Anfang der Woche hat der größte Flugzeugträger der US Navy, die USS Gerald R. Ford, seine vorläufige Position in der Karibik erreicht. Nun hat US-Kriegsminister Pete Hegseth die Operation „Southern Spear“ (Deutsch: Südlicher Speer) ausgerufen. Damit hat die im August gestartete Mission der US Navy in der Südkaribik einen offiziellen Namen.

Was macht die US Navy in der Karibik?

Seit Ende August haben die USA eine ganze Reihe Kriegsschiffe vor die Karibikküste Venezuelas verlegt. Anfang September erfolgte der erste tödliche Angriff auf ein Boot, das nach US-Angaben Drogen aus dem südamerikanischen Land in Richtung USA schmuggeln sollte. Nach Angaben der US-Regierung sind seither 19 weitere solcher Attacken erfolgt. 

USA versus Venezuela: Was hat Trump in der Karibik vor?

To view this video please enable JavaScript, and consider upgrading to a web browser that supports HTML5 video

Was ist das Ziel der Operation „Südlicher Speer“?

Offizielles Ziel der Angriffe auf „Drogenboote“ in der Karibik ist es laut US-Regierung, den Drogenhandel aus Südamerika in die USA zu stoppen. In seiner Ankündigung auf X am Donnerstagabend teilte Hegseth erneut mit, die Taskforce „Southern Spear“ werde im Verbund mit dem „Südlichen Kommando“ der US-Streitkräfte, das für Mittel- und Südamerika zuständig ist, „die Narco-Terroristen von unserer Hemisphäre entfernen und unser Heimatland vor den Drogen schützen, die unser Volk töten“.

Doch nicht nur die Regierung in Caracas sieht darin eine Provokation und eine direkte Bedrohung der nationalen Souveränität Venezuelas. Die Befürchtung: Die USA könnten die seit mehr als einem Jahrzehnt zunehmend autoritär und anti-demokratisch regierende Sozialistische Einheitspartei Venezuelas (PSUV) mit Präsident Nicolas Maduro an der Spitze mit militärischen Mitteln stürzen wollen.

Vor allem Kritiker von Donald Trump wittern in der Aktion auch ein innenpolitisch motiviertes Ablenkungsmanöver. Der US-Präsident steht seit Wochen unter wachsendem Druck, die weiterhin geheim gehaltenen Epstein-Akten zu veröffentlichen. Die Vermutung: Sie könnten heikle Enthüllungen über Trump oder wichtige Verbündete des Präsidenten enthalten.

Was deutet auf eine Militärintervention der USA hin?

Mittlerweile gehen verschiedene Quellen davon aus, dass rund ein Dutzend größerer Kriegsschiffe der US Navy in der Südkaribik Stellung bezogen haben – darunter Zerstörer, Kreuzer, Landungsboote und ein Atom-U-Boot. Nun hat Trump den größten Flugzeugträger der Welt aus der Krisenregion östliches Mittelmeer abgezogen und ihn ebenfalls dort stationiert. Hinzu kommen rund 12.000 Seeleute und Marine-Soldaten. Dies wäre ein ungewöhnlich großes Aufgebot, um ein paar Schnellboote aufzuhalten.

Auf diesem von der Pressestelle des Pentagons zur Verfügung gestellten Bild sind der Flugzeugträger USS Gerald R. Ford (CVN 78), und F/A-18E/F Super Hornets der Kampfflugstaffeln 31, 37, 87 und 213 des eingeschifften Carrier Air Wing Eight sowie eine B-52 Stratofortress der US-Luftwaffe im Einsatz. Die USS Gerald R. Ford ist in der Karibik angekommen, im US-Außenterritorium Puerto Rico sind weitere Fliegerstaffeln stationiertBild: Seaman Paige Brown/U.S. Pentagon/dpa/picture alliance

Die Operation „Southern Spear“ soll laut Kriegsminister Hegseth, die „Narco-Terroristen“ beseitigen. Und genau als solche hat Präsident Trump die venezolanische Regierung mehrfach bezeichnet. Präsident Maduro ist demnach Kopf eines Drogenkartells, des sogenannten „Cartel de los Soles“ (Deutsch: Kartell der Sonnen), das sich aus venezolanischen Militärs zusammensetzt. Die USA haben ein Kopfgeld von 50 Millionen US-Dollar für die Ergreifung Maduros ausgesetzt – die höchste derartige Prämie in der Geschichte des Landes. 

Bisher hat die US-Regierung nicht bestätigt, dass sie militärische Angriffe innerhalb Venezuelas planen. Allerdings hatte Trump gesagt, Maduros Tage als Präsident seien gezählt.

Was spricht gegen einen Angriff auf Venezuela?

Eines der großen Versprechen von Präsident Trump an seine Wähler war, sich aus Kriegen im Ausland herauszuhalten. Bisher hat er dieses weitgehend durchgehalten. Ein Angriff auf Venezuela wäre ein Bruch damit. Er könnte jedoch argumentieren, dass es sich um die direkten Interessen der USA handele. Einen Hinweis darauf gibt ebenfalls der X-Post von Pete Hegseth, den er mit den Worten schließt: „Die westliche Hemisphäre ist Amerikas Nachbarschaft – und wir werden sie schützen.“

Venezuela Valencia 2025 | Militärübungen auf Anordnung von Nicolás MaduroVenezuela ist ein hoch militarisiertes Land. Die Regierung stützt ihre Macht auf die Armee und andere loyale bewaffnete GruppenBild: Juan Carlos Hernandez/ZUMA/IMAGO

Für eine großangelegte Invasion in das 28-Millionen-Einwohner-Land wäre das militärische Aufgebot wohl deutlich zu klein. Venezuela ist ein hochmilitarisiertes Land. Die Regierung stützt sich auf die nationalen Streitkräfte und mitgliederstarke bewaffnete Milizen – insgesamt mehr als 300.000 Personen. 

Der deutsche Lateinamerikaexperte Günther Maihold etwa hält es für wahrscheinlicher, dass die USA darauf hoffen, durch gezielte Schläge und mögliche CIA-Aktionen eine „Fragmentation des venezolanischen Machtblocks“ zu erzielen.

Wie reagiert Venezuela auf die mutmaßliche Bedrohung?

Präsident Maduro hat seinen ewigen Diskurs gegen die laut ihm „imperialistischen Machenschaften“ der USA noch einmal verschärft, und versucht, seine Landsleute auf die Verteidigung Venezuelas gegen eine US-Invasion einzustimmen. Bereits Mitte September hat er ein Programm zur Mobilisierung von Zivilisten aufgesetzt. Diese Woche hielten die venezolanischen Streitkräfte ein Großmanöver mit rund 200.000 Beteiligten ab. Maduro kündigte zudem an, 4,5 Millionen Milizionäre zu aktivieren.

Venezuela Caracas 2025 | Präsident Nicolás Maduro hält das Dokument an einem Rednerpult hoch, er präsentiert neues Landesverteidigungsgesetz zur Stärkung von Militär und ZivilgesellschaftVenezuelas Präsident Nicolas Maduro hat Anfang der Woche einen Plan zur Massenmobilisierung vorgestelltBild: Miraflores Palace/Handout/REUTERS

Was sagt die internationale Gemeinschaft?

Die tödlichen Angriffe auf mutmaßliche Drogenboote sind höchst umstritten. Zum einen haben die USA bisher keine Beweise dafür vorgelegt, wer und was sich an Bord der versenkten Boote befand. Zum anderen wurden die Menschen auf den Booten getötet, ohne dass von ihnen eine erkennbare Bedrohung ausgegangen wäre.

Erwartbare verbale Rückendeckung kam von Venezuelas Verbündeten. Chinas diplomatischer Vertreter in den USA sagte, dass Peking grundsätzlich transnationale Kriminalitätsbekämpfung unterstütze, aber eben nicht auf Kosten der Menschenrechte und der Sicherheit der Schifffahrt in internationalen Gewässern. Auch Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte, die russische Regierung erwarte, dass keine Schritte unternommen würden, die die Lage in der Region destabilisieren könnten, und betonte, dass alle Maßnahmen im Einklang mit dem Völkerrecht erfolgen sollen. Doch auch aus NATO-Kreisen kommt Kritik am Vorgehen der USA.

Wie positionieren sich die NATO-Partner?

Am Rande des Außenministertreffens der G7 in Kanada äußerte der französische Chefdiplomat Jean-Noël Barrot Anfang der Woche vor Journalisten Besorgnis über die Militäroperationen der USA in der Karibik, da sie gegen das Völkerrecht verstießen.

La Malbaie, Quebec, Canada G7 Summit | USA Verteidigungsminister Marco Rubio spricht vor dem Logo des G7-AußenministertreffensUS-Außenminister Marco Rubio stritt beim G7-Treffen in Quebec diese Woche ab, dass der britische Geheimdienst den Informationsaustausch mit den USA eingeschränkt habeBild: Saul Loeb/Pool Photo/AP/picture alliance

Das Vereinigte Königreich hat laut britischen Quellen des US-Fernsehsenders CNN bereits vor mehr als einem Monat entschieden, keine Geheimdienstinformationen mehr an die USA weiterzugeben, die die Vereinigten Staaten für Angriffe auf Schiffe in der Karibik nutzen könnten. Auch die Briten argumentieren demnach, sie wollten sich nicht an – aus ihrer Sicht – illegalen Aktionen beteiligen. US-Außenminister Marco Rubio stritt beides ab.

Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas hatte bereits Anfang November auf dem EU-CELAC-Gipfel, einem Treffen zwischen lateinamerikanischen und EU-Staaten indirekte Kritik geübt, in dem sie anmahnte, das Völkerrecht bei derartigen Militäroperationen zu gewahren. Ähnlich äußerte sich ein Sprecher der deutschen Bundesregierung Anfang der Woche bei einer Pressekonferenz.

USA greifen mutmaßliches venezolanisches Schmugglerschiff an

To view this video please enable JavaScript, and consider upgrading to a web browser that supports HTML5 video