
Stand: 10.11.2025 08:16 Uhr
In Vechta hat es einen weiteren Ausbruch der Vogelgrippe gegeben. Nach Angaben des Landkreises ist eine Hühnerhaltung mit rund 38.000 Legehennen betroffen. Die Tiere wurden getötet.
Das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) hatte demnach am Freitag in dem Betrieb im Ortsteil Telbrake eine Probe entnommen. Die Untersuchung bestätigte, dass es sich um die Geflügelpest handelt. Zuvor waren zwei neue Fälle im Landkreis Rotenburg bestätigt worden. Rund 44.000 Tiere aus zwei Masthähnchenbetrieben in der Samtgemeinde Selsingen wurden getötet. Schutzzonen von mindestens drei Kilometern und Überwachungszonen von mindestens zehn Kilometern rund um die betroffenen Betriebe wurden eingerichtet.
Hier dürfen Jägerinnen und Jäger kranke Kraniche schießen
Kraniche sind durch das Bundesnaturschutzgesetz besonders geschützt. Für Tiere, die augenscheinlich an der Vogelgrippe erkrankt sind, haben die Landkreise Stade und Verden jetzt eine Ausnahmeregelung erteilt. „Die Jägerschaft verkürzt durch das sachkundige Töten das Leiden der Tiere“, sagt Sibylle Witthöft, Leiterin des Amtes Veterinärwesen und Verbraucherschutz. Erkrankte Kraniche würden taumeln und könnten nicht flüchten. Teilweise würden die Tiere mit ausgebreiteten Flügeln auf einer Wasseroberfläche liegen und ertrinken. Hilfe gebe es für die Vögel nicht. Die Ausnahmeregelung gilt im Landkreis Verden bis Ende Dezember, im Landkreis Stade bis Ende Januar. Der Landkreis Heidekreis hat auch eine entsprechende Allgemeinverfügung für Wildvögel wie Kraniche und Wildgänse erlassen, die typische Symptome zeigen. Bevor sie schießen, müssen Jäger sich die Tötung aber telefonisch genehmigen lassen. Die Allgemeinverfügung gilt bis zum 15. Januar.

Iris Tapphorn aus Lohne hält 6.500 Gänse, die noch vom Virus verschont sind. Trotzdem zieht sie, wo es geht, Schlachtungen vor.
Auch Ministerium ist für Abschuss kranker Kraniche
Am Mittwoch hat sich auch das niedersächsische Landwirtschaftsministerium für den Abschuss kranker Kraniche ausgesprochen. Die Landkreise sollten prüfen, ob sie in Ausnahmefällen die Tötung schwer erkrankter Kraniche erlauben. „Wir möchten nicht, dass sich das Virus in irgendeiner Form anpasst oder verändert“, sagte Abteilungsleiter Jörg Baumgarte. Das Umweltministerium ergänzte, dass Jägerinnen und Jäger betroffene Vögel nur mit Genehmigung schießen dürften. Das könne weiteres Leiden vermeiden und eine Verbreitung des Virus teils verhindern.
Knapp 840.000 Tiere wegen Vogelgrippe verendet oder getötet
Mit Stand Mittwochnachmittag sind laut Landwirtschaftsministerium in Niedersachsen knapp 840.000 Tiere verendet oder getötet worden. Seit Mitte Oktober wurden Ministeriumsangaben mehr als 30 Ausbrüche in Geflügelbetrieben registriert. „Schwerpunktmäßig betrifft es den Landkreis Cloppenburg“, sagte Baumgarte. Dieser „steche schon heraus“. Mehr als 20 Landkreise hätten eine Aufstallung angeordnet, weitere eine einzelbetriebliche Aufstallung.

Viele Wildvögel fallen aktuell der Vogelgrippe zum Opfer. Geflügelhalter in Norddeutschland trifft die Ausbreitung des Virus hart.
Diese Landkreise sind von der Vogelgrippe aktuell betroffen
In Niedersachsen gab es zuletzt Ausbrüche bei Geflügelhaltern in mehreren Landkreisen. Betroffen waren seit Oktober folgende Kommunen:
- Gemeinde Bösel: Putenmastbetrieb (10.000 Puten)
- Gemeinde Bösel: Putenmastbetrieb (10.100 Puten)
- Gemeinde Bösel: Putenmastbetrieb (25.000 Puten)
- Gemeinde Bösel: Putenbetrieb (11.400 Puten)
- Gemeinde Garrel: Putenmastbetrieb (20.100 Puten)
- Gemeinde Garrel: Putenmastbetrieb (8.800 Puten)
- Gemeinde Garrel: Entenmastbetrieb (5.300 Enten)
- Gemeinde Garrel: Putenmastbetrieb (7.400 Puten)
- Gemeinde Garrel: Putenmastbetrieb (3.300 Puten)
- Gemeinde Garrel: Putenmastbetrieb (2.800 Puten)
- Gemeinde Garrel: Putenmastbetrieb (16.000 Puten)
- Stadt Friesoythe: Putenmastbetrieb (5.000 Puten)
- Gemeinde Garrel: Putenbetrieb (10.500 Puten)
- Stadt Friesoythe: Putenbetrieb (9.400 Puten)
- Gemeinde Stuhr: Legehennenbetrieb (1.300 Hühner)
- Samtgemeinde Barnstorf: Legehennenbetrieb (10.700 Hühner)
- Samtgemeinde Barnstorf: Legehennenbetrieb (37.200 Hühner)
- Samtgemeinde Altes Amt Lemförde: Putenbetrieb (18.000 Puten)
- Samtgemeinde Rheden: Gänsehaltung (2.500 Gänse)
- Gemeinde Geeste: Putenmastbetrieb (4.400 Puten)
- Samtgemeinde Lengerich: Putenmastbetrieb (18.000 Puten)
- Samtgemeinde Tostedt: Geflügelmastbetrieb (13.000 Gänse und 26.000 Enten)
- Samtgemeinde Tostedt: Gänsehaltung (80 Gänse)
- zwischen Soltau und Munster: Wildtierstation (15 Hühner und Enten)
- Gemeinde Ganderkesee: Geflügelmastbetrieb (5.400 Gänse und 550 Puten)
- bei Wildeshausen: Putenbetrieb (2.500 Puten)
- Stadt Bremervörde: Putenmastbetrieb (8.800 Puten)
- Samtgemeinde Selsingen: Putenmastbetrieb (13.800 Puten)
- Landkreis Rotenburg/Wümme: Hobbyhaltung (22 Hühner, Enten und Gänse)
- Samtgemeinde Selsingen: zwei Hähnchenmastbetriebe (44.000 Tiere)
- Samtgemeinde Fredenbeck: Putenmastbetrieb (10.000 Puten)
- Samtgemeinde Oldendorf-Himmelpforten: Geflügelbetrieb (6.700 Tiere)
- Lutten: Legehennenbetrieb (130.000 Hühner)
- Gemeinde Goldenstedt: Putenmastbetrieb (9.700 Puten)
- Stadt Vechta: Putenmastbetrieb (14.600 Puten)
- Stadt Vechta: Putenmastbetrieb (24.000 Puten)
- Stadt Vechta, Ortsteil Telbrake: Putenmastbetrieb (13.150 Puten)
- Stadt Vechta, Ortsteil Spreda: Legehennenbetrieb (175.000 Hühner)
- Stadt Vechta, Ortsteil Telbrake: Legehennenbetrieb (38.000 Hühner)
Vogelgrippe: Wieso sich im Landkreis Cloppenburg Fälle häufen
Mit inzwischen 14 Fällen ist insbesondere der Landkreis Cloppenburg von Ausbrüchen betroffen. Das liegt nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums auch an der hohen Zahl an Geflügelbetrieben dort. Im Jahr 2024 gab es dem Landkreis zufolge dort 2.257 Geflügelhaltungen mit rund 12,3 Millionen Tieren. In der Region hat es daher auch in den vergangenen Jahren vermehrt Ausbrüche der Vogelgrippe gegeben.
Massentierhaltung bei Geflügel in der Kritik
Mit Blick auf die massenhaften Tötungen äußerte die Landesbeauftragte für Tierschutz Kritik. „Ich halte die gesamte Tierseuchenpolitik aus Sicht des Tierschutzes für fragwürdig“, sagte Julia Pfeier-Schlichting dem Politikmagazin „Rundblick“. Die Tiermedizinerin forderte eine Pflicht für präventive Maßnahmen. Dazu müssten EU-Regeln angepasst werden. Auch die Massentierhaltung bei Geflügel kritisierte Pfeier-Schlichting. Der Wechsel von weniger ansteckenden zu hochansteckenden Erregern passiere dort „und nicht in der Natur“, sagte sie mit Verweis auf einen Experten des Friedrich-Loeffler-Instituts. Der geringe Abstand von Betrieben untereinander in einigen Regionen Niedersachsens erhöhe außerdem das Übertragungsrisiko.
Vogelgrippe: Von auffälligen Tieren fernhalten
Offizielle Bestätigungen von Ausbrüchen veröffentlicht das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) im Tierseuchen-Informationssystem. Nach Angaben des FLI kann das Virus auch durch verunreinigtes Schuhwerk oder Gerätschaften verbreitet werden. Es bestehe zudem der Verdacht, dass die Ausbreitung in geflügeldichten Regionen auch über Aerosole möglich ist, sagte Landwirtschaftsministerin Staudte. Das Virus gilt als eher ungefährlich für den Menschen. Sie könnten jedoch auch zu Trägern werden, die das Virus weiterverbreiten, sagte ein Sprecher der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer. Man sollte toten oder kranken Wildvögeln daher nicht zu nahe zu kommen.

Niedersachsens Landwirtschaftsministerin appelliert zugleich: „Wir müssen einen kühlen Kopf bewahren“.

Alle Sicherheitsmaßnahmen müssten konsequent umgesetzt werden, sagte Friedrich-Otto Ripke vom Landesverband der Niedersächsischen Geflügelwirtschaft auf NDR Info.

Für Besucher gibt es noch keine Einschränkungen. Doch hinter den Kulissen bereiten sich auch Zoos auf den Ernstfall vor.

Die Vogelgrippe breitet sich im Norden weiter aus. In einigen Regionen ist eine Stallpflicht für Geflügel verhängt worden.

In der ARD Audiothek hören Sie die neuesten Folgen des NDR Feuerwehrpodcasts Mein Einsatz zuerst.