„Ach – schnäuz – geht schon irgendwie.“ Im Büro gebietet es zwar die Ethik, die restliche Belegschaft vor einer Ansteckung zu bewahren. Aber auch im Homeoffice ist die Annahme, im Krankenstand weiterarbeiten zu können, ein Trugschluss. Das zeigt ein deutsch-niederländisches Forschungsteam unter Beteiligung der Technischen Universität Chemnitz. Die Forschenden berichten im Journal of Occupational Health Psychology, dass Arbeiten trotz Krankheit nachweislich das Risiko für Erschöpfung (Fatigue) erhöht.

Im Rahmen der Untersuchung hat das Team 123 Teilnehmende 16 Wochen lang begleitet. Etwa zwei Drittel hätten in diesem Zeitraum von Präsentismus berichtet, also dem Arbeiten trotz Arbeitsunfähigkeit. In den Wochen, in denen Beschäftigte krank zur Arbeit gingen, stieg den Berichten zufolge das Erschöpfungsniveau deutlich an – und blieb auch in den darauffolgenden Wochen erhöht. Die Forschenden sehen dafür einen Beleg, dass Arbeiten im Krankenstand mit einer häufigeren chronischen Ermüdung einhergeht.

Spirale aus Überforderung und dauerhafter Erschöpfung

Als Ursache für diese Erschöpfung könne die Erkrankung selbst klar ausgeschlossen werden. Das Team habe dazu Faktoren wie Krankheitssymptome, Arbeitsbelastung und Zeitdruck in den Analysen berücksichtigt. Menschen, die krank arbeiten, brauchen deutlich länger, sich zu erholen. Wer Präsentismus regelmäßig zeige, laufe Gefahr, in eine Spirale aus Überforderung und dauerhafter Erschöpfung zu geraten.

Präsentismus könnte damit mittelfristig zu Leistungsabfall führen, sagen die Forschenden. Betriebe sollten deshalb – auch aus Kostengründen – ihre Beschäftigten animieren, sich bei Krankheit auszukurieren. Und auch Arbeitnehmenden müsse klar werden, dass Auskurieren keine Schwäche ist.