Union Busting-News mit Jessica Reisner. Arbeitsunrecht und Betriebsratsbehinderung in Deutschland.

  • Uni-Klini Bonn / Union Busting bei Catering-Tochter
  • Team Wilking / Update zum Stand der Ermittlungen und der Kündigungsschutzklage des Fahrers Marcel
  • Amazon / Eerfolgrteiche erste Betriebsratsgründung in Delivery-Standort
  • Alexander Birkhahn / Kündigungs-Anwalt erklärt im Spiegel-Interview seine Methoden
  • Rockstar / GTA-Entwickler gegen Gewerkschaft

https://www.freie-radios.net/mp3/20251107-unionbusting-138900.mp3
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Uni-Klinik Bonn Catering gegen Betriebsrat

Bonn: Am 25. November 2025 verhandelt das Arbeitsgericht Bonn im Gütetermin über die fristlose Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden der UKB-Catering GmbH. Darüber berichtet die Gewerkschaft verdi.1

Die UKB-Catering ist eine 100%ige Tochter der Universitäts-Klinik Bonn und betreibt die Zentralküche. – Sinn und Zweck der Auslagerungen von existentiellen Betriebsteilen wie der Küche eines Krankenhauses ist Lohndumping und die Erschwerung gewerkschaftlicher Organisation.

So auch in Bonn. Die Leitung der Uni-Klinik Bonn etablierte mit der Auslagerung eine 2-Klassen-Gesellschaft unter den Beschäftigten. Gegen die die Angesetllten der UKB-Catering nun allerdings aufbegehren. Sie fordern die gleiche Bezahlung wie bei der Uniklinik selbst. Dort kommt der Tarifvertrag der Länder (TV – L) zur Anwendung.

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Der Betriebsrat hatte bereits von sich Reden gemacht, als er für die Angestellten der Zentralküche eine Inflationsprämie von gerade einmal 500,- Euro durchsetzte. Zur Erinnerung: Möglich gewesen wären 2.000,- Euro. Für die Geschäftsleitung ist das Almosen jedoch scheinbar Grund genug, aktiv gegen den Betriebsrat vorzugehen.

Mit Musterrücktrittsformularen gegen den Betriebsrat?

Laut Ver.di sollen seit November 2024 vermehrt Musterrücktrittsformulare aus dem Betriebsrat sowie Musteraustrittsformulare aus der Gewerkschaft bei der UKB-Catering auftauchen. Verdi wertet dies als Behinderung der Betriebsratsarbeit nach §119 BetrVG sowie Eingriff in die Koalitionsfreiheit nach Art.9 Abs.3 GG.

Der Generalanzeiger Bonn berichtet passend dazu, dass laut UKB-Auskunft überhaupt nur noch zwei von sieben Betriebsratsmitgliedern übrig seien – weil die anderen Betriebsratsmitglieder ausgetreten sein sollen.2 Ein erschreckend krasser Fall von erfolgreicher Zerstörung eines Betriebsrats-Gremiums.

In der Küche soll laut verdi eine Klima der Angst herrschen. Hier versorgen rund 100 Angestellte täglich 1350 Patienten mit Mahlzeiten. Die UKB-Catering betreibt laut eigenen Angabe auf dem Uni-Gelände außerdem 4 Cafeterien – und bietet auch noch Konferenzbewirtungen und die Durchführung von Großveranstaltungen an. In unseren Augen ein völlig krankes Geschäftsmodell für eine Krankenhausküche.

Leiterin Rechtsabteilung zugleich Geschäftsführerin diverser UKB-Töchter

Geschäftsführerin der UKB Catering ist Stephanie Schwedhelm. Sie ist im Gespann mit Murat Gorügli und Jürgen Reinartz aber auch noch Geschäftsführerin der Patienten Service GmbH und der Gebäudereinigung GmbH. Beides weitere Töchter der Uniklinik Bonn. 3

In ihrem Linkedin-Profil gibt Stephanie Schwedhelm an bereits seit August 2020 die Leiterin der Rechtsabteilung der Uni Klinik Bonn zu sein. All die Führungspositionen scheinen die Union Busterin Schwedhelm aber nicht auszufüllen. Sie betreibt als Rechtsanwältin laut eigener Homepage außerdem eine eigene Kanzlei in Bergisch Gladbach bei Köln. ► zurück nach oben

Update zur Spedition Wilking

Waltrop: Auf Sachstandsanfrage der Aktion gegen Arbeitsunrecht vom 21. Oktober 2025 teilte uns die Staatsanwaltschaft Bochum mit, dass die verschiedenen Ermittlungsverfahren gegen das Transport-Unternehmen Wilking nach wie vor laufen. Abschlussentscheidungen seien noch nicht gefallen. Die Staatsanwaltschaft Bochum ermittelt gegen Wilking wegen

  • Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB),
  • Betrug (§ 263 StGB),
  • Urkundenfälschung (§ 267 StGB),
  • Urkundenunterdrückung (§ 274 StGB),
  • Nötigung (§ 240 StGB)4

Wir hatten im Mai 2025 angefangen über die Spedition Wilking zu berichten, nachdem die Geschäftsführung dem Fahrer Marcel gekündigt hatte. Er hatte Missstände angeprangert und mit Kollegen über die Gründung eines Betriebsrats gesprochen.5 Eine Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Herne ging verloren.6 Der Fahrer Marcel zieht deshalb in die nächste Instanz. Das Landesarbeitsgericht Hamm wird den Fall am Freitag 6.2.2026 um 11.30 Uhr im Saal V verhandeln.

Bis es so weit ist, halten wir Euch weiter auf dem Laufenden. ► zurück nach oben

Betriebsratsgründung in Amazon Delivery Standort

Bochum: In NRW wählte die Belegschaft erstmals einen Betriebsrat in einem Amazon-Delivery-Standort. Das meldet die Dienstleistungsgewerkschaft verdi.7 Die verdi-Liste konnte 5 von 9 Sitzen gewinnen. Am Standort arbeiten rund 200 Angestellte, die Sendungen für den Versand an den Endkunden vorbereiten. Der neu gegründete Betriebsrat will die Arbeitsbedingungen am Standort Bochum verbessern. Insbesondere bezüglich Schichtplanung, Arbeitsdruck und Gleichberechtigung.

Herzlichen Glückwunsch von uns an die neu gewählten Betriebsratsmitglieder und alle Amazon-Beschäftigten, die für Arbeitsrechte und Mitbestimmung eintreten! ► zurück nach oben

Alexander Birkhahn: Wie Unternehmen fast jeden rausbekommen

Koblenz: Im Oktober 2025 veröffentlichte der Spiegel ein Interview mit Rechtsanwalt Alexander Birkhahn. Die Überschrift lautete: »Gerade will ich einen schwerbehinderten Betriebsrat rausbekommen. Sind auf einem guten Weg«.8 Untertitel: Gutverdiener von der Lohnliste streichen, Unkündbare abfinden: Arbeitgeberanwälte wie Alexander Birkhahn haben Hochkonjunktur. Hier verrät er, wie Unternehmen fast jeden rausbekommen – und wie Beschäftigte ihren Job sichern können.

Alexander Birkhahn ist geschäftsführender Gesellschafter der Koblenzer Wirtschaftskanzlei Dornbach. Die Kanzlei hat laut Wirtschaftswoche 2024 in Deutschland einen Umsatz von 91,5 Millionen Euro gemacht. Über 600 Menschen arbeiten an über 20 Standorten für diese Kanzlei.9

Mit altem Vertrag schon lange im Betrieb? Weg damit!

Im Interview beschreibt Birkhahn, wie er nach „Gestaltungsmöglichkeiten“ sucht, wenn Unternehmen Beschäftigte loswerden wollen. Gemeint sind unter anderem Angestellte, die schon länger im Unternehmen sind und damit als teuer gelten. Sie werden in gesellschaftsschädlichen Unternehmen zu Minderleistern erklärt, wenn sie durch billigere Angestellte oder Aushilfen ersetzt werden könnten. Ein Klassiker, wie wir ihn als Aktion gegen Arbeitsunrecht gerade erst wieder bei H&M dokumentiert haben (H&M entsorgt Angestellte per Filialkarussell, 30.10.2025).

Freudvoll und stolz scheint Birkhahn im Interview zu beschreiben, dass er so gut wie jeden feuern kann. Einen 42-jährigen Familienvater „raus zu bekommen“, der drei Kinder hat scheint für Birkhahn so etwas wie ein schöner Erfolg zu sein. Funktionieren würde das zum Beispiel über das Tricksen mit Vergleichsgruppen bei Sozialplanverhandlungen, wie sie bei Massenentlassungen mit dem Betriebsrat verhandelt werden. – Da es gerade viele Massenentlassungen gibt, freut sich Birkhahn im Interview als Anwalt daran gut zu verdienen.

Abfindungen setzen Geld an die Stelle des Rechts – Rausekeln auch ok

„Jeder“ sei letztlich „raus zu bekommen“, auch wenn das mitunter seinen Preis in Form eine Abfindung habe. Genau deshalb schreiben wir als Aktion gegen Arbeitsunrecht oft so vehement gegen Abfindungen an. Unserer Wertung nach ist genau das oft die Funktion von Abfindungen: Sie werden als Vehikel genutzt, um Schutzrechte Angestellter zu unterlaufen und Geld an Stelle des Rechts zu setzen.

Birkhahn ist laut Interview aber auch offen, wenn es das Kalkül eines Arbeitgebers sei, einen Angestellten zu vergraulen, um dann mit einer Begründung zu kündigen, die vor Arbeitsgerichten nicht bis zur letzten Instanz Bestand hätte.

Im konkreten Fall des in der Überschrift angesprochenen Betriebsrats mit Behinderung beschreibt Birkhahn als Kündigungsgrund, dass der Angestellte SPD-Mitglied sei und dafür gesorgt haben soll, dass sein Arbeitgeber ein SPD-Fest sponserte – ohne Gegenleistung. Birkhahn ergänzt: Nach solchen Dingen müsse man suchen, dann sei auch etwas möglich.

Was er meint: Bei Betriebsratsmitgliedern werden Vorgänge aufgebauscht oder überhaupt erst konstruiert, die bei anderen Angestellten gar keine Beachtung finden und unbeanstandet durchgehen.

Birkhahn im Vorstand der Lebenshilfe Koblenz

Der besondere Scherz: Alexander Birkhahn ist auch Vorstandsmitglied der Lebenshilfe Koblenz, einem Verein, der sich der Teilhabe von Menschen mit Behinderung verschrieben hat.

Die Hauptgeschäftstelle ließ uns wissen, keine Weisungsbefugnis gegenüber rechtlich selbstständigen örtlichen Lebenshilfen und Landesverbänden zu haben. Außerdem sei Alexander Birkhahn über die Gestaltung des Spiegel-Beitrags nicht informiert gewesen sei. Es könne keine Rede von sein, dass Alexander Birkhahn, im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit in irgendeiner Weise im Zusammenhang mit einer systematischen Behinderung von Betriebsratsarbeit tätig sei. In dem erwähnten Fall handele es sich um einen Einzelfall, bei dem einem betroffenen Arbeitnehmer eine Straftat vorgeworfen würde.

Damit scheint die Lebenshilfe dem Erzählstrang voll auf den Leim gegangen zu sein. Denn natürlich bezeichnen sich Union Buster selbst nicht so. Und es ist ihr täglich Brot Betriebsratsmitgliedern arbeitsrechtliche oder sogar strafrechtliche Vergehen vorwerfen.

So lange es Union Buster gibt, gibt es den dringenden Rat, dass sich Gewerkschafter die Kittel-Taschen besser zu nähen, damit ihnen niemand einen silbernen Löffel unterjubelt.

Sei fleißig … bis Du fliegst

Und wer nun noch die Auflösung wartet, wie man sich laut Interview vor solchen Strategien schützt, wird enttäuscht. Tipp 1) Ihr sollt stets fleißig und loyal sein. Tipp 2) Wenn es Euch trotzdem erwischt, sollt ihr hart verhandeln. – Eine Art Zirkelschluss: Denn je loyaler und fleißiger ihr seid und je länger ihr in der Firma bleibt, desto „teurer“ werdet ihr und damit Euer Ende immer wahrscheinlicher. Mit etwas Glück und Verhandlungskunst bekommt Ihr noch ein paar Euro aus der Portokasse nachgeschmissen. Das war es dann.

Lehrstück für heute: merkt Euch die Namen Dornbach und Birkhahn. Wenn Euer Chef die in die Firma holt, müssen alle Alarmglocken klingeln. ► zurück nach oben

Gamer-Branche: GTA-Entwickler Rockstar gegen Gewerkschafter 

Edinburgh in Schottland: Zuletzt ein kleiner Ausflug ins Ausland, der vielleicht für die Gamer unter Euch interessant ist. Der Game-Entwickler Rockstar soll 30-40 Angestellte gefeuert haben, die eine Gewerkschaft im Betrieb gründen wollten. Darüber berichtet Bloomberg.10 Alle gefeuerten Angestellten sollen in einem gewerkschaftlichen Dischord-Chat gewesen sein. Die Entlassungen betrafen Rockstar-Büros in Großbritannien und Kanada. Rockstar ist Entwickler der Spiel-Reihe GTA, Grand Theft Auto.

Ein Sprecher der Industrial Worker of Great Britain (IWGB) sagte, dass es sich um die größtmögliche Missachtung von Mitarbeiter*innen handele, die dem Unternehmen Milliarden eingebracht hätten. Die geplante Rockstar Union will für die Wiedereinstellung der Gekündigten und weiter für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen bei Rockstar kämpfen.

GTA-Fans warten auf die Veröffentlichung von GTA 6., die für das kommende Frühjahr geplant ist. Vielleicht hat die Community eine solidarische Haltung zu den Leuten, die die Teile 1-5 möglich gemacht haben? Wir würden uns das wünschen.

Quellen

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