
Getragen von einem frenetischen Anfield hat der FC Liverpool eine echte Energieleistung auf den Rasen gebracht und damit Real Madrid die erste Champions-League-Niederlage der Saison beschert.
Die Engländer gewannen am vierten Spieltag der Gruppenphase mit 1:0 (0:0) und stehen damit, genau wie Real, bei drei Siegen und einer Niederlage. Alexis Mac Allister (61. Minute) erzielte das Tor des Tages für den Tabellendritten der Premier League, der seine Krise überwunden zu haben scheint.
Liverpools Trainer Arne Slot hatte sich in der Startelf für Florian Wirtz entschieden, obwohl seine Mannschaft ohne den Deutschen in der Anfangsformation am Wochenende gegen Aston Villa gewonnen und damit die vier Spiele andauernde Niederlagenserie in der Premier League beendet hatte. Auf der anderen Seite musste der langjährige Liverpooler Trent Alexander-Arnold bei seiner Rückkehr an die alte Wirkungsstätte erst einmal zuschauen und nahm auf der Bank Platz.
Liverpool mit mehr Energie im Spiel
Die Partie begann direkt hochintensiv. Lautstark angetrieben von der Anfield Road hatte Mac Allister nach zehn Minuten den ersten nennenswerten Abschluss der Partie, schoss rechts vom Strafraumrand aber ein gutes Stück über das Tor der Madrilenen. Insgesamt wirkten die „Reds“ in der Anfangsphase zielstrebiger und auch im Gegenpressing druckvoller, Real war sichtlich darauf bedacht, die eigene Defensive abzusichern und die Partie zu kontrollieren ohne groß ins Risiko zu gehen.
In der 23. Minute zwang der beherzt aufspielende Rechtsverteidiger der Liverpooler, Conor Bradley, seinen hinterhereilenden Gegenspieler Vinicius Junior zu einem Foul, das Schiedsrichter Istvan Kovacs mit der Gelben Karte ahndete. Das Duell zwischen Bradley und Vinicius Junior war das, das man im ersten Durchgang am häufigsten sah, Madrid probierte es fast ausschließlich über die eigene linke Angriffsseite, doch Bradley hatte da alles im Griff.
Kurz darauf eroberte Wirtz bei der bis dato besten Chance extrem aufmerksam den Ball tief in der gegnerischen Hälfte, startete Richtung Grundlinie durch und brachte das Spielgerät perfekt flach in die Mitte, wo Thibaut Courtois aber aus seinem Gehäuse geeilt war und wie ein Handballtorwart den Schuss von Dominik Szoboszlai so gerade noch parierte und somit die Liverpooler Führung verhinderte (27.).
Real Madrids Torwart Thibaut Courtois (hinten) pariert gegen Liverpools Dominik Szoboszlai (r.)
Zwei Elfmeter liegen in der Luft – aber gepfiffen wird keiner
Zwei Minuten später entschied Kovacs auf einen Freistoß für Liverpool vom Strafraumrand, nachdem Aurelien Tchouameni den Ball aus kurzer Distanz beim Versuch, einen Schuss zu blocken, an den einigermaßen angelegten Arm bekommen hatte. Nach Kommunikation mit Videoschiedsrichter Bastian Dankert schaute Kovacs sich die Szene nochmal an und nahm die Entscheidung zurück – schon vertretbar, aber glücklich für Real, denn der Franzose hatte sich bei der Aktion wohl knapp im Strafraum befunden, die Alternative wäre ein Elfmeter gewesen.
Auch auf der anderen Seite gab es vor der Pause aber noch zwei knifflige Zweikampf-Szenen im Strafraum, in denen kurz ein Elfmeter in der Luft lag. Bradley touchierte bei einer davon mit seiner Hand das Gesicht von Vinicius Junior, der dann (zu) viel aus der Szene machte – Strafstoß gab es dementsprechend nicht. Auch hier lagen die Unparteiischen tendenziell richtig.
Schiedsrichter Istvan Kovacs (Mitte) diskutiert mit Spielern.
In der 43. Minute parierte Courtois noch einen Distanzschuss von Szoboszlai, in der 45. Giorgi Mamardashvili einen Abschluss von Jude Bellingham aufs kurze Eck. Obwohl es beim Seitenwechsel 0:0 stand, war es eine ereignisreiche und unterhaltsame erste Hälfte gewesen, in der Liverpool dem Führungstreffer insgesamt näher gekommen war.
Courtois hält lange dagegen, aber dann kommt Mac Allister
In Hälfte zwei hatte Real zunächst Glück, dass Courtois direkt hellwach war: Der belgische Schussmann parierte innerhalb von nicht einmal 30 Sekunden glänzend die Kopfbälle von Virgil van Dijk und Hugo Ekitike (48.). Mittlerweile hätten die Reds führen müssen, nach einer knappen Stunde hatten die Statistiker 13:5 Abschlüsse für Liverpool verzeichnet. Der 14. war dann aber drin. Nach einer Freistoßflanke von Szoboszlai aus dem rechten Halbfeld verschaffte sich Mac Allister etwas Platz, stand hauchdünn nicht im Abseits und köpfte wuchtig und zentral auf das Tor. Diesmal bekam Courtois die Hände eben nicht mehr rechtzeitig hoch und der Ball landete zum überfälligen 1:0 im Netz.
Real-Trainer Xabi Alonso reagierte auf den Rückstand, wechselte seinen zentralen Mittelfeld-Abräumer Eduardo Camavinga aus und brachte Offensivmann Rodrygo, der die verwaiste rechte Seite beleben sollte. Zunächst brachte das aber kaum Veränderung, Kylian Mbappe, Vinicius Junior und Co. waren im zweiten Durchgang fast unsichtbar. Die Gastgeber verteidigten mit aller Energie, die auch von den Rängen auf den Rasen schwappte, machten jeden Meter und warfen sich in jeden Zweikampf.
Liverpools Alexis Mac Allister (r.) gegen Kylian Mbappe von Real Madrid
Pfeifkonzert bei Alexander-Arnolds Einwechslung
In der 75. Minute kam Real dann aber doch zur ersten echten Chance der zweiten Halbzeit: Mbappe verfehlte vom Strafraumrand nur knapp das obere rechte Toreck – Mamardashvili wäre wohl nicht mehr rangekommen. Für die Schlussphase brachte Alonso nun auch Alexander-Arnold aufs Feld, der nach endgültig auskurierter Verletzung die Schlussoffensive der Spanier ankurbeln sollte (81.). Bei seiner Einwechslung für Arda Güler erwartete den Engländer ein gellendes Pfeifkonzert.
Der auf der anderen Seite eingewechselte Cody Gakpo und Mohamed Salah hatten in der 86. Minute bei einer Doppelchance die Entscheidung auf dem Fuß, scheiterten aber an Courtois, bzw. dem Bein von Eder Militao. So mussten die Gastgeber bis zum Ende zittern, doch knallharte Tacklings von Bradley und Co., die frenetisch auf der Tribüne gefeiert wurden, ließen keine weitere Madrider Chance entstehen.