Das aber bedeutet, dass oft nicht mehr erkennbar ist, welche Sterne und Sternhaufen zu einer Familie gehören. Denn zwischen den stellaren Geschwistern können heute hunderte Lichtjahre liegen.

Familienforschung auf die astronomische Art

Hat auch das Siebengestirn solche verschollenen Geschwister? Um das herauszufinden, nahmen die Astronomen alle bekannten Sterne im Umkreis von gut 1.500 Lichtjahren um die Plejaden ins Visier. Mithilfe von Daten des TESS-Weltraumteleskops und des Gaia-Sternenkatalogs untersuchte sie, welche dieser Sterne in Alter, Elementzusammensetzung und Bewegung mit denen des Siebengestirns übereinstimmen.

Anders als frühere Ansätze bezogen die Astronomen dabei auch die Sternrotation mit ein. Diese verändert sich im Verlauf des stellaren Lebenszyklus auf festgelegte eise und kann daher ebenfalls als eine Art „Altersuhr“ für Sterne dienen. „Indem wir messen, wie Sterne rotieren, können wir Sternengruppen identifizieren, die zu verstreut sind, um mit herkömmlichen Methoden entdeckt zu werden“, erklärt Boyle.
Greater Pleiades ComplexDer Plejaden-Komplex: Diese Sternengruppen gehören wahrscheinlich zur Familie des Siebengestirns. Für AB Doradus und OCSN 99 ist dies allerdings noch unsicher.© Boyle et al./ The Astrophysical Journal, CC-by 4.0

Die wahre Größe des Plejaden-Komplexes

Die Analysen enthüllten Überraschendes: Der Sternhaufen, den wir als Siebengestirn kennen, ist Teil eines weit größeren Komplexes von gemeinsam gebildeten Sternen. Zu diesem Greater Pleiades Complex gehören neben den Plejaden tausende weitere Sterne und mindestens drei andere Sternhaufen, vielleicht sogar fünf weitere, wie Boyle und sein Team ermittelten. Diese Sternhaufen sind dem Siebengestirn in Alter, Bewegung und Zusammensetzung ähnlich, drei davon waren ihm früher zudem seht nahe.

„Dieses Ergebnis verändert, wie wir die Plejaden sehen – es sind nicht nur sieben leuchtende Sterne, sondern tausende von lange verlorenen Geschwistern, die über den ganzen Himmel verstreut sind“, sagt Boyle. Der gesamte Plejadenkomplex ist demnach rund 20-mal größer als angenommen und erstreckt sich über mehr als 1.500 Lichtjahre. Das Siebengestirn bildet das Herzstück dieser stellaren Familie, die im Laufe der Jahrmillionen weit auseinandergedriftet ist.

Methode könnte auch die Familie der Sonne aufdecken

Nach Ansicht der Astronomen bestätigt dies, dass viele scheinbar voneinander unabhängige Sterne und Sternhaufen eine gemeinsame Geschichte haben können. „Wir erkennen nun, dass viele sonnennahe Sterne zu riesigen, ausgedehnten Sternenfamilien mit komplexer Struktur gehören“, sagt Seniorautor Andrew Mann von der University of North Carolina. „Unsere Methodik eröffnet nun einen neuen Weg, diese verborgenen Zusammenhänge aufzudecken.“

Zukünftige Studien mit dieser Methode könnten sogar helfen, den Ursprung der Sonne aufzuklären und ihre verlorene Familie zu rekonstruieren. Aber auch beim Siebengestirn ist die astronomische Familienforschung noch nicht abgeschlossen: Boyle und sein Team vermuten, dass kommende Datensätze des Gaia-Teleskops und neue Beobachtungen mithilfe des Rubin-Observatoriums weitere stellare Angehörige der Plejaden finden werden. (The Astrophysical Journal, 2025; doi: 10.3847/1538-4357/ae0724)

Quelle: The Astrophysical Journal, University of North Carolina at Chapel Hill







17. November 2025

– Nadja Podbregar