrichtung des Museums definiert“. Es hält Leitlinien fest und fungiert für Museumsteam und Aufsichtsbehörde als Bezugspunkt. Laut französischem Kulturerbegesetz ist ein solches PSC Pflicht für Museen, die den besonderen Titel eines „musée de France“ tragen. Die mehr als 1200 „Museen Frankreichs“ sind vom Staat anerkannt, meist in seinem Besitz, und müssen verschiedene Kriterien erfüllen. So sollen sie unter anderem ihre Sammlungen erhalten und zugänglich machen, Beiträge zur Forschungsarbeit leisten und wissenschaftlich geführt sein.

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Große Schäden nach Brand

Letzten Endes geht es bei dem musealen Qualitätssiegel auch um Zuschüsse: Ob der Staat eine Subvention für ein Bau-, Erweiterungs- oder Umgestaltungsprojekt gewährt, hängt auch davon ab, ob das betreffende „Museum von Frankreich“ ein genehmigtes PSC hat. Das Lunéviller PSC, so das Département, soll „die Identität der Einrichtung bekräftigen und sie in operative Ziele umsetzen“. Das Dokument soll alle fünf Jahre überarbeitet werden. „Seine Bestätigung durch die staatlichen Stellen ist Voraussetzung für die Gewährung von Subventionen für Bau- oder Sanierungsprojekte“, erklärt auch das Département.

Petition gegen längeren Namen

Kurios: Mit dem wissenschaftlichen und kulturellen Projekt wurde für das Lunéviller Schloss auch ein neuer Name angenommen – „Domaine départemental du château de Lunéville“. Um die Umbenennung, eigentlich ist der „neue“ Name doch nur etwas länger, hatte es in Lunéville im Sommer Irritationen gegeben. Eine Petition mit einigen hundert Unterschriften forderte gar die Rücknahme.

Dabei erklärte Sylvie Duval, delegierte Vizepräsidentin für Kultur des Departementsrats, in einem Interview mit der Tageszeitung „L’Est Républicain“, dass es sich um einen rein „administrativen“ Akt handele, da die Anlage eben im Besitz des Départementrats sei. Tatsächlich ist der Rat des Départements Meurthe-et-Moselle seit 2017 alleiniger Eigentümer des Lunéviller Schlosses und seines Parks – nachdem das Schloss zwischenzeitlich der Armee gehört hatte und in den 1980er und 90er Jahren aus dem Lunéviller Rathaus verwaltet wurde. Den Beinamen einer „Domaine départemental“ tragen auch andere regional bedeutsame Schlösser in Frankreich.