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Europas Vision der Vier-Tage-Woche steht im krassen Gegensatz zum Silicon Valley: Dort fordern KI-Start-ups Mitarbeiter in 72-Stunden-Schichten.

Berlin – Während europäische Länder wie Belgien oder Island bereits die Vier-Tage-Woche testen, geht der Trend auf dem Arbeitsmarkt in den USA in die andere Richtung. Einige Start-ups im Silicon Valley setzen auf ein extremes Arbeitszeitmodell: 72 Stunden pro Woche statt der üblichen 40. Das sogenannte „996“-Modell, benannt nach Arbeitszeiten von 9 Uhr morgens bis 21 Uhr abends an sechs Tagen pro Woche, stammt ursprünglich aus China. Vor allem Start-ups im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) greifen diese Praxis auf, um schneller zu wachsen.

Während Europa von der Vier-Tage-Woche träumt, drehen US-KI-Start-ups die Uhr zurück: 72-Stunden-Schichten sollen Wachstum sichern – und treiben Menschen an ihre Grenzen.Während Europa von der Vier-Tage-Woche träumt, drehen US-KI-Start-ups die Uhr zurück: 72-Stunden-Schichten sollen Wachstum sichern – und treiben Menschen an ihre Grenzen. © IMAGO / imagebroker

Statt Work-Life-Balance dominiert dort nun also der „Eat-Sleep-Work“-Lifestyle, wie das US-Magazin Fast Company berichtet. Das Blatt zitiert etwa eine Stellenausschreibung der Firma Rilla, wonach „Kandidaten, die sich nicht darauf freuen, 70 Stunden pro Woche zu arbeiten“ sich nicht zu bewerben bräuchten. Es gäbe eine Subkultur innerhalb der Generation Z, die von Menschen wie Steve Jobs und Bill Gates motiviert sei, mehr zu arbeiten, erklärte Will Gao, der als „Head of Growth“ bei Rilla tätig ist. Kein Einzelfall: Google-Mitbegründer Sergey Brin forderte unlängst Arbeitszeiten von Minimum 60 Stunden pro Woche.

Tesla-Chef Elon Musk hatte bei seiner Übernahme des Nachrichtendienstes Twitter 2022 laut Washington Post eine E-Mail an alle Mitarbeiter gesendet. Darin forderte er, sie müssten „extrem hardcore“ sein und „lange Stunden mit hoher Intensität“ arbeiten. Doch Arbeitsmarktexperten warnen: Der Preis dafür ist hoch. Inspiriert ist das 996-Modell von China, wo es zwar gängige Praxis, aber offiziell illegal ist. Das Arbeitsrecht schreibt dort eine 40-Stunden-Woche vor, mit maximal drei Überstunden pro Tag und 36 im Monat. Zwar können diese auf sechs Tage verteilt werden, doch der Schnitt muss langfristig bei 40 Stunden bleiben, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete.

Fast 70 Prozent gefährdet: Eine neue Umfrage zeigt das wachsende Burnoutrisiko

Indes erreichten Burnouts in den USA zuletzt ein Rekordniveau, wie eine Umfrage der Plattform Care.com zeigt. Fast 70 Prozent der befragten Beschäftigten sehen bei sich ein mittleres bis hohes Risiko. Überlastung führt nicht nur zu Erschöpfung, sondern auch dazu, dass sich Mitarbeitende innerlich von ihrer Arbeit abwenden. Das wiederum hat direkte negative Auswirkungen etwa auf die Produktivität. Zudem gibt es Untersuchungen, die zu dem Schluss kommen: Weniger Arbeitszeit kann sogar produktiver sein. Eine britische Studie mit 60 Firmen zeigt, dass kürzer arbeitende Beschäftigte pro Stunde mehr leisten, seltener krank sind und weniger Stress empfinden. 56 Unternehmen wollen deshalb dauerhaft bei der Viertagewoche bleiben.

Rente: Das sind die 15 größten Mythen zur AltersvorsorgeMythos 2: Die Rente muss nicht versteuert werden. Auch das ist nicht richtig. Renten sind grundsätzlich Einkommenssteuer- beziehungsweise Lohnsteuerpflichtig. Jedoch wird das Geld derzeit nicht voll versteuert. Der Prozentsatz hängt vom Zeitpunkt des Renteneintritts ab.Fotostrecke ansehen

Die Generation Z in Deutschland sieht gängige Strukturen auf dem Arbeitsmarkt zunehmend kritisch und wünscht sich weniger starre Arbeitszeitmodelle und eine besser Work-Life-Balance. Zu der Generation gehören zwischen 1995 und 2010 Geborene. Einer Umfrage der Beratungsunternehmens McKinsey zufolge, spürt auch in Deutschland jeder fünfte Arbeitnehmer den Druck von Burnout. Bei den jüngeren Menschen ist der Anteil mit Burnout-Symptomen demnach besonders hoch.

Das Institut für Wirtschaftsforschung (ifo) fordert von den Deutschen, dass sie mehr arbeiten. Ifo-Präsident Clemens Fuest spricht sich klar gegen eine Vier-Tage-Woche aus. Indes erhöht Künstliche Intelligenz den Druck auf dem Arbeitsmarkt weiter – und damit womöglich auch die Bereitschaft, länger zu arbeiten. Zuletzt stieg die Arbeitslosenquote etwa unter jungen Tech-Spezialisten in den USA stärker als die Arbeitslosigkeit im Landesdurchschnitt, wie Daten der Federal Reserve zeigen. (Quellen: Standard, Fast Company, AFP, dpa, Reuters, McKinsey, Care.com, Autonomy Research Ltd, ifo-Institut) (bme)