Der Grünen-Abgeordnete Turgut Altuğ wird zum 30. November aus Fraktion und Partei austreten. Das kündigt Altuğ in einer E-Mail an mehrere Grünen-Mitglieder und Akteure aus der Zivilgesellschaft an. Die Mail liegt dem Tagesspiegel vor. Altuğ begründet den Schritt unter anderem damit, dass die Fraktion die ökologischen Kernthemen der Grünen vernachlässige. Zudem agiere die aktuelle Fraktionsführung um Bettina Jarasch und Werner Graf mit „autoritärer Hand“.
„Der Raum für offene Debatten hat sich insbesondere nach den letzten beiden Wechseln an der Fraktionsspitze immer weiter verengt, hin zu einem Einheitsbrei an Meinungen, mit kaum Platz für Widerspruch oder Rückgrat“, schreibt Altuğ. Die „Grenze zwischen legitimer Fraktionsdisziplin und illegitimen Fraktionszwang“ verschwimme, Minderheitsmeinungen würden unterdrückt.
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Altuğ ist aktuell noch Sprecher für Naturschutz, Umwelt- und Naturbildung sowie Ernährung und Landwirtschaft seiner Fraktion. Er beklagt, dass er zunehmend in Themen aus seinem Arbeitsbereich nicht eingebunden worden sei. „Dass mir die Fraktionsspitze mein Herzensthema ‚Bäume‘ aus der Hand gerissen hat, weil es durch den sog. Volksentscheid Baum öffentlich an Bedeutung gewonnen hat, empfinde ich als Fachabgeordneter als mehr als respektlos“, schreibt Altuğ.
Der Grünen-Politiker kritisiert zudem eine zu große Nähe seiner Fraktion zur Linkspartei. Er vermisse „eine klare inhaltliche Abgrenzung der Grünen gegenüber dieser Partei, die zudem Antisemitismus in den eigenen Reihen“ kaum bekämpfe. „Nicht zuletzt dominiert auch die sogenannte Identitätspolitik zunehmend die Arbeit in der Grünen Fraktion und Partei“, schreibt Altuğ. „Gleichzeitig lebt eine große Mehrheit der Partei in ihrer eigenen ‚Bubble‘ und entfernt sich immer weiter von der Lebensrealität vieler Berlinerinnen und Berlinern.“
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Der 60-jährige Altuğ wuchs in der Türkei auf. 1992 kam er nach Deutschland, 2006 trat er den Grünen bei. Seit 2011 sitzt er im Berliner Parlament und hat seinen Wahlkreis in Friedrichshain-Kreuzberg dabei jeweils direkt gewonnen. Für die Wahl 2026 wurde er nicht erneut als Direktkandidat nominiert. Altuğ kündigt an, einer anderen Fraktion beizutreten – welche bleibt in dem Schreiben offen.