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Soundcheck November 2025# 3

Nach dem ersten Teil von Stygian Bough, der Kollaboration von BELL WITCH und AERIAL RUIN, der in der Pandemie entstand, geht das Projekt in die nächste Phase. Ganze fünf Jahre haben sich die drei Musiker Zeit gelassen, um den Nachfolger zu schmieden. Die Nähe zum Erstling ist unüberhörbar, doch bei allen Parallelen zu den Hauptbands der Künstler hinkt der direkte Vergleich.

Bei Stygian Bough handelt es sich natürlich um Doom in Funeral-Nähe, der jedoch nicht die Abgründigkeit und Negativität von BELL WITCH erreicht und wohl auch nicht erreichen will. Durch die Hinzunahme der Gitarre gewinnt die sonst sehr minimalistische Tonart von BELL WITCH eine neue Nuance, die dem Ganzen eine komplett andere Spiritualität und Dichte verleiht. Auch die klagenden, cleanen Vocals von AERIAL RUIN-Kopf Erik Moggridge sorgen hier für eine ganz andere Atmosphäre.

Naturmystizismus, Okultismus und Magie in herbstlicher Tonlage.

Den spirituellen Hintergrund liefert, wie bereits im ersten Teil des Werkes, Sir James Frazers Mammutwerk „The Golden Bough“, eine soziokulturelle Abhandlung über Magie und Religion im Wandel der Zeit. Es ist ein inspirierendes Werk voller progressiver, okkulter Ansätze, die das gängige Weltbild stets hinterfragen und zu neuen Denkanstößen einladen.

Im Verlauf des Albums wird deutlich, dass die Musiker in ihrer gemeinsamen Vision noch dichter aneinandergerückt sind und ein kohärenteres, homogeneres Hörerlebnis geschaffen haben als bei ihrem Debütalbum. Letzterer war geprägt von aufbrausenden, basslastigen Parts wie „The Bastard Wind” und wirkte viel ausufernder als „Stygian Bough: Vol. 2”.

Mit dem Start des Openers „Waves Became The Sky” wird sofort eine verträumte, düstere Stimmung verbreitet, die nachdenkliche und zerbrechliche herbstliche Gefühle erweckt. Das Album ist in seiner Langatmigkeit sicherlich kein leichter Stoff, funktioniert im Zusammenspiel aber hervorragend. Der Wechsel zwischen akustischen und elektrischen Gitarren sorgt für die notwendige Abwechslung. Bei Songs wie „King Of The Wood” geht es dann auch kräftiger zur Sache, anspruchsvolle Leadpassagen brechen das wehklagende Grundgerüst gelungen auf.

Ein starker zweiter Teil einer inspirierten musikalischen Zusammenarbeit.

„Stygian Bough: Vol. 2” ist ein anspruchsvolles, spannendes Werk, das gibt und nimmt. Zweifellos ist eine gewisse Anlaufphase notwendig. Ist man jedoch bereit, sich die Zeit zu nehmen und in die mitunter langatmigen, verträumten Gitarrenläufe einzutauchen, gestaltet sich das Werk sehr einnehmend und niederschmetternd. Wer genau das am Doom Metal mag und mit einer Prise inspiriertem Folk keine Probleme hat, kann sich mit Frazers Machwerk und den beiden Teilen von „Stygian Bough” für den Rest von Herbst und Winter einschließen.

„When the last is slain
Hold the candle to flame
From dominion let them bleed
We are freed.”