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Im renommierten Kaufhaus BHV in Paris soll Shein bald junge Kundinnen und Kunden anziehen. © IMAGO/Jonathan Rebboah
Der erste europäische Laden des chinesischen Billiganbieters soll diese Woche eröffnen. Der Verdacht auf Pädopornografie könnte die Pläne durchkreuzen.
Für das französische Konsum- und Betrugsdezernat sind „Zweifel am pädopornografischen Charakter nicht erlaubt“. Auf der Online-Plattform Shein stand bis am Samstag eine rund 80 Zentimeter hohe, bekleidete Puppe zum Verkauf; im Arm hielt sie einen Teddy. Dass es sich um ein Angebot für Pädophile handelte, ging aus dem Kommentar hervor: Er sprach von einer „Sexpuppe“ als „männlichem Masturbationsspielzeug mit richtiger Vagina und Anus“. Kostenpunkt 186,94 Euro.
Durch einen Konsumenten informiert, schaltete die französische Konsumbehörde umgehend die Staatsanwaltsschaft ein. Shein zog die Sexpuppe ebenso schnell aus dem Sortiment zurück. Ihr Sprecher für Europa, Quentin Ruffat, sprach von einem Versehen und kündigte interne Konsequenzen sowie eine verstärkte Filterung an.
Bis zu sieben Jahre Haft Strafe
So einfach wird die chinesische Plattform, auf der seit April ein Drittel der Franzosen mindestens einen Einkauf getätigt haben, aber nicht davonkommen. Auf die Verbreitung pädopornografischer Inhalte steht in Frankreich bis zu sieben Jahre Haft mit 100 000 Euro Strafe. Belangbar sind auch die Käufer und Käuferinnen solcher Kindersexpuppen. Sieben Jahre Haft setzt es zudem für Plattformen ab, die solche Produkte ungefiltert ins Netz stellen.
Wirtschaftsminister Roland Lescure warnt die Anbieter zusätzlich. „Diese grässlichen Objekte sind gesetzeswidrig“, sagte er am Montag. „Wenn sich das Angebot wiederholt, werde ich in Frankreich ein Verbot von Shein verfügen.“
Die französischen Behörden gehen nicht zum ersten Mal gegen Shein vor. Anzeige wurde schon erstattet, weil Kinderspielzeuge verbotene Mikroplastikteile enthielten und Batterien explodierten. Geahndet wurden auch Verstöße gegen Cookies-Regeln, verbotene Preisaktionen oder Fehlinformationen. Shein musste dafür allein in Frankreich insgesamt 191 Millionen Euro Strafe entrichten.
Nationale Textilindustrie stärken
Auch wenn das nicht offen gesagt wird: Den Pariser Justizbehörden geht es nicht nur um den Schutz der Konsumenten, sondern auch der nationalen Textilindustrie. Viele französische Billigmodeketten wie NafNaf, Esprit oder Jennyfer haben in diesem Jahr Konkurs angemeldet. Sie wurden schlicht überfahren von der Ultra-Fast-Fashion und ihren vergänglichen Pop-up-Läden, die dank des Kundenfeedbacks eine Blitzreaktion der Modemacher erlauben.
Und das ist erst der Anfang: Am Mittwoch will Shein in Paris sein erstes Dauergeschäft in Europa eröffnen. Es befindet sich in dem renommierten Kaufhaus BHV, das mit der chinesischen Plattform eine jüngere Klientel anzuziehen sucht. Die Galeries Lafayette bieten den Chinesen in Regionalstädten wie Dijon, Grenoble oder Reims ebenfalls Verkaufsfläche an.
Französisches Parlament berät über Gesetz
Der nationale Verband für Prêt à Porter verwahrt sich „gegen Riesenplattformen, die uns mit ihren Wegwerfprodukten überschwemmen“. Das französische Parlament berät über ein teilweise protektionistisches Gesetz gegen Online-Verkäufer wie Shein oder Temu. Auch in den Medien mehren sich die Proteste dagegen.
Sie erklären auch die heftige Reaktion auf die Sexpuppen-Affäre. Shein sieht dadurch seine gesamte Werbekampagne vor der Eröffnung der BHV-Ladenfläche infrage gestellt. Und vielleicht sogar die Geschäftseröffnung an diesem Mittwoch.