Gostenhof, das zunächst zur geografischen Einordnung, liegt ziemlich zentral im Freistaat Bayern – ein zentrumsnaher Stadtteil von Nürnberg, gelegen auf dem Weg nach Fürth. Wären die Wahlergebnisse von „Goho“, wie Kenner sagen, repräsentativ für ganz Bayern, so würde das Land von einem oder einer Linken regiert, in einer Koalition mit den Grünen.

Eine komfortable Mehrheit hätte diese dunkelrot-grüne Regierung. Bei der Bundestagswahl kam die stärkste Partei von Goho, die Linke, zusammen mit den Grünen auf weit mehr als 50 Prozent der Stimmen.  Alle linken Parteien zusammen – darunter die im Viertel immer gut sichtbare MLPD, die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands – vereinigen eine satte Zwei-Drittel-Mehrheit auf sich (auch ohne BSW).

Die CSU? Ist eine passabel integrierte, wenn auch kaum wahrnehmbare Randgruppe und wird selbstredend geduldet, die Künstler, Freigeister und Kreativen sind da generös. Kurzum, ein Soziotop wie das von Gostenhof dürfte es in Bayern kein zweites Mal geben. Und so hatte der Stadtrat gute Gründe, exakt dort mal ein paar „Superblocks“ auszuprobieren.

Tischtennisplatten, Blumenkübel und Straßenbemalung: ein Nürnberger „Superblock“.Tischtennisplatten, Blumenkübel und Straßenbemalung: ein Nürnberger „Superblock“. (Foto: Olaf Przybilla)

Die Idee stammt aus Barcelona, man stoppt den Durchgangsverkehr zugunsten von bunten Blumenkübeln, Sportgerät, gerne auch Gemüsebeeten. Etliche deutsche Großstädte haben das schon nachgemacht, zum Teil mit eher durchwachsenem Erfolg. Gostenhof aber? Wo bitte soll denn in Bayern ein Schlag oder mindestens mal ein zartes Schlägchen gegen die Autos-first-Kultur harmonisch gelingen, wenn nicht bei den Künstlern, Freigeistern, Kreativen?

Kurzer Besuch also in Goho, hui, das hätte man sich aber harmonischer vorstellen können. Nicht nur hübsch bemalt sind die Superblocks, auch robust besprayt. Wer Informationen einholt, was sich exakt hinter dem Spruch „Mietenstopp statt Superblock“ verbergen könnte, erfährt viel Grundsätzliches.

Protest gegen die Superblocks – hier direkt am Superblock aufgetragen.Protest gegen die Superblocks – hier direkt am Superblock aufgetragen. (Foto: Olaf Przybilla)

Würde alles Auto-lärmig und ästhetisch herausfordernd sein und bleiben in den Straßen von Goho, so gäb’s da weniger Gentrifizierung, ist offenbar damit gemeint – jedenfalls so in etwa. Andere schimpfen über unvermittelte Tischtennis-Töne vor dem Fenster samt notorischem Hüpfseil-Terror. Und überhaupt: Wo sind all die Autoparkplätze hin (auch für Künstler)?

Man soll sich ja nie einmischen in den Ärger unter Nachbarn, schon gar nicht unter Aktivisten. Das aber lässt sich auch aus gebotener Distanz beobachten: Nicht zuletzt befehden sich da gerade Künstler, Freigeister und Kreative mit Kreativen, Freigeistern und Künstlern.

Die FDP? Erreicht in Goho schöne Wahlergebnisse im niedrigen einstelligen Bereich, hat aber gerade richtig Spaß. Den „Zoff in Gostenhof“ vorherzusagen, hätte es keiner „hellseherischen Fähigkeiten“ bedurft, kommentiert sie in einer Erklärung. Für ein Jahr zunächst sollen die Superblocks ausprobiert werden, „notfalls“, so fordern es die Freidemokraten, müsse man das alles eben zuvor schon „beenden“.

Befrieden, so haben sie sich in Gostenhof verständigt, soll die Nachbarn vorerst ein runder Tisch. Und wer weiß es denn? Womöglich kann ja gemeinsames Verlesen einer FDP-Erklärung das Viertel wieder menschlich zueinander bringen.