Wie viel Mitspracherecht hat eigentlich der Stadtrat, wenn es um die Arbeit des Mieterbeirats der LWB geht? Kann der Stadtrat die Satzung und Wahlordnung des Mieterbeirats eigentlich bestimmen oder wird er damit übergriffig, mischt sich in Dinge ein, die eigentlich der Mieterbeirat selbst verantwortet? Das war im Grunde das wesentliche Streitthema in der Ratsversammlung am 29. Oktober, als die Vorlage „Vorgehensvorschlag Mieterrat der Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft mbH (LWB)“ auf den Tisch kam und zwei umfangreiche Änderungsanträge von Grünen und Linken debattiert wurden.

Vorschläge, die aus Sicht von Oberbürgermeister Burkhard Jung deutlich über die Kompetenzen des Stadtrates hinausgingen, so sehr er auch Verständnis für beide Anträge artikulierte. Denn die Frage steht ja: Wie viel Mitspracherecht bekommen Mieter in einem kommunalen Wohnungsunternehmen wie der LWB?

Sollten sie gar Vertreter bis in den Aufsichtsrat entsenden, um dort auch über strategische Entscheidungen des Unternehmens und wirtschaftliche Angelegenheiten mitzuentscheiden? In den kommunalen Wohnungsunternehmen anderer Städte ist das schon möglich.

Und insbesondere Dr. Tobias Peter, Fraktionsvorsitzender der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen, warb für den gemeinsamen Antrag von Grünen und Linken, genau diese Möglichkeit zu schaffen. Wobei schon das Ansinnen Probleme schafft: Wird dann ein zusätzlicher Aufsichtsratsposten eingeführt oder müssen andere Mitglieder im Aufsichtsrat (Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Ratsfraktionen) einen Sitz abgeben?

Ist das mit der Sächsischen Gemeindeordnung verträglich? Usw. Alles Probleme, auf die FDP-Stadtrat Sven Morlok dann hinwies. Und kommt es nicht zu Interessenkonflikten, wenn ein Mietervertreter mit im Aufsichtsrat sitzt? Und wie ist es mit dem zeitlichen Aufwand und der Vergütung?

Tobias Peter-.Tobias Peter (Bündnis 90 / Die Grünen) im Leipziger Stadtrat am 29.10.25. Foto: Jan Kaefer

Die Stadtratsmehrheit teilte am 29. Oktober diese Bauchschmerzen und der Änderungsantrag von Linken und Grünen bekam mit 25:31 Stimmen keine Mehrheit.

Ein Änderungspaket für die Satzung des Mieterbeirats

Genau sowenig wie die meisten Punkte aus einem Antrag der Linksfraktion, die sich die vom Amt für Wohnungsbau und Stadterneuerung vorgelegte Satzung des aktuellen Mieterbeirates vorknöpfte und ein gutes Dutzend Punkte geändert haben wollte, die in der Ratssitzung dann Linke-Stadträtin Juliane Nagel begründete.

Auch hier ging es um mehr Beteiligung, mehr Öffentlichkeit und letztlich mehr Wirksamkeit für den Mieterbeirat. Auch das ein Vorgehen, mit dem OBM Burkhard Jung seine Probleme hat, denn die Satzung gibt sich der Mieterbeirat der LWB eigentlich selbst.

Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) im Leipziger Stadtrat am 29.10.25. Foto: Jan Kaefer

Und auch bei der LWB sah man keine Probleme im Umgang mit dem aktuellen Mieterbeirat und der aktuellen Satzung.

So formulierte es auch das Amt für Wohnungsbau und Stadterneuerung: „Im Rahmen des Ratsbeschlusses zur dritten Fortschreibung der Eigentümerziele der LWB hat der Stadtrat den Oberbürgermeister beauftragt, ein Konzept zum Mieterrat/Mieterbeirat vorzulegen. Die LWB hat gemeinsam mit den gewählten Mieterbeiräten die aktuell geltenden Regelungen für die Gremien analysiert und – gemäß den Eigentümerzielen – einen Vorgehensvorschlag für eine Neuausrichtung erarbeitet. Es wird kein Bedarf zur grundsätzlichen Neufassung gesehen, da die bisherige Zusammenarbeit zwischen dem Gremium und der LWB funktioniere. Allerdings werden Hinweise und Verbesserungsvorschläge dargelegt.

Der Vorgehensvorschlag geht davon aus, dass das gemeinsame Wirken von LWB und Mieterbeirat keiner grundsätzlichen Neuausrichtung bzw. Neufassung des Rahmens bedarf und die tägliche Arbeit im bisherigen Miteinander fortgesetzt werden kann. Dies beinhaltet die Fortführung unter dem Namen ‘Mieterbeirat’ oder der bewusste Verzicht auf die Einrichtung einer Geschäftsstelle zugunsten einer dezentralen Struktur. Nichtsdestotrotz werden verschiedene Hinweise und Verbesserungsvorschläge für die zukünftige Zusammenarbeit benannt.“

Knappe Voten

Die im Linke-Vorschlag formulieten Änderungsvorschläge bekamen zwar fast alle ein positives Votum durch die Verwaltung – also in diesem Fall aus dem Amt für Wohnungsbau und Stadterneuerung. Man hätte sich solche Änderungen also durchaus vorstellen könen. Aber es wären trotzdem Änderungen, so Jung, die sich der Mieterbeirat selbst geben müsste. Und dem folgte die Stadtratsmehrheit dann auch in fast allen Punkten, manchmal auch so knapp, dass 27 Ja-Stimmen 27 Nein-Stimmen gegenüber standen, was trotzdem Ablehnung bedeutete.

Lediglich zwei Punkte aus dem Antragspaket der Linksfraktion bekamen eine Mehrheit. Der eine lautet: „Änderung in Punkt 3. Nicht wählbar ist wer sich zum Zeitpunkt der Mieterbeiratswahl in einem Klageverfahren mit der LWB befindet oder im Laufe der letzten 5 Jahre / sechs Monate des Mietverhältnisses jeweils befunden hat.“

Die Stadt hatte hier als Kompromiss zwei Jahre vorgeschlagen. Aber es wäre unzumutbar, dass ein Mieter, der mit dem eigenen Wohnungsunternehmen in der Verangenheit in Konflikt geraten war, fünf Jahre lang nicht für den Mieterrat wählbar sein sollte, betonte Linke-Stadträtin Franziska Riekewald. Auch zwei Jahre wären kein guter Kompromiss und durch nichts begründbar. Dem folgte die Ratsmehrheit und votierte mit 31:26 Stimmen für diesen Änderungsvorschlag.

Franziska Riekewald (Die Linke) im Leipziger Stadtrat am 29.10.25. Foto: Jan Kaefer

Und als zusätzlicher Punkt bekam auch dieser hier noch eine Mehrheit: „Der Mieterbeirat baut mit Unterstützung der LWB sein online-Angebot aus und führt dort transparent sowohl Ansprechpartner*innen, aktuelle Informationen zu seiner Arbeit und Services für Mieter*innen auf.“ Dem stimmte eine Ratsmehrheit von 30:26 zu.

Was ja auch Sinn ergibt: Besser kann ein von den LWB-Mietern gewählter Beirat die Mieter nicht direkt und aktuell informieren – und sich gleichzeitig als Gremium präsentieren. Was ja bis jetzt, wie Juliane Nagel anmerkte, ein Problem beim LWB-Mieterrat wäre: Dass er als Instanz von den LWB-Mieterinnen und Mietern derzeit nicht wahrgenommen würde.

Was noch nicht heißt, dass die Punkte auch tatsächlich Teil der Satzung des Mieterbeirats werden. Denn dieser hat hier nach wie vor die alleinige Entscheidungshoheit. Der Stadtrat kann ihm nichts aufzwingen. Oder wie es die Vorlage formulierte: „Der OBM trägt die nachfolgenden Änderungen in den Grundlagen für die Tätigkeit und die Wahl der Mieterbeiräte der LWB als Gesellschafter an die LWB heran.“

Wobei die beiden Punkte sich ja tatsächlich zur Umsetzung empfehlen. Und wahrscheinlich dazu beitragen, die Arbeit des Mieterbeirats für die LWB-Mieter etwas sichtbarer zu machen. Die Gesamtvorlage der Verwaltung mit der aktuell gültigen Satzung bekam dann mit 44:0 Stimmen bei zehn Enthaltungen eine klare Zustimmung im Stadtrat.