Toronto – Es gibt wohl kaum einen anderen Rockstar, dessen Spitznamen so despektierlich klingen – und zugleich so liebevoll gemeint sind: „Alter Zausel“, „Onkel Neil“, „Shakey“ – so nennen vor allem seine Fans Neil Young. Jenen Mann, der an diesem Mittwoch unglaubliche 80 Jahre alt wird.
Man muss allerdings genau hinhören, in welchem Tonfall Young-Fans von „ihrem“ Onkel Neil sprechen: Er ist voller Hingabe, Wärme und Respekt. Die scheinbar despektierlichen Spitznamen sind in Wahrheit Liebkosungen.
Seltener Auftritt: Neil Young mit seiner dritten Ehefrau, Hollywoodstar Daryl Hannah (64, „Blade Runner“, „Kill Bill“)
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Das liegt daran, dass Neil Young zu den wenigen Rockstars gehört, die über die Jahrzehnte bodenständig und nahbar geblieben sind. Wer seine Lieder hört oder ihn live erlebt, hat das Gefühl, ihn persönlich zu kennen, so viel Liebe und Menschlichkeit liegt in seiner Musik. Und Liebe ist das richtige Stichwort, wenn es um Neil Young geht: die Liebe zum Planeten Erde, zu seiner Natur – und, trotz aller Zweifel, zu den Menschen.
Auch mit 80 wettert Neil Young weiter
Bereits als Schüler spielte Neil Young in diversen Bands. Hier gibt er 1978 ein Konzert in Atlanta (USA), kurz vor seinem 33. Geburtstag. Auch heute steht der Musiker weiterhin auf der Bühne
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Neil Young ist womöglich der letzte große Hippie der Protestgeneration des Rock’n’Roll, einer, der sich deren Ideale bis heute unverfälscht bewahrt hat. Mit Klassikern wie „After the Gold Rush“, „Harvest“ oder „On the Beach“ hat er Folk, Rock und Country geprägt – ebenso wie mit seinen Bands Buffalo Springfield und Crosby, Stills, Nash & Young.
Young mit Hut und seiner Band Buffalo Springfield bei einem Konzert im Jahr 2010. An zwei Abenden spielte die Gruppe erstmals seit ihrer Trennung 1968 wieder zusammen
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Seine größten Zeiten waren die 60er- und 70er-Jahre, doch auch später gelang es ihm immer wieder, neue Generationen zu erreichen. In den 90ern wurde er von Grunge-Bands wie Nirvana und Pearl Jam verehrt. Mit Pearl Jam nahm er das Album „Mirror Ball“ auf und ging auf Tournee. Damals kam ein weiterer Spitzname hinzu: Neil Young wurde zum „Godfather of Grunge“.
Auch mit 80 wettert Neil Young weiter gegen Kapitalismus, Umweltzerstörung und Krieg. Der Titel eines seiner berühmtesten Songs, „Rockin’ in the Free World“, ist zu seinem Lebensmotto geworden. Mit flammender Inbrunst verachtet er soziale Medien und die dahinter stehenden Tech-Konzerne, ebenso Spotify und Musikstreaming überhaupt. Zwischenzeitlich zog Young seinen gesamten Katalog von der Plattform zurück.
Die Behinderung seiner Kinder hat Neil Young geprägt
Neil Young mit seinen Söhnen Ben (46) und Zeke (53, im Rollstuhl)
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Vielleicht erklärt sich die Demut des Neil Young auch durch die Rückschläge, die er im Leben erfahren hat. In seiner Kindheit litt Young an Epilepsie und Polio. Seine Söhne Ben und Zeke wurden mit Zerebralparese geboren, seine Tochter Amber Jean leidet an Epilepsie.
Die Erfahrung, Kinder mit Behinderungen großzuziehen, hat ihn tief geprägt. Gemeinsam mit seiner damaligen Frau Pegi gründete er die Bridge School – eine Schule für Kinder mit geistigen und körperlichen Beeinträchtigungen, die er mit zahlreichen Benefizkonzerten unterstützte.
Amber Young (41) Neils Tochter, arbeitet heute als Bildende Künstlerin
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2005 überlebte Neil Young eine lebensbedrohliche Blutung nach einer Aneurysma-Operation. Seitdem, sagt er, betrachte er die Jahre als Zugabe.
Abseits der Bühne führt Young mit seiner dritten Ehefrau, Schauspielerin Daryl Hannah, ein zurückgezogenes Leben. Nach Jahrzehnten in Kalifornien zog das Paar 2020 zurück nach Kanada – in die Nähe von Omemee, wo Young einen Teil seiner Kindheit verbracht hat.
Wie also feiert ein Mann wie Neil Young seinen 80. Geburtstag? Vielleicht, indem er sich über eines seiner Fahrzeuge beugt – alle betrieben mit erneuerbaren Kraftstoffen – oder mit Daryl Hannah neue Pläne zur Rettung des Planeten schmiedet. Ruhestand jedenfalls ist kein Konzept für jemanden, dessen Spitzname „Shakey“ auch seiner rastlosen Energie geschuldet ist.
Und vielleicht liegt genau darin die Kunst des würdevollen Alterns. Möge er uns noch lange erhalten bleiben.