Das anstehende Treffen zwischen dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman und US-Präsident Donald Trump im Weißen Haus dürfte vor allem durch zweierlei geprägt sein: zum einen durch die freundschaftliche Atmosphäre der Begegnung, wie Experten erwarten. Und zum anderen durch eine ganze Reihe unterzeichneter Vereinbarungen.

Für den Prinzen, kurz MBS genannt, dürfte die Reise seine vollständige Rückkehr auf die politische Bühne in Washington markieren. Sein letzter Besuch dort im Jahr 2018 stand im Schatten der Empörung über die Ermordung des Regimekritikers Jamal Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul. Allgemein gilt der saudische Staat als verantwortlich für den Mord.

Doch inzwischen haben sich die bilateralen Beziehungen weitgehend erholt. Als Trump im Januar 2025 erneut ins Amt kam, führte ihn seine erste Auslandsreise nach Riad. Dort kündigte er saudische Investitionen in Höhe von 600 Milliarden Dollar (517 Milliarden Euro) in den USA an.

Nun dürften die beiden über künstliche Intelligenz, Investitionen und die Zusammenarbeit in den Bereichen Verteidigung, Sicherheit und Nuklearfragen sprechen. 

Demonstranten vor einem Plakat Jamal Khashoggis bei einer Gedenkfeier vor dem US-Kongress, 2021Gedenkfeier vor dem US-Kongress am dritten Jahrestag der Ermordung Jamal Khashoggis, 2021Bild: Yasin Ozturk/AA/picture alliance

Riad hofft auf Sicherheitsabkommen

Politisch dürften sich die Gespräche vor alle um die angespannte Lage im Nahen Osten drehen. Im Juni attackierten Israel und die USA gemeinsam iranische Nuklearanlagen, in dessen Folge es zu einem mehrtägigen Konflikt zwischen Israel und dem Iran kam. Im September dann griff Israel die politische Führung der Hamas in Katar an. Und im Oktober beendete ein fragiler, von den USA vermittelter Waffenstillstand den fast zweijährigen Krieg im Gazastreifen.

„MBS wird ein Sicherheitsabkommen anstreben, das an das, das der US-Präsident Katar angeboten hat, mindestens heranreicht“, sagt Neil Quilliam vom Londoner Think Tank Chatham House der DW. Nach dem israelischen Angriff auf die politische Führung der Hamas in Katars Hauptstadt Doha hatte Trump ein bilaterales Abkommen mit Katar geschlossen, das auch Sicherheitsgarantien umfasst. 

„Ein Verteidigungspakt mit Saudi-Arabien ist seit mindestens drei Jahren in Arbeit“, sagt Michael Stephens vom Londoner Thinktank Royal United Services Institute (RUSI) der DW. „Doch nun gilt es, die entsprechenden Verhandlungen zu beschleunigen, da die Katarer zuerst einen solchen Vertrag erhalten haben.“

Auch die Beziehungen zwischen Riad und Jerusalem dürften Thema sein. Vor dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023, der den Krieg im Gazastreifen auslöste, standen Israel und Saudi-Arabien dem Vernehmen nach kurz davor, ein von den USA vermitteltes Normalisierungsabkommen zu unterzeichnen. Andere arabische Länder haben ihre Beziehungen zu Israel bereits normalisiert.

Projektion der geplanten, nun aber ins Straucheln gekommenen "Mirror Line", einer über Dutzende Kilometer sich ziehenden Linie von Wolkenkratzern aus der saudischen Wüste bis ans Rote MeerProjektion der geplanten, nun aber ins Straucheln gekommenen „Mirror Line“, einer über Dutzende Kilometer sich ziehenden Linie von Wolkenkratzern aus der saudischen Wüste bis ans Rote MeerBild: Balkis Press/ABACAPRESS/IMAGO

Saudi-Arabien: Engagement für palästinensischen Staat

Für Saudi-Arabien wäre die Vereinbarung ein trilaterales Abkommen gewesen, bei dem die USA Sicherheitsgarantien gegeben hätten – vergleichbar ungefähr jenen, wie sie innerhalb der NATO gelten. Das Abkommen hätte auch ein ziviles saudisches Atomprogramm umfasst.

Doch nach Ausbruch des Krieges im Gazastreifen erklärte Saudi-Arabien, es werde das Abkommen mit Israel so lange nicht unterzeichnen, wie es keinen glaubwürdigen Weg zu einer Zwei-Staaten-Lösung mit einem unabhängigen palästinensischen Staat gebe. Entsprechende Pläne lehnte der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu jedoch öffentlich ab.

Trotz dieses Einspruchs hat Trump wiederholt erklärt, er gehe davon aus, dass Saudi-Arabien sich letztlich dem Abraham-Abkommen anschließen werde. In einem Fernsehinterview Anfang November sagte er, das Königreich werde eine entsprechende Vereinbarung bald abschließen, und zwar unabhängig von den Fortschritten bei der Gründung eines palästinensischen Staates. 

Vertriebene errichten Zelte inmitten von Trümmern im Gazastreifen, November 2025Vertriebene errichten Zelte inmitten von Trümmern im Gazastreifen, November 2025Bild: Eyad Baba/AFP/Getty Images

Ob es dazu tatsächlich kommt, sei unsicher, sagt Quilliam. Trump werde derzeit keine Zusage von Saudi-Arabien zur Normalisierung der Beziehungen zu Israel erhalten.

Vielmehr werde Trump MBS um Unterstützung für seinen Friedensprozess in Gaza bitten – und zwar nicht nur politisch, sondern auch finanziell. Trump hoffe, dass Saudi-Arabien den Wiederaufbau Gazas mitfinanzieren und Syrien finanzielle Hilfe anbieten werde.

Washingtons Ambitionen

„Ich vermute, dass es auch Gespräche über zivile Kernenergie geben wird“, sagt Stephens vom Royal United Services Institute der DW. Die USA seien besorgt über ein kürzlich unterzeichnetes Verteidigungsabkommen zwischen Saudi-Arabien und Pakistan. Offen sei für sie noch die Frage, ob dieses auch nukleare Kapazitäten beinhalte.

„Den Amerikanern dürfte kaum recht sein, dass Saudi-Arabien einen eigenen Weg geht, über den sie keine Kontrolle haben“, so Stephens. Neben diesen Bedenken werde Washington voraussichtlich auch das Thema künstliche Intelligenz (KI) zur Sprache bringen. „Trump will wissen, wie die Saudis zu Investitionen in amerikanische künstliche Intelligenz oder US-Forschungszentren auf saudischem Boden stehen.“

Öl aus Saudi-Arabien: Profite bis zum letzten Tropfen?

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Enge Beziehungen trotz Kontroversen

„Uneinig dürften sich beide Seiten hinsichtlich der Ölförderung sein“, glaubt Stephens.  Die USA würden eine Steigerung der Fördermengen begrüßen. Riad hingegen wünsche ein Moratorium für die Fördersteigerung. „Denn der Preis liegt nicht dort, wo sie ihn gerne hätten“, so Stephens zur DW.

Ein ebenfalls strittiges Thema könnte die anhaltende Menschenrechtslage in Saudi-Arabien sein. Allerdings dürften entsprechende Differenzen das Treffen nicht überschatten, erwartet Stephens. „In der Summe wird es ein sehr produktives, freundschaftliches Treffen werden. Denn es gibt viele geopolitische Fragen, die die beiden Staaten lösen müssen.“

Aus dem Englischen adaptiert von Kersten Knipp.