Stuttgart – Er wollte seine Kollegen nicht im Stich lassen, verlängerte extra für die Fußball-EM seine Dienstzeit. Als Polizist Thomas H. (✝︎61) den ungarischen Premier zum Flughafen eskortierte, kam es zur Tragödie.
Seit Mittwoch wird am Amtsgericht Stuttgart der Unfalltod des Motorrad-Polizisten verhandelt. Rentnerin Alrun R. (71) ist wegen fahrlässiger Tötung angeklagt. Sie soll am 24. Juni 2024 im Stadtteil Degerloch die Polizei-Absperrung missachtet und mit ihrem BMW in das Polizisten-Motorrad gekracht sein.
Furchtbares Ende einer Dienstfahrt. Beim Zusammenstoß des Polizei-Motorrads mit dem BMW starb Beamter Thomas H. (✝︎61)
Foto: Andreas Werner/7aktuell.de
Der Beamte und seine Kollegen wollten Ministerpräsident Viktor Orbán (62) nach dem EM-Spiel Ungarn gegen Schottland (1:0) zum Flughafen begleiten. Doch um 11.18 Uhr nahm die Fahrt ein jähes Ende.
BMW-Fahrerin überholt Wartende
Staatsanwalt Andreas Kienle: „Polizist Pascal S. sperrte die Kreuzung mit seinem Motorrad und eingeschaltetem Blaulicht ab. Dennoch wechselte die Angeklagte nach einer Minute Wartezeit auf die linke Abbiegespur, um schneller voranzukommen.“ Eine Zeugin schilderte, dass Pascal S. noch „Halt! Stopp! Polizei!“ und „Oh mein Gott!“ gerufen habe. Dann seien das fahrende Polizei-Motorrad und der silberne BMW zusammengestoßen.
Mit einem Trauermarsch durch Stuttgart würdigten Politiker und Kollegen den getöteten Polizisten
Foto: Andreas Rosar Fotoagentur-Stuttgart
Unfallopfer stirbt im Krankenhaus
Laut Gutachten wurde der Motorrad-Polizist über die Motorhaube geschleudert und stieß mit dem Kopf gegen einen Ampelmasten. Mehrere Rippen brachen, eine durchstieß seine Aorta. Der Beamte starb eineinhalb Stunden später im Krankenhaus. Sein Motorrad schleuderte gegen Kollege Pascal S. und zertrümmerte ihm Hüfte, Ellbogen und Schienbein. Bis heute kann der 28-Jährige im Streifendienst nur eingeschränkt arbeiten.
Mehr zum ThemaAngeklagte schweigt zu Vorwürfen
Die Angeklagte Alrun R. fühlt sich unschuldig. Nach dem Unfall beauftragte sie einen Detektiv und schaltete Zeitungsanzeigen, um Entlastungszeugen zu finden. Im Prozess macht sie keine Angaben. Ihr Verteidiger forderte Freispruch, denn die Kreuzung sei mangelhaft abgesichert gewesen. Zudem kündigte er einen Befangenheitsantrag an. Grund: Die Richterin habe nicht alle angebotenen Zeugen geladen.
Urteil am 14. November. Der Angeklagten drohen maximal zwei Jahre Haft – mehr kann das Gericht in der Besetzung nicht verhängen.