Jetzt hat selbst der Regierende Bürgermeister genug von der Warterei. Kai Wegner, der die letzten Berlin-Wahlen noch als Vorsitzender der Autofahrerpartei CDU gewonnen hatte, blinkt nun in eine andere Richtung – und fordert seine Fraktion auf, das Anwohnerparken endlich teurer zu machen.
Vielleicht ist es auch ein politisches Abbiegemanöver: Da sich Berlins SPD gerade zerlegt, könnte es nach der Wahl in einem Jahr auf eine Koalition von CDU und Grünen zulaufen. Und immer mehr Platz für Autos ist selbst in der bürgerlichen Wählerschaft kein Gewinnerthema mehr, wenn es kaum ordentliche Radwege gibt und die neue Autobahn im Stau endet.
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Der Kommentar von Robert Ide zum Nachhören:
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Eine höhere Gebühr fürs Anwohnerparken als die bisher fälligen 20 Euro für zwei Jahre ist längst überfälliger Konsens, wird aber bisher in der CDU-Fraktion verschleppt. Die tüftelt noch an einem Gesamtkonzept, dessen Details kaum jemand kennt. Dabei ist schon lange klar: Mit den lächerlich geringen Gebühren wirft Berlin viel Geld zum Autofenster raus.

Robert Ide
schreibt unter anderem die Newsletter „Checkpoint“ und „Im Osten“ sowie Kolumnen über Liebe („Ins Herz“). Er ist Buchautor, Moderator und Experte zur deutschen Einheit.
Fast alle deutschen Städte haben ihre Preise für den knappen Platz massiv angehoben, im Bundeshauptdorf Bonn liegen die Gebühren sogar bei 300 Euro. In Berlin dagegen sind die Verwaltungskosten pro Parkausweis doppelt so hoch wie der Ausweis selbst. Die Hauptstadt macht jedes Jahr Millionenverluste, während gleichzeitig viele soziale Projekte zusammengekürzt werden.
Die Ausnahmen sind nicht das Problem, sondern die Regel ist es.
Robert Ide über die Parkregelungen in Berlin
Mit einem Gesamtkonzept könnten viele Ausnahmegenehmigungen wegfallen, die von Bezirk zu Bezirk unterschiedlich sind. Darüber lässt sich lange diskutieren. Aber nicht nur Wegner geht das zu langsam. Vorrangig betreffen die Ausnahmeregelungen Leute im Schicht- und Pflegedienst, Handwerksfirmen oder Menschen mit Behinderungen. Die Ausnahmen sind nicht das Problem, sondern die Regel ist es. Laut Umweltbundesamt steht ein Auto in Berlin im Schnitt 23 Stunden am Tag herum und verbraucht dabei so viel Fläche wie ein WG-Zimmer.
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Zu Recht bemängelt der Fußgängerverband Fuss e.V.: Nicht die nötigen Autofahrten würden die Stadt verstopfen, sondern die vielen kleinen Bequemlichkeitsfahrten. Dazu zählt auch das Bequemlichkeitsparken. Gäbe es weniger Parkplätze am Straßenrand und dafür mehr Parkhäuser in den Kiezen oder zeitweise offene Supermarktparkplätze, wie es gerade etwa in Prenzlauer Berg ausprobiert wird, wäre auch mehr Platz für Lieferfahrzeuge oder Kurzparker.
Abgesehen davon müssen irgendwo die Radwege hin, die wie etwa an der Torstraße in Mitte noch fehlen – und die Tausenden Straßenbäume, die jetzt per Gesetz gepflanzt werden sollen.
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Für ein lebenswertes Berlin braucht es weniger Autos gerade in der verdichteten Innenstadt – vor allem weniger herumstehende Autos. Der knappe Platz ist zu wertvoll, um ihn billig zu verschleudern. Sein Auto direkt vor der eigenen Tür stehen zu haben, kann nicht mehr der Anspruch sein. Wer Bus und Bahn nutzt, muss auch erst mal zur Haltestelle laufen.
Jeden Donnerstag ab 6 Uhr kommentiert Robert Ide stadtpolitische Themen bei Simone Panteleit und Team im Berliner Rundfunk 91.4. Im Tagesspiegel finden Sie den Kommentar zum Nachlesen und Nachhören.