Die Entsendung der USS Gerald R. Ford, des größten Flugzeugträgers der Welt, in die Karibik hat Warnungen über eine militärische Eskalation zwischen den USA und Venezuela ausgelöst. Unterstützt durch weitere Kriegsschiffe, ein atomgetriebenes U-Boot und Dutzenden von taktischen Flugzeugen, hat das US-Militär die größte Präsenz in der Region seit der Invasion Panamas 1989 aufgebaut, schreibt der „Guardian“.

Präsident Donald Trump rechtfertigt diese massive Mobilisierung mit dem Kampf gegen den Drogenhandel und bezeichnet die Einsätze gegen die Boote mutmaßlicher Drogenschmuggler, bei denen zuletzt Dutzende Menschen ums Leben kamen, als notwendige Maßnahme, um den Fluss illegaler Substanzen in die Vereinigten Staaten zu stoppen. Beobachter sehen darin jedoch vor allem einen Versuch, Druck auf Venezuelas Präsidenten Nicolás Maduro auszuüben, um ihn nach Vorwürfen über Wahlbetrug zum Rücktritt zu zwingen. Laut dem Wissenschaftler Christopher Sabatini von Chatham House, der im „Guardian“ zitiert wird, scheint das Weiße Haus auf einen „billigen Regimewechsel“ zu hoffen – ein Vorgehen, das nicht billig sei, da allein der Betrieb des Flugzeugträgers acht Millionen US-Dollar täglich koste.
„Gerald R. Ford“: So sieht es an Bord des US-Flugzeugträgers aus
Frankreich sieht Missachtung des Völkerrechts
Mit der Ankunft der USS Gerald R. Ford schätzen Experte laut „CNN“, dass mittlerweile rund 15.000 US-Soldaten in der Region stationiert sind. Neben der USS Gerald R. Ford umfasst die begleitende Kampfgruppe neun Luftgeschwader, drei Lenkwaffenzerstörer, ein integriertes Luft- und Raketenabwehrkommandoschiff sowie Tausende von Seeleuten. Außerdem haben die USA zehn F-35-Kampfjets und mindestens drei MQ-9-Reaper-Drohnen in Puerto Rico stationiert, das zur militärischen Schlüsselzone in der aktuellen Krise geworden ist ist. Laut Reuters befinden sich auch 5.000 US-Soldaten vor Ort. Die verstärkte US-Präsenz ging laut Medienberichten mit mehreren Bomberangriffsübungen in der Nähe der venezolanischen Küste einher.
Die Vorgänge sorgen international für erhebliche Spannungen und Kritik. Der französische Außenminister Jean-Noël Barrot äußerte die Besorgnis, die Militäroperationen des US-Militärs könnten zu Instabilität in der Region führen. „Wir haben die Militäroperationen in der Karibik mit Sorge beobachtet, weil sie das Völkerrecht missachten“, erklärte Barrot. Frankreich sieht sich aufgrund seiner überseeischen Gebiete in der Karibik direkt betroffen. Großbritannien hat sogar den Austausch von Geheimdienstinformationen mit den USA angesichts des rechtlichen Schattens der Militäroperationen ausgesetzt, um mögliche strafrechtliche Konsequenzen zu vermeiden.
Präsident Maduro reagiert mit einem umfassenden militärischen Gegeneinsatz
Auch die Rechtsexpertin Oona A. Hathaway von der Yale Law School kritisiert im „Guardian“ die Rechtmäßigkeit der US-Angriffe und weist darauf hin, dass „Bomben auf Menschen abzuwerfen, deren Identität man nicht kennt, ein Rechtsbruch ist“. Demokratische Politiker in den USA, darunter der demokratische Senator Adam Schiff, kritisieren ebenfalls die Rechtfertigung der Aktionen: „Es liest sich, als hätte man einem Anwalt den Auftrag gegeben: Geben Sie mir die bestmögliche Begründung dafür, warum das legal ist – seien Sie dabei so kreativ wie Sie wollen“, wird er in der „Washington Post“ zitiert.
Die Operationen der USA, die mittlerweile 76 Menschen das Leben gekostet haben, haben auch Konsequenzen in Venezuela selbst. Präsident Nicolás Maduro reagierte mit einem umfassenden militärischen Aufrüstungsprogramm und kündigte einen „massiven Einsatz“ von Land-, See-, Luft-, Fluss- und Raketenstreitkräften sowie zivilen Milizen an, um der US-Marine entgegenzuwirken. Maduro warf der Trump-Regierung vor, „einen neuen Krieg zu inszenieren“, und bezeichnete den Militäraufmarsch als „größte Bedrohung für unseren Kontinent in den letzten 100 Jahren“. Gleichzeitig verstärkt Russland seine Unterstützung für Venezuela und liefert Militärausrüstung, darunter Raketen- und Luftverteidigungssysteme.
Venezuela reagiert mit umfassendem militärischem Gegeneinsatz
Zusätzlich erklärte der venezolanische Verteidigungsminister Vladimir Padrino López, dass die bolivarische Miliz, eine von Hugo Chávez gegründete Reservetruppe aus Zivilisten, ebenfalls an den groß angelegten militärischen Übungen teilnehmen werde. Ziel dieser Übungen, die Teil von Maduros „Unabhängigkeitsplan 200“ seien, sei es, „Führung, Kontrolle und Kommunikation zu optimieren“ und die Verteidigung des Landes sicherzustellen, betonte López. Die regulären Streitkräfte Venezuelas umfassen etwa 123.000 Mitglieder, während Maduro erklärte, seine Freiwilligenmiliz bestehe mittlerweile aus über acht Millionen Reservisten. Experten bezweifeln jedoch sowohl die Zahl als auch die effektive Ausbildung dieser Milizen.
Hauptstadt Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion
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Der internationale Widerstand gegen die US-Aktionen spiegelt sich auch in diplomatischen Treffen wie dem Gipfel der Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten (Celac) wider. 58 von 60 anwesenden Nationen unterzeichneten eine Erklärung, in der sie Gewaltandrohungen und jegliche Handlungen, die nicht mit dem Völkerrecht vereinbar sind, kritisch ablehnen – allerdings ohne die USA direkt beim Namen zu nennen. Venezuelas Regierung und Nicaragua verzichteten auf eine Unterzeichnung der Erklärung, während Brasiliens Präsident Lula da Silva eine direkte Konfrontation mit den USA vermied und stattdessen betonte: „Wir sind eine Friedenszone. Wir brauchen hier keinen Krieg. Das Problem in Venezuela ist ein politisches Problem und muss auf politischem Wege gelöst werden.“
Verstoß gegen internationales Recht: Auch US-Offiziere haben Bedenken
Parallel dazu hat die Trump-Administration versucht, die rechtliche Grundlage für ihre Operationen zu untermauern. Ein geheimes Gutachten des Office of Legal Counsel (OLC) des Justizministeriums, aus dem die „Washington Post“ zitiert, argumentiert, dass solche Angriffe rechtlich legitim und die beteiligten Soldaten nicht für ihre Handlungen strafrechtlich verantwortlich seien. Es stützt sich dabei auf die Behauptung, dass Drogenkartelle durch den Verkauf von Drogen eine Kampagne der Gewalt und Erpressung gegen die Vereinigten Staaten finanzieren.

Hochrangige militärische und juristische Offiziere innerhalb der US-Regierung äußerten jedoch Bedenken, dass solche Operationen gegen internationales Recht verstoßen könnten, und zogen Parallelen zu den höchst umstrittenen Verhörmethoden der Bush-Regierung nach den Anschlägen vom 11. September 2001. Senator Schiff kritisierte das Gutachten: „Es würde den Einsatz von Gewalt nirgendwo auf der Welt einschränken“