Wohnungen in Stuttgart: Die ungewisse Zukunft der schönen Bruchbuden an der Pragstraße in Stuttgart Die drei Wohngebäude an der Pragstraße sollen abgerissen werden. Foto: Uli Nagel

Warum stehen die drei Häuser in Stuttgart-Bad Cannstatt, um die 2022 heftig gestritten wurde,  immer noch? Und muss der Abbruch überhaupt sein? Was die Stadt Stuttgart vorhat.    

Wohnraum  in der Landeshauptstadt – vor allem preisgünstiger – ist ein knappes Gut. Die Wogen schlugen deshalb hoch, als im  Januar 2022 in der Pragstraße die Bagger anrollten und zwei Wohngebäude, die sich im städtischen Besitz befanden, binnen weniger Tage „platt“ machten. Sogar skandalös war das Vorgehen aus Sicht des Bezirksbeirats Bad Cannstatt, weil die Stadt das Gremium zwingend über den geplanten Abriss hätte informieren müssen. 

Zukunft der Gebäude weiter offen

Wie es mit den drei noch verbliebenen Gebäuden Pragstraße 148 sowie Bei der Meierei 1 und 3 weitergehen soll, ist bis heute im Gemeinderat nicht abschließend diskutiert worden. Die Stadt wollte sie auf jeden Fall kaufen und dann die Abbruchbagger auffahren lassen. Doch warum stehen die optisch schönen und durchaus erhaltenswerten Häuser fast vier Jahre später immer noch, und muss man sie tatsächlich abreißen lassen?

Nach dem Gebäudeabbruch im Jahr 2022 blieben drei Häuser stehen. Foto: Uli Nagel

Um das Vorgehen der Stadt zu verstehen, muss man schon einige Jahre zurückblicken. Genau genommen ins Jahr 2012. Damals brachte der Gemeinderat das auch heute noch umstrittenen Projekt „Rosensteintunnel“ auf den Weg.  Kritiker, allen voran die Grünen,  prognostizierten damals: Wohnen an der Pragstraße im Bereich des Tunnelportals sei nach dessen Fertigstellung nicht mehr möglich. Lärm- und Schadstoffgutachten bestätigten das und ließen aus der Prognose Realität werden. Um nach der Tunneleröffnung nicht Gefahr zu laufen, von den Anwohnern verklagt zu werden, wollte die Stadt deshalb  bis zur Eröffnung des Rosensteintunnels die Wohnungen kaufen und abreißen lassen.  

Warum stehen die Gebäude in Stuttgart-Bad Cannstatt noch?

Die Proteste gegen das Vorhaben ließen nicht lange auf sich warten, wobei der Bezirksbeirat Bad Cannstatt sich  mit großer Mehrheit gegen einen Abriss aussprach. Dessen Credo:  Ein Erhalt der Wohnungen ist  bei entsprechender Nachrüstung mit Lüftungsanlagen und Schallschutzfenstern möglich. Zwar nicht für Familien mit kleinen Kindern, aber zum Beispiel für Auszubildende oder Studierende.

Doch der für das städtische Liegenschaftsamt verantwortliche Bürgermeister Thomas Fuhrmann blieb bei seinem Plan: kaufen und  abreißen, damit jegliches Klagerisiko endlich aus der Welt geschafft ist.  Fast vier Jahre später stehen die drei verbliebenen Gebäude jedoch immer noch. Da stellt sich schon die Frage: warum?

Stadt Stuttgart hat die Gebäude gekauft

Am Grundsatz der Stadtverwaltung hat sich offenbar nichts geändert. „Nach der Fertigstellung des Rosensteintunnels ist eine Wohnnutzung an dieser Stelle – wie gutachtlich nachgewiesen – aufgrund der Luftschadstoffwerte nicht mehr zulässig“, sagt Stadtsprecher Oliver Hillinger. Daher habe die Landeshauptstadt die Wohnungen aufgekauft, um die Wohnnutzung aufzugeben und die Gebäude perspektivisch abzubrechen.

„Einen konkreten Zeitplan für den Abbruch gibt es aktuell nicht“, so Hillinger. Was auf der Fläche zwischen der BMW-Niederlassung und dem LEO-Business Campus geschehen soll, kann ebenfalls noch nicht gesagt werden. „Der geltende Bebauungsplan setzt derzeit für die betreffenden Grundstücke Mischgebiet fest“, sagt Stadtsprecher Hillinger. Eine Wohnnutzung  wäre nur nach Einbau beziehungsweise Anbringung von entsprechenden Schutzmaßnahmen möglich. Deren Vorteile beträfen dann jedoch nur die Wohnungen – nicht jedoch den umliegenden Außenbereich. „Daher soll das Areal vorzugsweise gewerblich genutzt werden“, betont Oliver Hillinger. 

Das städtische Gebäudeensemble an der Daimlerstraße stand acht Jahre lang leer und wurde 2024 abgerissen. Foto: Sebastian Steegmüller

Die Geschichte der drei Gebäude an der Pragstraße erinnert fatal an das Schicksal eines Gebäudeensembles in der Daimlerstraße in Bad Cannstatt, in unmittelbarere Nachbarschaft zum Depot der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB). Die Stadt hatte bereits 2007 die drei Wohnhäuser gekauft, da der damalige OB Wolfgang Schuster von einem Mobilitäts- und Erlebniszentrum träumte und die Stadt entsprechende Flächen benötigte.  Der Traum entwickelte sich in den folgenden Jahren jedoch  zu einem Albtraum.

Vor allem nach 2017, als es nur noch darum ging:  Was passiert mit dem mittlerweile leer stehenden und ziemlich  heruntergekommenen Ensemble? Nach einer aufsehenerregenden Hausbesetzung mit viel Getöse und Polizei im Jahr 2018 wollte Bürgermeister Peter Pätzold  schlussendlich die Stuttgarter Wohnungs- und Städtebau GmbH (SWSG) mit ins Boot holen, da sich für die Bruchbuden kein Käufer fand.  

Da plötzlich auch die SSB Interesse zeigte, gab die Stadt eine Machbarkeitsstudie in Auftrag, welche die Zukunft der drei Gebäude einmal abklopfen sollte. Das Ergebnis: Abbruch, da der Zustand immer übler wurde und sich zudem nach einem Sturm ein drei Quadratmeter großes Wandstück von der Fassade eines Giebels gelöst hatte und in den Innenhof gestürzt war. Zwar wurde das Grundstück eingezäunt, doch bis zum Abbruch im September  2024 vergingen noch einmal etliche Monate.  Jetzt ist die SWSG am Zug.