War es Gamma-Hydroxybutyrat, Ketamin oder Benzodiazepin? Waren es überhaupt K.o.-Tropfen, die eine Halloween-Party in Stuttgart-Wangen gesprengt haben? „Die Ergebnisse der Laboranalysen werden sicher erst nach Wochen vorliegen“, sagt der Stuttgarter Polizeisprecher Stephan Widmann. Elf Verletzten waren nach dem Vorfall in der Nacht zum Samstag Blut- und Urinproben genommen worden, um das flüchtige Betäubungsmittel noch nachweisen zu können.

Die Polizei hofft auf Videoaufnahmen

Allerdings wird auch der Labornachweis die entscheidende Frage wohl nicht beantworten können: Wer hat bei der Party mit dem Rapper Jazeek mit 1500 Besuchern eine große Zahl von Menschen außer Gefecht gesetzt – und wie? Nach Angaben des Veranstalters hat es für die Veranstaltung ein Sicherheitskonzept mit Taschenkontrollen und Sicherheitspersonal gegeben.

Die Ermittlungen werden von Beamten des Polizeipostens Untertürkheim geführt. „Eine heiße Spur gibt es noch nicht“, sagt Polizeisprecher Widmann. Die Ermittler hoffen unter anderem auf Videoaufnahmen, die Hinweise geben könnten. Aber auch die Frage, was die elf bekannten Verletzten verbindet, könnte weiterhelfen. Gibt es Übereinstimmungen bei ihrem Konsum von Getränken, hatten sie sich in einem bestimmten Bereich aufgehalten? Auch ein Blick auf das Personal gehört zum Handwerkszeug.

Mehr Körperverletzungen durch Vergiftung

Auch wenn der letzte Nachweise noch fehlt: Anschläge mit K.o.-Tropfen bei Tanz- und Konzertveranstaltungen sind seit zehn Jahren ein zunehmendes Problem. Die Motive: Sexualisierte Gewalt, Raubabsichten, falsch verstandener Spaß. Zuletzt beim Cannstatter Volksfest hatte es ähnliche Verdachtsfälle gegeben. Das Narkotikum ist offenbar leicht zu besorgen. Im vergangenen Herbst hatte das Landespolizeipräsidium von 171 Straftaten im Land gesprochen. Im Jahr 2021 waren es, womöglich auch pandemiebedingt, noch 98 Fälle. Im Jahr 2015, vor zehn Jahren, registrierte das Landeskriminalamt etwa 230 Vorfälle unter der Rubrik „Körperverletzungen durch Vergiftung“. Im Jahr 2006 waren lediglich 13 Fälle verbucht worden. Die Opfer sind in den allermeisten Fällen Frauen.

Dabei dürfte die Dunkelziffer hoch sein. Denn meist wird der Anschlag gar nicht als solcher registriert. Wenn die Opfer eine plötzliche Übelkeit verspüren, einen Filmriss erleiden, in Extremfällen gar mit einem Atemstillstand behandelt werden müssen – dann wird dies nicht selten als Folge eines übertriebenen Alkoholkonsums fehlinterpretiert. Manche erstatten auch keine Anzeige, weil sie die Erfolgsaussichten als gering einschätzen. Vielleicht hat aber doch jemand etwas Verdächtiges gesehen. Hinweise an die Polizei werden über Telefon 07 11 / 89 90 - 35 00 erbeten.