Die Europäische Volkspartei (EVP) hat zusammen mit den Rechtsaußenfraktionen EKR, PfE und ESN im Europaparlament für eine Lockerung des Lieferkettengesetzes gestimmt. Das Parlament sprach sich damit für weitreichende Zugeständnisse an die Wirtschaft aus. Ein Kompromiss der EVP mit Sozialdemokraten und Liberalen war zuvor gescheitert.
Insgesamt stimmten 382 Abgeordnete in Brüssel für die Änderungen, bei 249 Gegenstimmen und 13 Enthaltungen. Der SPD-Europaabgeordnete René Repasi kritisierte im Anschluss die Abstimmung: „Die Christdemokrat:innen haben mit ihrem Rechtspakt die Brandmauer eingerissen.“ Die Stimmen der deutschen AfD waren für das Ergebnis zwar nicht entscheidend, die EVP habe aber aktiv mit Rechtsaußen-Parteien aus mehreren EU-Ländern zusammengearbeitet. Repasi forderte, nun müsse sich auch der Koalitionsausschuss in Berlin mit der Abstimmung beschäftigen.
Dröge sieht Merz in der Verantwortung
Kritik an der Abstimmung kam auch von den Grünen. Die Vorsitzende der Bundestagsfraktion, Katharina Dröge, sagte, dies sei ein „gigantischer Fehler“. „Auch CDU und CSU war es offenbar wichtiger, die EU-Lieferkettenrichtlinie auszuhöhlen, als die Brandmauer nach rechts zu halten.“ Dabei sei eine Mehrheit der politischen Mitte, inklusive der Grünen, bereit, sinnvolle Vereinfachungen mitzutragen, sagte die Grünen-Politikerin.
Weder im Bundestag noch im Europaparlament dürfe eine Mehrheit mit rechtsextremen Stimmen gesucht werden, sagte Dröge. Dafür, dass CDU und CSU mitgestimmt hätten, trage letztlich CDU-Chef Friedrich Merz die Verantwortung. „Merz hätte seinen Einfluss geltend machen müssen, um diese Abstimmung zu verhindern. Es ist wirklich bitter, dass ihm das Aushöhlen von Schutzstandards für Umwelt und Menschenrechte offenbar wichtiger war, als die Brandmauer aufrechtzuerhalten.“
© Lea Dohle
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Die europapolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Janina Böttger, teilte mit: „Die Konservativen hieven die Feinde Europas in Entscheidungsmacht – statt sie zu isolieren.“ Das Zusammengehen von Konservativen und Rechtsaußen sei ein Verrat an der Gründungsidee der EU.
Unionspolitiker wie EVP-Chef Manfred Weber feierten hingegen einen „guten Tag für Europas Wettbewerbsfähigkeit“. Seine Fraktion habe ihr Versprechen, „unnötige Belastungen für europäische Unternehmen zu beseitigen“, eingelöst. Für die Verhandlungen war in der EVP der schwedische Politiker Jörgen Warborn zuständig, der den Rechtsaußenfraktionen für ihre Unterstützung dankte.
Änderungen werden nun im EU-Rat verhandelt
Ursprünglich sollte das vor einem Jahr beschlossene Lieferkettengesetz Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von 450 Millionen Euro in die Pflicht nehmen, Menschenrechtsverletzungen und Umweltverschmutzung in den Lieferketten einzudämmen. Die Mehrheit im EU-Parlament stimmte nun jedoch für eine Anhebung dieser Schwelle auf 5.000 Beschäftigte und einen Jahresumsatz von mindestens 1,5 Milliarden Euro.
Zudem sollen Konzerne künftig nicht mehr ihre gesamte Lieferkette kontrollieren müssen, sondern sich auf ihre direkten Zulieferer konzentrieren. Außerdem sollen sie nur dort nachforschen, wo sie selbst ein hohes Risiko für Verstöße vermuten. Eine EU-weite Haftung für Verstöße gegen das Gesetz soll gestrichen werden. Mögliche Entschädigungen für Opfer von Menschenrechtsverletzungen und Umweltverschmutzung hängen damit von den nationalen Gerichten in den unterschiedlichen EU-Staaten ab.
Die Abgeordneten müssen nun mit dem Rat der 27 EU-Staaten über die Änderungen verhandeln. In den vergangenen Wochen hatten zahlreiche Regierungen auf eine rasche Einigung gedrängt, darunter auch Bundeskanzler Friedrich Merz.
Europäische Union
Torsten Safarik:
„Menschenrechte sind kein Papierkram“
Z+ (abopflichtiger Inhalt);
Lieferkettengesetz :
„Bürokratie pur“