Bochum – Eigentlich sollte die Frau (61) aus der Ukraine auf die demenzkranke Seniorin (92) aufpassen. Doch keine zwei Wochen nach ihrer Anstellung nahmen Polizisten die Pflegerin fest. Der Vorwurf: Sie soll die alte Dame die Treppe heruntergestoßen und ihr immer wieder mit einem Badeschlappen ins Gesicht geschlagen haben!
Seit Dienstag steht Anneta P. vor dem Landgericht Bochum (NRW). Staatsanwältin Laura Baumgart wirft ihr u. a. gefährliche Körperverletzung und Misshandlung von Schutzbefohlenen vor. Sie habe „eine wegen Gebrechlichkeit oder Krankheit wehrlose Person“ gequält. Marianne K. erlitt eine Wunde am Hinterkopf, eine blutende Wunde am Arm sowie Hämatome und Prellungen. Sie musste für mehrere Tage ins Krankenhaus.
Staatsanwältin Laura Baumgart wirft der Pflegerin u. a. gefährliche Körperverletzung vor
Foto: Andreas Wegener
Anneta P. ist ausgebildete Ingenieurin. Sie schulte zur Krankenpflegerin um, hatte dann mehrere Aufträge in Deutschland. Als 24-Stunden-Betreuung zog sie am 12. Juli zu der Seniorin in Bochum. Die Angeklagte: „Ich hatte keine Probleme mit ihr. Ich habe Frühstück für sie gemacht, half ihr beim Anziehen und Zähneputzen und wusch die Wäsche. Außerdem kochte ich nach ihren Wünschen. Ich kann sehr gut kochen …“
Streit über Einkäufe
Die Bewohnerin habe jedoch ihre Medikamente nicht regelmäßig genommen. Zudem habe es Streit gegeben. Angeblich schimpfte Marianne K., weil Anneta P. zu viel eingekauft hatte. Einmal habe die Seniorin sie sogar mit ihrem Gehstock gestoßen.
Am Tatabend, dem 21. Mai, will die Frau aus der Ukraine mit Rückenschmerzen im Bett gelegen haben, als sie Hilferufe hörte. „Ich fand sie blutend auf der Treppe, sie war gestürzt.“ Gewalt habe sie der Frau nicht angetan, beteuerte Anneta P. Vielmehr habe sie die Frau verbunden, die Wunden mit gefrorener Butter gekühlt und ihr morgens einen Cappuccino zubereitet.
Richter Dr. Thorsten Fülber (52) wunderte sich mehrfach über veränderte Aussagen der Angeklagten
Foto: Andreas Wegener
Richter Dr. Thorsten Fülber (52) warf der Angeklagten vor, dass ihre Aussage in vielen Punkten von vorherigen Angaben abwich. Sie: „Ich möchte mich dafür entschuldigen. Ich hatte damals vier Nächte nicht geschlafen und hatte viel Stress.“
Marianne K. traute sich nicht in Wohnung zurück
Dem Opfer dürfte es weitaus schlimmer ergangen sein. Nach Krankenhausaufenthalt und Reha zog Marianne K. in ein Seniorenheim. Nach Angaben der Staatsanwältin wollte sie nach dem schrecklichen Geschehen nicht länger in ihrer eigenen Wohnung leben.
Am 10. Dezember soll das Urteil fallen.