Martin Berger* hoffte, aus der Nummer herauszukommen, doch auch in zweiter Instanz schenkte ihm das Gericht keinen Glauben: Der 36-Jährige aus einem kleinen sächsischen Dorf stand wegen gefährlicher Körperverletzung, Sachbeschädigung und Nötigung vor Gericht, weil er 2022 einen Mann und dessen PKW attackiert haben soll. Vorangegangen war ein Streit, nachdem der Dackel seines Kontrahenten offenbar durch den Australian Shepherd des Angeklagten verletzt worden war.

Es ist mal wieder ein Fall, der zeigt, wie schnell eine routinierte Alltagssituation aus dem Ruder laufen, mit Polizei und vielleicht einem Gerichtsprozess enden kann: Am 26. Juli 2022 waren zwei Hundehalter in einer nordsächsischen Gemeinde aneinandergeraten. Weil Martin Berger laut Aktenlage seinen Kontrahenten Klaus Schmidt* körperlich angriff und verletzte, erhielt er einen Strafbefehl, gegen den er in Widerspruch ging.

Ein Amtsgericht verurteilte den heute 36-Jährigen daraufhin zu sieben Monaten Haft auf Bewährung, er legte Rechtsmittel ein. Nun musste das Leipziger Landgericht erneut über den Fall entscheiden.

„Der Hund hat aufgequiekt und gejault“

Der mutmaßliche Grund für die Auseinandersetzung der Männer, die sich bis dato nicht kannten: Helge, der geliebte Familiendackel der Schmidts, war bei einer unfriedlichen Begegnung mit Martin Bergers Australian Shepherd verletzt worden. Der Tierarzt stellte später eine erhebliche Bissverletzung im Brustkorb von Helge fest, die chirurgisch versorgt wurde, der kleine Dackel bekam Antibiotika und Schmerzmittel.

Doch wie genau lief das Geschehen ab? Laut Überzeugung der Staatsanwaltschaft begegneten sich die Hunde am 26. Juli 2022 gegen 17:30 Uhr auf einer Wiese, wo Dennis Schmidt* (damals 23), Klaus Schmidts Sohn, Helge spazieren führte. Nach dem Anschnuppern soll Martin Bergers 20 Kilogramm schwerer Australian Shepherd zugeschnappt und dem körperlich unterlegenen Dackel eine Verletzung beigebracht haben. „Auf einmal hatten sie sich ein bisschen gerangelt, der Hund hat aufgequiekt und gejault“, wird Dennis Schmidt später als Zeuge im Leipziger Landgericht aussagen.

Er habe seinen Vater informiert, der daheim beim Rasenmähen war und umgehend per Auto zum Ort des Geschehens kam. Dort stellte er Martin Berger zur Rede, so der 54 Jahre alte Klaus Schmidt, forderte seine Personalien.

Doch laut Anklage habe Martin Berger verhindern wollen, dass er für den Vorfall zur Rechenschaft gezogen wird. Deswegen sei er aggressiv geworden, habe beleidigt, herumgeschrien und mit einem „Das geht dich nichts an!“ jede Auskunft verweigert. Als sein Gegenüber ankündigte, die Polizei zu rufen, soll die Situation komplett eskaliert sein.

Hundehalter bestreitet Aggression und spricht von Bedrohung

Während die Anklage davon ausging, dass Martin Berger Klaus Schmidt durch die geöffnete Autotür am Hals packte, um ihn am Notruf zu hindern, seinen linken Arm einquetschte und mit der Hundeleine gegen den PKW schlug, stellte der Angeklagte die Situation vor Gericht etwas anders dar.

Er habe von einer blutigen Bissverletzung bei Dackel Helge nichts mitgekriegt, seinen eigenen Hund sofort weggezogen. Dennis Schmidt habe den Dackel hochgehoben und sich entfernt. „Ich fragte ihn noch, ob alles in Ordnung ist, bekam keine Antwort. Das war in dem Moment für mich erledigt.“ Als Klaus Schmidt kurze Zeit später im Auto an ihn heranfuhr, habe er das erst gar nicht mit der Hundebegegnung in Zusammenhang gebracht.

Doch der ältere Familienvater soll ihn sofort als „Arschloch“ beleidigt und aggressiv gefragt haben, wer er sei. Die Beschädigung an Schmidts Wagen und die Quetschung an seinem Arm – der Selbständige war bis 5. August 2022 krankgeschrieben – könne er sich nicht erklären, sagte Martin Berger. Er sei auf keinen Fall gewalttätig gewesen, beteuerte er am Leipziger Landgericht. Noch am selben Abend habe ein muskulöser Mann ihn damals auf seinem Grundstück aufgesucht und bedroht, erklärte der Angeklagte schließlich.

Gericht glaubt Angeklagtem nicht und bestätigt Schuldspruch

Klaus Schmidt soll später auf eigene Faust nach dem mutmaßlichen Täter recherchiert und dessen Namen über mehrere Ecken herausbekommen haben: „Ich kannte viele aus dem Dorf, bin dort aufgewachsen. Aber ihn kannte ich nicht.“

Nach zwei Tagen ausgiebiger Hauptverhandlung, bei der Zeugen jedes Detail noch einmal schilderten und Gutachter ihre Berichte erstatteten, wurde Martin Berger am Leipziger Landgericht nach dem verlorenen ersten Prozess jetzt erneut verurteilt: Lediglich sein Strafmaß senkte die 9. Kammer leicht herab, von sieben Monaten auf sechs Monate, ausgesetzt zur Bewährung.

Gegen das Urteil kann noch Revision eingelegt werden.

*Alle Personennamen wurden für diesen Artikel geändert.