Eine Pflegerin fährt eine Intensivpatientin in einem Krankenbett durch einen Gang einer Klinik.

Stand: 04.11.2025 10:25 Uhr

In der Corona-Pandemie lernten viele Menschen den Begriff Triage kennen. Bei der Triage entscheiden Mediziner in bestimmten Situationen, wann sie welchen Patienten helfen. Nun hat das Verfassungsgericht die gesetzliche Regelung gekippt.

Das Bundesverfassungsgericht hat Regelungen zur sogenannten Triage bei medizinischen Behandlungen für nichtig erklärt. Es geht dabei um Vorgaben für ärztliches Personal, wie sie über die Behandlungsreihenfolge von Patientinnen und Patienten zu entscheiden haben, falls die Kapazitäten nicht für alle ausreichen. Zwei Verfassungsbeschwerden von Notfall- und Intensivmedizinern hatten in Karlsruhe Erfolg, wie das Gericht mitteilte.

Die Mediziner sahen mit der Regelung im Infektionsschutzgesetz ihre Berufsfreiheit verletzt. Das beurteilte das Gericht nun genauso. Ärztinnen und Ärzte obliege im Rahmen therapeutischer Verantwortung auch die Entscheidung über das „Ob“ und „Wie“ einer Heilbehandlung. Ein gesetzlicher Eingriff sei verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt. Der Bund habe hier keine Gesetzgebungskompetenz.

Das Wort Triage stammt vom französischen Verb „trier“, das „sortieren“ oder „aussuchen“ bedeutet. Es beschreibt, dass Ärztinnen und Ärzte in bestimmten Situationen entscheiden müssen, in welcher Reihenfolge sie Menschen helfen. Das Konzept gibt es zum Beispiel bei großen Unglücken mit vielen Verletzten, um meist eine kurzfristige Notlage zu überbrücken.

Triage-Regelung in Corona-Krise beschlossen

In der Corona-Krise war das Thema angesichts voller Intensivstationen in den Fokus gerückt. Das Bundesverfassungsgericht hatte 2021 entschieden, dass der Staat die Pflicht hat, Menschen vor Benachteiligung wegen einer Behinderung zu schützen – zuvor gab es dazu wissenschaftliche Empfehlungen.

Daraufhin beschloss der Bundestag ein Gesetz, nach dem über die medizinische Versorgung „nur aufgrund der aktuellen und kurzfristigen Überlebenswahrscheinlichkeit“ zu entscheiden ist – ausdrücklich nicht nach Lebenserwartung oder Grad der Gebrechlichkeit.

14 Intensiv- und Notfallmediziner reichten mit Unterstützung der Ärztegewerkschaft Marburger Bund Ende 2023 Beschwerde ein. Sie richtete sich unter anderem gegen ein ebenfalls geregeltes Verbot einer nachträglichen Triage („ex post“) – also, dass die Behandlung eines Patienten mit geringer Überlebenswahrscheinlichkeit abgebrochen wird, um einen Patienten mit besserer Prognose zu versorgen.

Der Marburger Bund sieht darin einen Konflikt mit dem Berufsethos: Ärzten werde die Möglichkeit genommen, in einer Notlage die größtmögliche Zahl an Menschen zu retten.