Die Vorsitzende des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW), Amira Mohamed Ali, begründet die derzeit schwachen Umfrage-Werte mit den Regierungsbeteiligungen in Brandenburg und Thüringen. Sie glaube, dass damit eine Enttäuschung eingetreten sei. „Viele Menschen haben den falschen Eindruck, dass wir durch die Regierungsbeteiligung so ein bisschen eine Partei wie jede andere geworden sind“, so Mohamed Ali am BR-Sonntags-Stammtisch. Die Partei müsse nun „daraus lernen“.

Im aktuellen ARD-DeutschlandTrend liegt das BSW bei drei Prozent. Bei der Bundestagswahl im Februar 2025 war sie noch knapp an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Die Regierungskoalition in Brandenburg aus SPD und BSW war wegen eines Streits zuletzt in die Krise geraten. Vier BSW-Landtagsabgeordnete sind daraufhin aus der Partei ausgetreten.

Mohamed Ali: Wagenknecht wird „ganz vorne dabei sein“

Zuletzt hatte Sahra Wagenknecht angekündigt, den BSW-Vorsitz abzugeben. Laut Mohamed Ali heißt das aber nicht, dass sich Wagenknecht aus der Partei zurückziehen wird. „Sie ändert nur ihre Rolle, weil sie mit diesen organisatorischen Aufgaben im Parteivorsitz nicht so viel am Hut hat“, so Mohamed Ali. Wagenknecht werde beim BSW weiterhin „ganz vorne dabei sein“. Sie werde auch in Zukunft im Präsidium sein und Leiterin der Grundsatzkommission werden. Künftig sollen die bisherige Co-Vorsitzende Mohamed Ali und der Europaabgeordnete Fabio De Masi die Parteispitze bilden.

Energie aus Russland

In der Sendung wurde eine hitzige Debatte über den Umgang mit Russland und den Positionen des BSW geführt. Mohamed Ali forderte, dass Deutschland Energie von Russland kaufen sollte. „Wir sind der Auffassung, da, wo es am billigsten ist, sollte man kaufen“, so die BSW-Vorsitzende. Mit dieser Aussage stieß Mohamed Ali angesichts des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine auf Kritik in der Runde. Darauf entgegnete sie: „Die USA beziehen jedes Jahr Rohstoff aus Russland im Wert von über einer Milliarde. Wieso dürfen die das und wir nicht? Das ist doch nicht nachvollziehbar.“

Im Umgang mit Russland forderte sie außerdem Diplomatie statt Aufrüstung. Es sei wichtig, „diplomatische Kanäle zu öffnen“, um die Bedrohungslage zu beenden. Angesprochen auf die mögliche Russland-Nähe von Wagenknecht sagte Mohamed Ali: „Sie hat nie Sympathien für Russland gehabt.“ Auch das BSW sei der Auffassung, dass der Krieg in der Ukraine ein russischer Angriffskrieg sei und beendet werden müsse.

BSW-Vorsitzende kritisiert Wehrdienst-Pläne von Bundesregierung

Um für die Bundeswehr neue Rekruten zu gewinnen, plant die Bundesregierung einen neuen Wehrdienst. Er sieht eine Pflicht-Musterung für alle jungen Männer ab Jahrgang 2008 vor. Mohamed Ali kritisierte die Pläne von Union und SPD: „Ich glaube, dass keine Armee der Welt uns vor einem Atomkrieg schützen kann – und das wird ja den jungen Leuten nicht erzählt.“

Woher kommen die hohen Umfragewerte von der AfD?

Thema beim Stammtisch waren auch die aktuell hohen Zustimmungswerte für die AfD in der Bevölkerung. Laut aktuellem DeutschlandTrend kommt die AfD auf 26 Prozent. „Da ist ganz viel Unzufriedenheit“, sagte Politikwissenschaftlerin Ursula Münch, Stammgast in der Sendung. Diese Leute fühlten sich beispielsweise bedroht, nicht mehr sicher auf den Straßen, fänden die Energiepreise zu hoch und hätten den Eindruck, dass Deutschland die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit nicht mehr habe. „Insofern nützt das ganze Belehren nicht, dass die AfD in Teilen rechtsextrem ist“, sagte Münch. „Die Leute wollen ihre Unzufriedenheit loswerden. Und wo wird man die los? Nicht bei denjenigen, die schon mal regiert haben, sondern bei denjenigen, die sich als unverbraucht darstellen“, so die Politikwissenschaftlerin.

Kabarettist Kirner fordert andere Kommunikation von Politikern

Zu Gast beim Sonntags-Stammtisch war auch Kabarettist und Volkssänger Jürgen Kirner. Auch er äußerte sich zur Unzufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger – und nahm die Politiker in die Pflicht. Angesichts der angespannten finanziellen Lage forderte er von ihnen eine andere Kommunikation. „Man muss dem Bürger reinen Wein einschenken und sagen: Es geht nicht mehr alles. Entweder eine Kita oder eine neue Straße“, so Kirner.

Im Video: Kabarettist sieht Politik in der Pflicht