Der Investor, der auf dem Jahrtausendfeld einen neuen Schulcampus für die Leipzig International School (LIS) bauen wollte, hat erst einmal alle Pläne zum Schulbau abgeblasen. Aber die Ungewissheiten um das Gelände an der Karl-Heine-Straße bleiben bestehen. Eine neue Ungewissheit kam nun hinzu, als die Gesellschaft zur Entwicklung und Sanierung von Altstandorten mbH (GESA) auf eine entsprechende Anfrage der Bürgerinitiative „Jahrtausendfeld retten“ zur Zukunft der GESA-Fläche erklärte, sie wolle das von ihr verwaltete Grundstück auf der Fläche verkaufen.
Gleich zwei Stadtratsanfragen wollten dazu jetzt Genaueres wissen.
Der Bürgerinitiative „Jahrtausendfeld retten“ teilte die GESA am 13. Oktober 2025 mit: „Sämtliche Gebäude wurden im Jahre 2006 von unserer Voreigentümerin zurückgebaut. In Abstimmung mit dem Umweltamt wurde seinerseits der altlastenbehaftete Bereich mit einer Folie abgedeckt und mittels der Aufbringung von Erdreich abgesichert.
Gleichfalls erfolgte eine Einfriedung der Liegenschaft, die allerdings in der Folgezeit wiederholt durch Vandalismus zerstört wurde. Auf der Liegenschaft sind ausweislich späterhin durchgeführter Prüfungsmaßnahmen gemäß Aktenlage Fundamentreste und Hohlräume verblieben.
In der letzten Woche hat uns gegenüber das Ordnungsamt der Stadt Leipzig die Einbeziehung der Liegenschaft zum Zwecke einer Kundgebung in Ausübung des landesgesetzlichen Versammlungsrechts angezeigt. Dabei wurde eine Teilnehmerzahl von ca. 150 Personen angekündigt.
Angesichts dieser Ankündigung wurde unsererseits die Einfriedung der Liegenschaft wiederhergestellt, da eine punktuelle Überbelastung der Fläche und damit einhergehend eine Beschädigung der Abdeckfolie sowie eine Gefährdung der Kundgebungsteilnehmer nicht ausgeschlossen werden konnte.
Die o. g. Ankündigung des Ordnungsamtes hat zu einem Überdenken der Situation der Liegenschaft mit dem Ergebnis geführt, dass die Gefahr einer derartiger punktuellen Überlastungen auch bei nicht auszuschließenden Spontanversammlungen, welcher Art auch immer, besteht, weshalb die Einfriedung, soweit nicht durch fortgesetzten Vandalismus faktisch ausgeschlossen, aufrechtzuerhalten ist. Wir beabsichtigen dieses Grundstück im nächsten Jahr zu verkaufen und werden als Grundstückseigentümer die Verkehrssicherheit durch eine Einfriedung weiterhin sicherstellen.“
Einfach unsaniert verkaufen?
So einfach kann es sich eine Bundesanstalt machen, ein noch immer nicht von Altlasten saniertes Grundstück möglichst schnell loszuwerden. Obwohl die GESA genau für diese Altlastensanierung ja zuständig ist.
Was dann unter anderem die Linksfraktion im Leipziger Stadtrat auf den Plan rief, die natürlich wissen wollte, ob nun die Stadt dieses Grundstück von der GESA kaufen wird.
„Die Stadt Leipzig ist über die allgemeine Verkaufsabsicht der GESA hinsichtlich des Flurstück 775/2 in Leipzig-Lindenau informiert“, antwortete nun das Liegenschaftsamt der Stadt, betonte aber: „Nein, ein konkretes Kaufangebot liegt der Stadt nicht vor.“
Und selbst wenn es ein Angebot der GESA gäbe, könnte Leipzig in seiner derzeitig katastrophalen Haushaltslage nicht kaufen: „Auf Grund der Haushaltslage der Stadt Leipzig ist ein Erwerb von Grundstücken, die nicht der infrastrukturellen Grundversorgung oder wirtschaftlichen Investition dienen, derzeit nicht darstellbar und haushaltsrechtlich unzulässig“, stellte das Liegenschaftsamt fest.
Und: „Nein, es gibt keine rechtliche Grundlage für die Ausübung eines Vorkaufsrechtes.“
B-Plan steht wieder infrage
Und mit der Beendigung der Pläne für den vorgesehenen Schulcampus ist am Jahrtausendfeld auch wieder völlig offen, was hier vielleicht einmal entstehen könnte.
„Der bisherige Planungsprozess des B-Plan-Verfahrens sah die Entwicklung einer Gesamtlösung mit privatem Schulneubau und öffentlicher Grünanlage vor“, so das Liegenschaftsamt.
„Da sich die privaten Entwicklungsabsichten am Standort verändert haben, müssen die Ziele und die Weiterführung des B-Plan-Verfahrens überprüft werden. Sollte die GESA-Fläche verkauft werden, so sind die Entwicklungsabsichten des neuen Grundstückseigentümers in den weiteren Planungsprozess einzuziehen.“
Haushaltslage verbietet Grundstückskauf
SPD-Stadträtin Pia Heine hat in ihrer Anfrage ganz ähnliche Fragen gestellt. Und bekam vom Liegenschaftsamt entsprechen ähnliche Antworten.
Aber auch ihr gegenüber betonte das Liegenschaftsamt: „Die Stadt Leipzig prüfte zu Beginn des Jahres 2025, das Flurstück 775/2 in der Gemarkung Lindenau (GESA-Fläche) sowie Teilflächen der privaten Flurstücke 583/a und 748 zu erwerben, um in einer Gesamtlösung mit privatem Schulneubau und auf einer Fläche von rund 8.800 m² eine öffentliche Grünanlage zu entwickeln. Aufgrund der Haushaltslage der Stadt Leipzig ist ein Erwerb von Grundstücken, die nicht der infrastrukturellen Grundversorgung oder wirtschaftlichen Investition dienen, derzeit weder darstellbar noch haushaltsrechtlich zulässig.“
Aber das Amt merkte auch an: „Darüber hinaus müsste ein möglicher Ankauf der altlastenbehafteten Fläche von der Landesdirektion (LDS) genehmigt werden.“
Man hat also sehr wohl bemerkt, dass sich die GESA mit dem angekündigten Verkauf ihrer ureigensten Aufgabe entledigen will, hier – mit Bundesmitteln – die Altlasten (einer einst hier befindlichen Lackiererei) überhaupt erst einmal zu beseitigen, bevor das Grundstück wieder auf den Markt kommt.
Pia Heine fragte deshalb ganz konkret nach, ob denn dann die Stadt an die Altlastensanierung denke.
„Die Fläche fällt unter die Freistellungsregelungen nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (URG). Allerdings bestand für die GESA bislang keine Veranlassung, Maßnahmen zur Freistellung des Grundstücks oder dessen Sanierung anzustrengen“, stellt das Liegenschaftamt dazu trocken fest. „Die eingebrachte Abdeckung auf der Fläche verhindert das Eindringen von Oberflächenwasser bzw. dessen Vordringen in die Hauptbelastungszone (ca. 2 – 3 m unter Gelände). Der Standort gilt als ‚gesichert‘.“
Von gesichert kann keine Rede sein
Was schon einmal als deutliche Kritik am Vorgehen der GESA gelesen werden kann. Denn die Warnungen der GESA vor dem Betreten dieses Geländes bezeugen eben das Gegenteil: Hier ist gar nichts wirklich gesichert. Im Gegenteil, wie das Liegenschaftsamt feststellt: „Soweit bekannt, ist die vorhandene Kellerverfüllung instabil, sodass bei einer Nutzung mit Einstürzen zu rechnen ist. Eine Tiefenenttrümmerung wäre erforderlich, jedoch stehen unter der aktuellen Haushaltslage keine Mittel zur Verfügung.“
Und das Liegenschaftsamt betont auch, dass hier zwingend noch gehandelt werden muss: „Für die Nutzung der Fläche als öffentliche Grünanlage ist eine Altlastensanierung erforderlich.“
Noch verblüffender ist, dass die GESA nun auf einmal Verkaufspläne hegt, nachdem sie nach Auskunft des Liegenschaftsamtes die Belastung der Fläche erst genauer untersucht hat: „Im Februar 2024 beauftragte die GESA eine Untersuchung der Kontaminationssituation, die jedoch keine Kostenschätzung enthält.“
Und auch Pia Heine wollte wissen, wie es nach dem Ende der Pläne für den Schulcampus auf dem Jahrtausendfeld weitergeht.
In der Verwaltung mache man sich derzeit Gedanken darüber, bestätigte das Liegenschaftsamt: „Eine Fortführung des Planungsprozesses mit der Entwicklung einer Gesamtlösung aus den vorliegenden Varianten des Vorentwurfs erscheint ohne konkrete Schulentwicklungspläne und damit ohne städtebauliche Zielentwicklung nicht sinnvoll.
Ein wesentlicher Bestandteil der Planung war die Etablierung einer öffentlichen Grünfläche im Zusammenspiel mit der beabsichtigten Schulnutzung. In Kürze ist eine Information und Aussprache im Fachausschuss Stadtentwicklung und Bau zur geänderten neuen Sachlage und zur Positionierung der Stadt Leipzig vorgesehen.“