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Karlsruhe – Bittere Nachricht für Tausende Wirecard-Anleger: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Klage von Aktionären auf Auszahlungen aus der Insolvenzmasse abgewiesen. Damit bleibt es bei der üblichen Reihenfolge: Erst die Gläubiger – dann, wenn überhaupt, die Aktionäre.
Der für Insolvenzrecht zuständige IX. Zivilsenat des BGH hob ein anderslautendes Urteil des Oberlandesgerichts München auf. Dieses hatte Anlegern zuvor Hoffnung gemacht, doch die Richter in Karlsruhe setzten nun einen Schlussstrich: Aktienbesitz bedeutet Miteigentum – kein Anspruch auf Entschädigung aus der Konkursmasse.
Milliarden futsch
Wirecard war einst der große deutsche Fintech-Star, stieg 2018 sogar in den Dax auf. Doch im Juni 2020 platzte der Traum: 1,9 Milliarden Euro, angeblich auf Treuhandkonten in Asien, existierten schlicht nicht. Die Folge: der größte Bilanzskandal der Nachkriegsgeschichte – und der erste Dax-Konzern, der je in die Insolvenz ging.
Seitdem kämpfen Gläubiger und Anleger um ihr Geld. Insgesamt stehen Forderungen von 15,4 Milliarden Euro im Raum – darunter von rund 50.000 Aktionären, die Schadensersatz anmeldeten. Doch der Insolvenzverwalter Michael Jaffé hat nur etwa 650 Millionen Euro in der Masse – viel zu wenig für alle. Mit dem heutigen Urteil ist klar: Für die Aktionäre bleibt wohl nichts übrig.
Der Fondsanbieter Union Investment hatte im Pilotverfahren argumentiert, die Anleger seien von Wirecard-Managern bewusst betrogen worden – ihre Forderungen müssten daher gleichrangig mit denen der Gläubiger behandelt werden. Doch der BGH folgte dieser Sicht nicht. Die Insolvenzordnung sei eindeutig, so die Richter: Aktionäre tragen das volle Risiko – auch im Fall von Betrug.
Markus Braun (56) galt einst als Visionär des deutschen Fintech-Wunders – heute steht der Ex-Wirecard-Chef als Hauptangeklagter im milliardenschweren Betrugsprozess um den einstigen Dax-Konzern vor Gericht
Foto: picture alliance / SVEN SIMON
Weitere Wirecard-Prozesse laufen
▶︎ Das heutige Urteil ist nur ein Teil der juristischen Aufarbeitung. Am Mittwoch wurde in München der Strafprozess gegen Ex-Vorstandschef Markus Braun fortgesetzt. Und schon am Freitag geht es vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht weiter: Dort hoffen Anleger im Kapitalanleger-Musterverfahren noch auf Schadensersatz – vor allem von Wirtschaftsprüfer EY, die die Wirecard-Bilanzen jahrelang testiert hatten. Doch auch hier sieht es schlecht aus: EY wurde in dem Verfahren bereits aus der Schusslinie genommen.