Dirigent Lahav Shani (l.) und Klarinettist Martin Fröst in der Elbphilharmonie.

AUDIO: Lahav Shani und das Israel Philharmonic Orchestra in der Elphilharmonie (3 Min)

Stand: 04.11.2025 17:15 Uhr

Das Israel Philharmonic Orchestra hat erstmals in der Elbphilharmonie gespielt – mit Lahav Shani am Dirigentenpult. Der Israeli wurde jüngst von einem Festival in Belgien ausgeladen, weil er sich angeblich zu wenig kritisch gegenüber dem Vorgehen der israelischen Regierung in Gaza geäußert habe.

von Peter Helling

Wenn Worte nichts ausrichten können, kann Musik sprechen. Was der Klarinettist Martin Fröst aus seinem Instrument hervorzaubert, wie hauchzart jede Note von Mozart gesetzt ist – das grenzt an Magie. Es ist, als ob sich eine andere Wirklichkeit öffnet – das kann wohl nur Musik. Und dann übernimmt das Orchester unter der Leitung von Lahav Shani, sachte, beinahe atmend.

Einmaliges Konzert – politisch aufgeladen

Diese unfassbar leisen Töne – vielen bekannt aus dem Kinoklassiker „Jenseits von Afrika“ – sind der Höhepunkt eines einmaligen Konzerts. Das von vornherein politisch aufgeladen ist – schließlich spielt hier der wichtigste kulturelle Botschafter Israels! Ein Orchester, das 1936 von jüdischen Musikern und Musikerinnen aus Europa gegründet wurde. Dem Dirigenten wurde erst kürzlich vorgeworfen, er würde seine Regierung nicht deutlich genug kritisieren. Er wurde von einem Festival in Belgien ausgeladen. Lahav Shani wies die Vorwürfe zurück.

Das ist beim Konzert selbst kein Thema, aber viele im Publikum haben ihre eigene Meinung zu der Ausladung: „Das ist das Schlimmste, was man mit einem Künstler machen kann, wenn man sagt, ‚ich lad die aus, nur weil’s ein Israeli ist‘. Ich denke mal, man straft sich selbst, wenn man solche Leute nicht einlädt“, sagt ein Konzertbesucher.

Lahav Shani

Die Ausladung des israelischen Dirigenten Lahav Shani von einem Konzert in Belgien wühlt die Kulturszene seit Tagen auf. Der Musiker selbst hat dazu geschwiegen – bis jetzt. Aus Deutschland erfährt er breite Unterstützung.

Klarinettist Fröst umjubelt und gefeiert

Vor der Elbphilharmonie stehen Polizeiwagen, aus Sorge vor antiisraelischen Protesten. Davon war nichts zu sehen. Lahav Shani stand auf Anfrage nicht für ein Interview bereit. An diesem Abend spricht die Musik. Der musikalische Grenzgänger Martin Fröst aus Schweden wird umjubelt, als Zugabe spielt er ein einfaches Lied: Nature Boy. In dem geht es um das vielleicht größte Geheimnis des Lebens: zu lieben und wieder geliebt zu werden. Martin Fröst scheint mit seinem Instrument zu tanzen – es ist eine Botschaft.

Wenn einem die Worte ausgehen …,

Ohne vordergründig politisch zu werden, wird dieser denkwürdige Konzertabend trotzdem politisch, auf einer tieferen Ebene. Es geht um Liebe, um Menschlichkeit. Nach der Pause dann eine Sinfonie des israelischen Komponisten Paul Ben-Haim, der als Paul Frankenburger in München geboren wurde und die Shoah knapp überlebte. Mit seiner Musik schuf er ein Klangbild des jungen Staates, kurz nach dem Zweiten Weltkrieg.

… übernimmt die Musik

Orientalische Motive flackern auf, mal wirkt es wie der Blick in die Wüste, mal wie zurück aufs Mittelmeer. Aber auch klagend, voller Trauer. Eröffnet wurde der Abend übrigens mit den „Liedern ohne Worte“ des Hamburger Juden Felix Mendelssohn-Bartholdy. Wenn einem die Worte ausgehen, übernimmt die Musik. Das macht Hoffnung.

Auf einer Kundgebung in Klütz wird ein Schild mit der Aufschrift "Für die Freiheit des Wortes"  gezeigt.

Nach dem Angriff der Hamas auf Israel ist auch die Kulturszene tief zerstritten. Dabei muss es eine Auseinandersetzung geben – ohne zu dämonisieren.