Wenn es um Böllerverbote in Leipzig geht, eiert Leipzigs Verwaltung herum, als würde sie am Verkauf von Silvesterfeuerwerk selbst mitverdienen. Nur ja keine Einschränkungen, lautet sinngemäß der Inhalt nun schon mehrerer Stellungnahmen der Stadt zu Anträgen der Ratsfraktionen, wenigstens erst einmal in Teilen der Stadt ein Böllerverbot zu verhängen. Das könnte die Stadt nämlich.

Als aber OBM Jung in der letzten Ratsversammlung sowohl die Beschlussfassung zu einer Petition des BUND Leipzig als auch zu einem Antrag der SPD-Fraktion vertagte, platzte Stadträt/-innen in mehreren Fraktionen die Hutschnur.

Das Ordnungsamt hatte es sich in seiner Stellungnahme zur Petition des BUND Leipzig richtig einfach gemacht. Motto: Es fehlt die bundeseinheitliche Gesetzgebung. Also kann nur der OBM auf Betteltour in Berlin gehen. Im Text klang das so: „Der Oberbürgermeister setzt sich auf Bundesebene für eine Änderung des Sprengstoffrechts hinsichtlich eines Böllerverbotes ein.“

Abwaegungsmateral – Petition des BUND

Nichts ist derzeit sinnloser, als den Oberbürgermeister nach Berlin zu schicken, um der völlig verpeilten Merz-Regierung irgendein auch nur im Ansatz sinnvolles Gesetz abzuringen. Und auf Ebene der Bundesländer sieht es nicht die Bohne besser aus, musste das Ordnungsamt feststellen.

„Bei der Frühjahrskonferenz der Innenministerinnen und -minister von Bund und Ländern 2025 in Bremerhaven wurde bezüglich der eingebrachten Vorschläge für eine erhebliche Ausweitung der Möglichkeiten von Kommunen, privates Silvesterfeuerwerk zu verbieten, keine Einigung erzielt, sodass die geltenden Rechtsvorschriften weiterhin Bestand haben. Insofern müssen andere Initiativen geprüft und gefunden werden, um sich auf Bundesebene für eine Änderung des Sprengstoffrechts einzusetzen.“

So geht deutsche Politik mittlerweile: Auf allen Ebenen wird gebremst und ausgesessen. Zukunftsvisionen? Fehlanzeige.

Kein Geld für ein zentrales Silvesterfest

Und auch der Vorschlag, mit dem Böllerverbot ein großes zentrales Spektakel auf dem Augustusplatz zu veranstalten, lehnte das Ornungsamt ab. Dafür hat Leipzig derzeit kein Geld: „Die Organisation einer Lichtshow mit künstlerischem und gastronomischem Begleitangebot erfordert ein umfangreiches Konzept, das finanziert werden muss und einen ausreichenden Planungsvorlauf benötigt. Eine kurzfristige Umsetzung ist nicht möglich.“

Mit der Absetzung von Petition und SPD-Antrag am 29. Oktober wurde erst recht dafür gesorgt, dass die Zeit bis zum Silvestergeknalle noch kürzer wurde.

Und so taten sich Nicole Schreyer-Krieg, Ann Vollerthun, Sylvia Herbst-Weckel (alle Grüne), Susanne Scheidereiter (Linke), Katharina Subat (Die PARTEI), Anja Feichtinger, Andreas Geisler, Pia Heine (alle SPD), Sabine Heymann (CDU), Sascha Jecht, Klaus-Peter Reinhold (fraktionslos) und Michael Weickert (CDU) zusammen und schrieben einen neuen Antrag, der der auf lauter Ausreden bedachten Verwaltung gleich ein ganzes Paket mitgab, wie örtlich begrenzte Feuerwerksverbote in anderen Städten längst umgesetzt werden.

Natürlich ist das möglich.

Knauserige Informationen

Aber selbst bei Feuerwerk in Landschaftsschutzgebieten stellt sich Leipzigs Verwaltung ja ahnungslos und tat so, als könnte man die Leute, die da mitten in der Landschaft Feuerwerke abbrennen, nicht abhalten von ihrem Tun. Wer aber Informationen der Stadt zu sowieso schon geltenden Feuerwerksverboten sucht, wird im Grunde nicht fündig.

Weshalb die Stadträt/-innen mit ihrem Antrag auch verlangen: „Der Oberbürgermeister wird beauftragt, eine Liste und eine Karte mit den konkreten ausgewiesenen Verbotsflächen und Gebieten mit Erlaubnisvorbehalt in Leipzig für das Abbrennen von Feuerwerkskörpern bis zum 1. Dezember 2025 vorzulegen, auf der Webseite der Stadt Leipzig präsent zu veröffentlichen und in die bestehende Informationskampagne einzuarbeiten.“

Denn natürlich sind viele Leipziger schlecht informiert. Manchen muss man es regelrecht unter die Nase reiben, dass man etwa in Naturschutzgebieten kein Feuerwerk abbrennt. Und das hat viel damit zu tun, dass die Stadt solche Feuerwerke über Jahre einfach geduldet hat – ob auf dem Kleinmessegelände oder am Bagger.

Weswegen der Antrag deutlich macht: „Die Stadt Leipzig veröffentlicht eine Stadtkarte, die Gebiete ausweist, in welchen bereits das Abbrennen pyrotechnischer Gegenstände untersagt ist. Dies betrifft zum einen gemäß 1. SprengV §23 (1) Gebiete, welche sich in unmittelbarer Nachbarschaft zu Krankenhäusern, Kirchen und Kinder- und Altersheimen sowie brandempfindlichen Gebäuden oder Anlagen befinden.

Zum anderen betrifft dies Naturschutzgebiete und weitere Schutzgebiete (z.B. SPA Leipziger Auwald, FFH-Gebiet Partheaue), in welchen durch ein Erlaubnisvorbehalt der Unteren Naturschutzbehörde quasi ein Feuerwerksverbot gilt. Diese Karte wird zentral in die Informationskampagne der Stadt Leipzig aufgenommen.“

Lokale Verbote sind sehr wohl möglich

Mit der Schwierigkeit der Information kann sich die Stadt also nicht herausreden.

Und wie ist das nun mit dem lokalen Verbot im Stadtgebiet selbst? „Die Stadt Leipzig wird beauftragt, das Abbrennen von pyrotechnischen Gegenständen der Kategorie F2 mit ausschließlicher Knallwirkung (Böller) gemäß § 24 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SprengV in der Leipziger Innenstadt auch am 31. Dezember und 1. Januar ab Silvester 2026 zu untersagen“, heißt es im Antrag.

Und die Begründung macht dann deutlich, dass andere deutsche Großstädte das schon lange fertigbringen: „Das Argument der schlechten Durchsetzbarkeit eines Böllerverbots steht den bereits bestehenden Böllerverboten in zahlreichen anderen deutschen Innenstädten gegenüber (Berlin (Alexanderplatz & Brandenburger Tor), Hannover, Bremen, Hamburg, München, Stuttgart u.a.).

Zeitgleich zur Einführung eines Böllerverbots in der Innenstadt fordern wir die Verwaltung auf die Leipzig Tourismus und Marketing GmbH (LTM) zu beauftragen, ein attraktives alternatives Angebot mit einer oder mehreren Drohnen- bzw. Lichtshows, begleitet von einem künstlerischen (z.B. Konzerte, Straßentheater, Kunstinstallationen) und gastronomischen Angebot, ggf. per Ausschreibung, zu schaffen.

Dabei ist auch ein Konzept für eine nachhaltige An- und Abreise per ÖPNV, Rad- und Fußverkehr sowie eine barrierefreie Gestaltung der Silvesterfeier zu entwickeln, um die Teilnahme aller Bürger*innen zu ermöglichen.
Der Augustusplatz scheint als zentraler Platz dafür gut geeignet.“

Da der gemeinsame Antrag eine Neufassung des Antrags der SPD-Fraktion und eines schon im Februar gestellten Antrags der Grünen-Faktion ist, sollte er auch in der Ratsversammlung am 26. November zum Aufruf kommen, auch wenn die Verwaltung darauf zu spekulieren scheint, den Antrag erst im Dezember aufzurufen, sodass dann erst recht keine Zeit mehr zum Handeln bleibt, bevor am 31. Dezember die wilde Böllerei wieder beginnt.