Die Regierung von Präsident Donald Trump verlangt von Ländern, die US-Gesundheitshilfe erhalten, künftig die Weitergabe von Daten über Krankheitserreger an Washington – als Voraussetzung für die finanzielle Unterstützung. Das geht aus einem Entwurfsdokument hervor, das Reuters vorliegt.
Wie aus dem Papier des US-Außenministeriums hervorgeht, sollen betroffene Staaten Proben von Erregern sowie genomische Sequenzierungsdaten innerhalb von fünf Tagen nach Ausbruch weitergeben. Eine Garantie, dass Medikamente oder Impfstoffe, die infolge dieses Austauschs entwickelt werden, auch den betroffenen Ländern zur Verfügung gestellt werden, gibt es laut Dokument jedoch nicht.
Dieses Ungleichgewicht könnte nach Ansicht einiger Experten zu einer Wiederholung der Ungerechtigkeiten führen, die bereits während der COVID-19-Pandemie und anderer Ausbrüche zu beobachten waren: Oft identifizieren ärmere Länder die Bedrohung zuerst, erhalten jedoch nur schwer Zugang zu den zur Bekämpfung entwickelten Mitteln.
Darüber hinaus könnte die US-Initiative die laufenden Verhandlungen bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO) untergraben. Dort versuchen die Staaten derzeit, genau diese Frage im Rahmen des nahezu fertiggestellten Pandemieabkommens so zu regeln, dass ärmere Länder nicht erneut benachteiligt werden.
Das US-Dokument ist als Memorandum of Understanding konzipiert, das sowohl von den USA als auch von den Empfängerländern unterzeichnet werden soll. Es enthält Zielvorgaben zur Bekämpfung von Krankheiten wie HIV sowie zur Senkung der Müttersterblichkeit und zur Masernimpfung.
Die Vereinbarung gilt für Hilfen bis 2030, doch die Regelung zum Erregerdatenaustausch soll 25 Jahre Bestand haben.
Das Dokument folgt auf die Neuausrichtung der US-Entwicklungshilfe im Rahmen von Präsident Donald Trumps ,,America First“-Politik. Die im September vorgestellte neue globale Gesundheitsstrategie der USA zielt darauf ab, Empfängerländer zu mehr Eigenverantwortung zu bewegen und möglichst rasch bilaterale Abkommen zu schließen.
Umgehung von WHO-Abkommen
Auf Nachfrage erklärte ein ranghoher Vertreter des US-Außenministeriums, die USA setzten sich für Transparenz und Rechenschaftspflicht in ihrer globalen Gesundheitsstrategie ein, ohne weitere Details zu nennen.
Eine mit den Verhandlungen vertraute Quelle aus einem Empfängerland bestätigte, dass das Dokument aktuell diskutiert werde. Das ghanaische Gesundheitsministerium teilte am Donnerstag auf X mit, man habe ein entsprechendes Dokument zu globalen Gesundheitsbedingungen von den USA erhalten, nannte jedoch keine Einzelheiten.
Drei internationale Gesundheitsexperten bestätigten ebenfalls, das Dokument gesehen zu haben und dass Regierungen darüber mit den Vereinigten Staaten sprechen.
,,Diese bilateralen Vereinbarungen … umgehen die WHO sowie die Grundlagen von Solidarität und Gerechtigkeit, die wir hier aufzubauen versuchen“, sagte Michel Kazatchkine, ehemaliger Leiter des Global Fund to Fight AIDS, Tuberculosis and Malaria, bei einem WHO-Treffen in Genf am Freitag, das sich mit dem Erregerdatenaustausch im Rahmen des Pandemieabkommens befasste.
Kazatchkine vertritt das von der WHO einberufene Independent Panel on Pandemic Preparedness and Response, das die weltweite Reaktion auf COVID analysiert.
WHO-Sprecher Christian Lindmeier erklärte gegenüber Reuters, die Organisation habe keine Informationen über das US-Dokument.
Er betonte, das von den WHO-Mitgliedsstaaten verhandelte Abkommen zum Zugang zu Erregern und zur gerechten Verteilung der Vorteile solle sowohl den Austausch von Materialien als auch eine rasche, rechtzeitige, faire und gleichberechtigte Verteilung der daraus entstehenden Vorteile ermöglichen.