Das Studierendenparlament der Humboldt-Universität Berlin hat am Montagabend einen Beschluss aufgehoben, der die Zusammenarbeit mit BSD-nahen Gruppen ausschloss.

Bei rund 40 Anwesenden habe es vier Gegenstimmen von Mitgliedern der SPD-nahen Juso-Hochschulgruppen gegeben und vier Enthaltungen, teilte ein HU-Student dem Tagesspiegel mit.

Seit 2018 galt für die Studierendenschaft der HU ein Beschluss, der die BDS-Bewegung („Boycott, Deinvestment, Sanctions“) als antisemitisch verurteilte. Er schloss aus, dass dem BDS nahestehende Gruppen vom Studierendenparlament (StuPa) oder dem RefRat, also dem HU-Asta, unterstützt werden.

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Eingebracht wurde die Aufhebung des BDS-Banns von der Linken Liste (LiLi), nach Eigenbezeichnung eine parteiunabhängige Hochschulgruppe, die sich unter anderem für Bildungsgerechtigkeit, Antifaschismus, Feminismus und Antirassismus einsetzt.

Präsidium prüft Konsequenzen für Raumvergabe

Die HU teilte auf Anfrage dazu mit, das Präsidium werde den Beschluss „sorgfältig auswerten und prüfen, ob daraus gegebenenfalls Konsequenzen in Bezug auf Raum- oder andere Ressourcenvergaben zu ziehen sind“. Es habe die Rechtsaufsicht über die verfasste Studierendenschaft. Die HU weist darauf hin, dass das Studierendenparlament nur die Meinung der im Studierendenparlament vertretenen Gruppen wiedergebe.

„Das Präsidium lehnt einen Boykott akademischer Einrichtungen in Israel ab und führt die Zusammenarbeit mit den israelischen Partnern weiter“, heißt es seitens der HU noch. Die Universitätsleitung habe diese Haltung zur Zusammenarbeit mit akademischen Einrichtungen in Israel wiederholt in Gremien und gegenüber Mitarbeitenden deutlich gemacht.

Aus dem Antrag der Linken Liste ging erst einmal nicht direkt hervor, dass er sich gegen den BDS-Beschluss richtete. Unter dem Titel „Beschlussbereinigung“ wurde nur auf einen Tagesordnungspunkt einer früheren Stupa-Sitzung verwiesen. Tatsächlich handelte es sich dabei um den Beschluss „Gegen jeden Antisemitismus – stoppt die BDS-Bewegung!“, für den die verfasste Studierendenschaft der HU 2018 gestimmt hatte.

Das Stupa verurteilte die Bewegung damals „aufs Schärfste“ und erklärte, es lehne „die Ziele der antisemitischen BDS-Kampagne entschieden ab“. Das Recht des Staates Israel auf Existenz und Selbstverteidigung sei nicht verhandelbar.

CDU-nahe Hochschulgruppe initiierte den Beschluss

Daraus folgte für Studi-Aktivitäten an der HU: „Gruppen, die bekannterweise die BDS-Bewegung unterstützen, entzieht die Verfasste Studierendenschaft jedwede Unterstützung.“ Das betraf auch „die Vergabe von Räumen, finanziellen Mitteln und anderen Ressourcen“.

Der Beschluss von 2018 ging auf den RCDS zurück, also die CDU-nahe Hochschulgruppe an der HU. Nach einem Änderungsantrag der Juso-Gruppe wurde er angenommen: Es kam damals also ein Konsens über die politischen Lager hinweg zustande.

Diese Grundlage ist nun weggefallen, mit der angenommenen „Beschlussbereinigung“ wurde der frühere Beschluss rückgängig gemacht. Dem HU-Studenten zufolge hat die Linke Liste die absolute Mehrheit im Parlament. Sie sei außerdem „eng angebunden an die Jugendorganisation Solid der Partei ,Die Linke’“, sagte er dem Tagesspiegel.

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Nach dem Bundeskongress der „Linksjugend“ kocht die Diskussion um Antisemitismus bei den Linken erneut hoch. Israelsolidarische Delegierte seien bedroht worden, manche frühzeitig abgereist. Prominente Linkspolitiker wie Bodo Ramelow und Gregor Gysi warnten daraufhin in einem Brandbrief vor Israelhass. Mit seinem Beschluss stelle sich der Verband gegen die Zweistaatenlösung. Die Parteivorsitzenden wiesen darauf hin, dass die Haltung des Jugendverbands nicht mit der Parteilinie vereinbar sei.

Hinweis: In einer früheren Version hieß es, Solid lehne die Zweistaatenlösung ab. Tatsächlich aber schrieben Ramelow, Gysi und weitere Linkspolitiker in ihrem Brandbrief, der Jugendverband stelle sich mit seinem Beschluss gegen die Zweistaatenlösung. Wir haben den Fehler korrigiert. Außerdem haben wir korrigiert, dass die Abstimmung am Montag, nicht am Dienstag, stattfand.