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Unternehmen der Gröner-Gruppe haben offenbar Rechnungen für Wasser und Heizen nicht bezahlt, wie MDR-Recherchen zeigen. Energieunternehmen in Berlin und Leipzig ziehen vor Gericht. Mieter in Köln bangen davor, im Kalten zu sitzen.
Von Marcel Siepmann und Tom Fugmann, MDR
Im Frühjahr 2023 wurde das Geld im Firmengeflecht von Christoph Gröner offenbar so knapp, dass selbst Rechnungen für Heizung und Wasser nur noch teilweise bezahlt werden konnten. MDR-Investigativ und „Zeit“ konnten Dokumente einsehen, die belegen, dass Gröner-Unternehmen 2023 über 850.000€ Rechnungen der Berliner Wasserbetriebe nicht bezahlt hatten. Wie das landeseigene Unternehmen mitteilte, wartet es aktuell auf Zahlungen in Höhe von 1,24 Millionen Euro von Gröner-Firmen.
Der Anwalt von Christoph Gröner wollte die gesamte Summe auf Nachfrage nicht bestätigen. Zu den unbezahlten Rechnungen vor zwei Jahren schreibt er, dass Energiekosten aus den Jahren 2020 – 2022 nicht unmittelbar auf Mieter umgelegt werden konnten. Die aktuellen Forderungen erklärt er mit Kosten in Millionenhöhe für Dienstleistungen der Wasserbetriebe bei einem Bauprojekt der CG-Gruppe.
Die offenen Forderungen, versichert der Anwalt, würden vollständig bezahlt werden. Darauf wollen die Berliner Wasserbetriebe allerdings nicht mehr warten. Sie wollen Teile der Außenstände gerichtlich eintreiben.
Gröner-Firmen im Insolvenzverfahren
Häuser, Grundstücke, Luxus-Immobilien: Jahrelang war das Imperium von Bauunternehmer Christoph Gröner gewachsen. Doch seit über einem Jahr herrscht Krise. Als Zinsen und Baupreise stiegen, geriet die Baubranche unter Druck – auch die Gröner Gruppe blieb davon nicht verschont. Baustellen stehen still, Handwerker klagen wegen unbezahlter Rechnungen und die Staatsanwaltschaft Leipzig ermittelt wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppung gegen Christoph Gröner.
Der Vorwurf entbehre jeder Grundlage und werde sich nach gründlichen Ermittlungen als unbegründet erweisen, so Gröners Anwalt. „Aus einer Insolvenz bzw. Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung lässt sich keinesfalls zwangsläufig und ohne weiteres der Vorwurf einer Insolvenzverschleppung ableiten“, schreibt er weiter.
Mehrere Gröner-Firmen befinden sich im Insolvenzverfahren – darunter die Gröner Group GmbH. Die Zahlungsschwierigkeiten kriegen vor allem Geldgeber, Investoren und Baufirmen zu spüren und – wie Recherchen von MDR Investigativ und „Zeit“ zeigen – mehrere kommunale Energieversorger.
Klagen von Berliner Energieversorgern
Dazu gehört auch der Wärmeversorger BEW Berliner Energie und Wärme. Das Unternehmen wurde erst vor Kurzem zurück in öffentliche Hand geholt – seit Mai 2024 gehört es wieder vollständig dem Land Berlin. Damit auch die Außenstände gegenüber den Gröner-Firmen.
Aus Unternehmenskreisen der BEW heißt es, es handele sich um offene Forderungen von rund einer halben Million Euro. Um die Gelder nicht abschreiben zu müssen, ziehe die BEW wegen Teilen der Außenstände vor Gericht, teilt sie MDR Investigativ mit. Der Anwalt von Christoph Gröner will die offenen Forderungen der BEW nicht bestätigen. Öffentlich äußert sich auch die BEW nicht zur Höhe der Außenstände.
Am Landgericht Berlin sind vier Klageverfahren von Berliner Energieversorgungsunternehmen gegen Gröner-Unternehmen in einer Gesamthöhe von 156.537,79 Euro bekannt. In allen Verfahren wurden die Gröner-Unternehmen zur Zahlung verurteilt. Drei der Verfahren sind noch nicht rechtskräftig.
Kündigungen und abgestellte Heizungen
Bereits im Frühjahr 2025 berichtete MDR Investigativ über einen Mieter in Leipzig, dessen Heizung seit April 2024 nicht mehr lief. Obwohl der Gewerbemieter immer pünktlich seine Nebenkosten gezahlt hatte. Von den Leipziger Stadtwerken habe er erfahren, dass der Vermieter, ein Gröner-Unternehmen, Rechnungen für die Immobilie nicht bezahlt habe.
Inzwischen hat sich die Situation zugespitzt: Er hat eine Kündigung zum Ende des Jahres erhalten. Weiteren Mietern aus dem Gebäude sei ebenfalls gekündigt worden. Der Anwalt von Christoph Gröner schreibt, dass es sich bei dem Projekt um eine Projektentwicklung handeln würde, die zum Verkauf steht. Die Bewirtschaftung der Räume sei deshalb nicht mehr möglich.
Auch bei anderen Leipziger Mietern sei die Heizung zeitweise abgestellt worden, berichten Gewerbetreibende. Die Leipziger Stadtwerke teilen MDR Investigativ mit, dass Unternehmen, die dem Wirken von Gröner zugeordnet werden, Zahlungen von Rechnungen im mittleren sechsstelligen Bereich schuldig bleiben.
Der Anwalt von Gröner will die Summe nicht bestätigen. Zur Höhe der Forderungen hatte sich Gröner zuletzt im April 2025 auf LinkedIn geäußert. Er schrieb, dass es allein gegenüber dem Gröner Family Office Außenstände von 420.000 Euro gäbe, wovon 160.000 Euro strittig seien. Die Leipziger Stadtwerke haben mehrere Verfahren gegen Unternehmen von Gröner geführt. Alle abgeschlossenen Verfahren habe man gewonnen oder seien während des Prozesses geklärt worden, teilen die Leipziger Stadtwerke mit.
Mieter bangen
Auch in Köln scheinen Rechnungen nicht bezahlt worden zu sein. In einem Haus in der Kölner Innenstadt bangen Mieter darum, dass ihnen die Heizung abgestellt werden könnte. 14 Wohnungen befinden sich in dem Mietshaus. Seit Ende August kursiert unter den Bewohnern ein Schreiben an einen der Mieter. Darin informiert das Kölner Energieunternehmen Rheinenergie den Anwohner darüber, dass der Vermieter, ebenfalls ein Gröner-Unternehmen, vertragliche Pflichten seit einiger Zeit nicht erfülle. Deshalb könne zur „Vermeidung weiterer Forderungsrückstände“ die Energie- und Wasserversorgung eingestellt werden. Zur Abstellung ist es bislang nicht gekommen.
Michael Berger lebt seit über 15 Jahren in dem Haus. Seinen Namen haben wir auf seinen Wunsch hin geändert. Ihn plagt vor allem die Ungewissheit, wie es weitergeht. Er erzählt uns, dass er seine Nebenkosten immer pflichtbewusst überwiesen habe. MDR Investigativ und „Zeit“ konnten die Betriebskostenabrechnungen der vergangenen Jahre einsehen. Die zeigen, dass der Mieter in den Jahren 2021 bis 2023 sogar mehr Heizkosten gezahlt hat, als tatsächlich angefallen sind.
Doch anstatt den Betrag zurückzuzahlen, verlangt der Vermieter, die Gröner Residential, noch mehr Geld. Das Unternehmen fordert den Mieter für das Jahr 2023 auf, über 1.000€ aufgrund gestiegener Betriebskosten nachzuzahlen – unter anderem für den Hausmeisterdienst. Bei unserem Besuch im Oktober wirkt der Flur ungeputzt. „Im Haus passiert kaum etwas“, beklagt sich Berger. „Wenn es irgendwelche Missstände gibt, wird es den Mietern nicht erklärt“.
Gröner zeigt sich optimistisch
Laut dem Anwalt von Gröner gehe es bei den offenen Forderungen der Rheinenergie um Rückstände eines bis 2023 ansässigen Gewerbemieters. Die Forderungen hätten keinerlei Einfluss auf die Energieversorgung der Mieter. Eine Abrechnung der Nebenkosten sei durchweg ordnungsgemäß erfolgt, also rechtzeitig und inhaltlich beanstandungsfrei. Schuld am ungereinigten Zustand des Hauses seien Baufirmen, die das Haus „im nicht ordnungsgemäßen Zustand“ hinterlassen hätten. Zur Höhe der Schulden der Gröner Residential bei Rheinenergie will sich der Anwalt nicht äußern. Auch Rheinenergie will auf Anfrage keine Summe nennen.
Christoph Gröner kämpft um sein Lebenswerk. Mit der CG Group als neue Konzernmutter soll das Baugeschäft weitergehen. In einem kürzlich erschienenen Interview mit dem Tagesspiegel verbreitet der Baupromi Optimismus: Seine Unternehmensgruppe bleibe handlungsfähig. „Auch wenn es noch offene Forderungen gibt, wird es mir gelingen, das im Großen und Ganzen zu bezahlen.“
Mieter wie Berger können nur hoffen, dass auch die Rechnungen der Energieversorger vollständig bezahlt werden.