Zwei Geschäftsführer geschmissen, nur einen Sieg geholt! Dynamo Dresden ist nicht nur aufgrund der Ereignisse auf dem Platz eines der größten Sorgenkinder unter den deutschen Traditionsklubs.
Ost-Legende und Sky-Zweitliga-Experte Torsten Mattuschka (45) analysiert im BILD-Interview, was in Dresden schiefläuft.
BILD: Ist der Kader von Dynamo einfach zu schlecht für die 2. Liga?
Mattuschka: „Darüber kann man nach 12 Spielen natürlich sprechen. Trotzdem ist das immer leicht gesagt. Die Frage ist, wie es so kam. Konnte man finanziell mit anderen Klubs nicht mithalten, wenn es um die Verpflichtung von Spielern ging?“
Zum Zeitpunkt des Aufstiegs hatte die SGD aber 10,85 Millionen Euro Eigenkapital. Da war das Konto alles andere als leer…
„Dann sollte man auch bereit sein, Geld in die Hand zu nehmen. Da muss ich doch mehr ins Risiko gehen. Am Ende hast du solide Finanzen, aber es steht der nächste Abstieg an. Ich muss manchmal einfach einem Spieler 5000 Euro im Monat mehr zahlen. Sonst spielt er in Paderborn oder Elversberg. Außerdem haben sie dort ja noch weniger Druck. Also muss man da ernst machen.“
Wo liegen aus Ihrer Sicht die größten Probleme auf dem Platz?
„Dynamo hat genauso viele Tore wie der Tabellenzweite Schalke geschossen. Es fehlt aber die Ausgewogenheit und Balance im Team, als Gruppe funktioniert die Defensive nicht. Wenn du in jedem Spiel zwei Gegentore bekommst, wirst du runtergehen.“
Offensiv kann Dynamo mit Schalke mithalten, defensiv nicht. Dynamo kassierte fast dreimal so viele Gegentore.
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Warum ist die Mannschaft hinten so anfällig?
„Es gibt ständig wechselnde Innenverteidiger-Duos. Auch die Ligaerfahrung war von Saisonbeginn an nicht da, deshalb braucht man so lange, sich in der 2. Liga zu akklimatisieren.“
Bei Spielverlagerungen des Gegners – speziell im Umschaltspiel – hatten die Flügelstürmer des Gegners zuletzt oft viel Platz, was mehrmals zu Gegentoren führte. Sind das taktische Defizite in der Viererkette?
„Ich sage mal so: Wenn ich Angriffspressing spiele, muss ich die Räume dahinter absichern. Klappt das nicht, werde ich auch anders agieren müssen. Letztendlich kann ich das aber nicht abschließend beurteilen, weil ich da nicht so im Detail bei Dresden drinstecke.“
„Neuer Sportchef wird Stamm neu beleuchten“
Sportdirektor Thomas Brendel hat gut gespart, den geringen Etat nicht mal ausgereizt – auch, weil manche Transfers von Trainer Thomas Stamm abgelehnt wurden. Dynamo hat Brendel jetzt rausgeschmissen, setzt aber voll auf Stamm. Wie wirkt das auf Sie?
„Die Verantwortlichen scheinen großes Vertrauen in Stamm zu haben. Aber er wird ja selbst wissen, dass er auch mal wieder drei Punkte holen muss. Dazu wird ein neuer Sportchef das nochmal neu beleuchten. Heißt: Er wird vielleicht seinen Trainer installieren wollen.“
Stamm hat allerdings ligaunabhängig bis 2028 Vertrag.
„Das ist ein Brett. Da frage ich mich, wie ein Aufsichtsrat so eine Entscheidung absegnen kann.“
Für Thomas Brendel hat es sich in Dresden ausgeklatscht, für Thomas Stamm nicht.
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Schon Markus Anfang hatte in Dresden eine Art Sonderstatus im Verein.
„Der Sportdirektor muss immer das Sagen haben. Er ist der Vorgesetzte, sonst lacht sich der Trainer ja über ihn kaputt. Natürlich sollte es einen guten Austausch zwischen beiden Seiten geben, ein Verständnis und eine gemeinsame Sprache. Doch die Entscheidungskompetenz muss beim Sportchef liegen.“
„Bis zur Winterpause müssen sieben Punkte her“
Glauben Sie, dass Dynamo Dresden den Klassenerhalt noch schaffen kann?
„Bis zur Winterpause müssen sieben bis zehn Punkte her. Das wird eine Herausforderung, dann wärst du dran und kannst mit Wintertransfers nachlegen. Im Endeffekt musst du die beiden Heimspiele gegen Düsseldorf und Braunschweig gewinnen. Die Bilanz zu Hause ist ja mit nur zwei Punkten eh Wahnsinn. Bei der Energie von den Rängen ist es verrückt, dass die Gegner mittlerweile gern nach Dresden fahren.“