Eine Immunologin der Berliner Charité hat vor der Corona-Enquetekommission des Bundestags unter anderem zu Long Covid und zur Impfung gegen das Virus gesprochen.
In einigen Social-Media-Beiträgen werden die Einschätzungen der Professorin Carmen Scheibenbogen zu einem Detail so wiedergegeben: „Das Spike-Protein ist in der Tat ein gefährliches Protein für uns. Es ist stark immunogen, das heißt, es kann das Immunsystem auch dazu verleiten, dass es sich gegen körpereigene Strukturen richtet. Es gibt auch Daten, dass es auch nach der Impfung längere Zeit im Körper bleiben kann, als man zunächst gedacht hatte.“
In einem Blogbeitrag zum Thema heißt es: „Das wäre eine Aussage mit Sprengkraft“. Hat sich die Charité-Professorin damit etwa gegen die Corona-Impfung ausgesprochen?
Bewertung
Nein. In vielen Beiträgen werden Scheibenbogens Aussagen an einer entscheidenden Stelle abgeschnitten. Unmittelbar nach dem weit verbreiteten Zitat verwies sie darauf, dass auch eine Corona-Infektion für einen Kontakt mit dem Protein sorge. Eine Impfung sei das geringere Risiko, so die Immunologin.
Fakten
Mit einer Enquete-Kommission will der Bundestag die Corona-Pandemie aufarbeiten und Erkenntnisse für mögliche Pandemien in der Zukunft gewinnen. Dazu werden Sachverständige aus unterschiedlichen Bereichen angehört. Am 10. November war die Immunologin Carmen Scheibenbogen von der Berliner Charité zu Gast. In der Anhörung ging es um die Lage von Menschen mit sogenannten Long-Covid-Erkrankungen, also dauerhaften Folgen einer Infektion, sowie um das Post-Vac-Syndrom, also anhaltende Probleme im vermuteten Zusammenhang mit Impfungen.
Immunologin empfahl ausdrücklich die Impfung
Kurzzeitig ging es dabei auch um spezielle immunologische Fragen: Ein von der AfD berufenes Kommissionsmitglied, der Genetiker Michael Nehls, sprach über das sogenannte Spike-Protein des Coronavirus. Von Nehls um Einschätzung gebeten, sagte Scheibenbogen:
„Das Spike-Protein ist in der Tat ein gefährliches Protein für uns. Es ist stark immunogen, das heißt, es kann das Immunsystem auch dazu verleiten, dass es sich gegen körpereigene Strukturen richtet. Es gibt auch Daten, dass es auch nach der Impfung längere Zeit im Körper bleiben kann, als man zunächst gedacht hatte.“
Dieses Zitat findet sich in vielen Social-Media-Beiträgen. Einige verwenden auch ein Video von Scheibenbogens Aussage, das genau diese Sätze beinhaltet.
Doch vor der Kommission sagte die Expertin unmittelbar im Anschluss daran noch weitere Dinge über das Spike-Protein, wie dem vollständigen Mitschnitt der Anhörung zu entnehmen ist (ab 1:53:00):
„Solche Daten haben wir ja auch für Covid inzwischen. Wir wissen ja, dass auch nach Covid manchmal sechs Monate später noch Virusreste an den unmöglichsten Stellen im Körper bleiben. Und ich möchte einfach nur nochmal betonen: Wir können leider diesem Spike-Protein nicht entgehen, weil Covid ist weiter unter uns. Und da ist einfach das geringere Risiko, das Immunsystem zu trainieren durch Impfung.“
Scheibenbogen verweist also auf das Grundprinzip von Impfungen: Der Körper gibt auf Teile von Erregern oder auf abgeschwächte Erreger eine Immunantwort. Hat man später mit dem tatsächlichen Erreger Kontakt, erinnert sich das Immunsystem daran und kann den Erreger schneller abwehren.
Wie funktioniert die Impfung?
Gegen das Coronavirus werden unter anderem mRNA-Impfstoffe eingesetzt, die einen „Bauplan“ für das Spike-Protein enthalten. Mit diesem kann der Körper die Spike-Proteine, die eigentlich auf der Oberfläche des Virus sitzen, selbst herstellen und dann eine Immunantwort finden. Dass der Körper eine solche Antwort trainiert, kann man zum Beispiel an typischen Impfreaktionen wie Schmerzen an der Einstichstelle oder Müdigkeit erkennen. Die Reaktionen ähneln einer Corona-Erkrankung, sind aber in der Regel deutlich milder und klingen schnell ab.
Die in Deutschland und der EU verwendeten Impfstoffe gegen das Coronavirus gelten als sicher und wirksam. Das bedeutet, dass die Risiken einer Impfnebenwirkung deutlich geringer ausfallen als das Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs. Schwere Impfnebenwirkungen sind äußerst selten. Die Ständige Impfkommission empfiehlt Menschen ab 60 Jahren, Menschen mit Vorerkrankungen, Bewohnern von Pflegeeinrichtungen sowie Personal in Gesundheitseinrichtungen eine jährliche Auffrischimpfung im Herbst.
(Stand: 12.11.2025)
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