Haben zwei Rapper in der Hip-Hop-Szene miteinander „Beef“, also Streit, dann können sie das auf unterschiedliche Arten regeln. Eine Möglichkeit ist ein auf offener Bühne ausgetragener „Battle Rap“ – eine in Musikerkreisen als sportlich geltende Auseinandersetzung. Wer seinen Gegner mit den richtigen Zeilen in die Knie zwingt, gewinnt. Fieser geht es zu bei einem „Disstrack“. Hier werden Kontrahenten regelmäßig mit persönlichen Angriffen bedacht und bloßgestellt. Ein solches Machwerk führte nun zu einem Strafprozess vor dem Amtsgericht – in dem Fall blieb es nicht bei Worten.
Auf der Anklagebank in Saal B des Kölner Justizgebäudes saß ein bekannter Rapper und Youtuber, dem gefährliche Körperverletzung vorgeworfen wird. Im Dezember 2023 soll er einem Kontrahenten nach einer Hip-Hop-Veranstaltung in der Partylocation „Kantine“ in Niehl aufgelauert haben – mit einem regelrechten Rollkommando, so beschreibt es die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Köln.
Köln: Maskierte Täter stürzen sich auf Rapper
„Twizzy“, so nennt sich der Gegner des Mannes in der Rap-Szene, hatte gegen 1.40 Uhr das Gebäude verlassen, als er auf dem Parkplatz plötzlich auf mehrere vermummte Gestalten traf. Erst schlugen die Männer, dann traten sie auf den Musiker ein, so der Staatsanwalt. Der Angeklagte soll dabei munter mitgemischt haben. Als Zeugen dazwischen gingen, verschwanden die maskierten Schläger – so schnell, wie sie gekommen waren. Das Opfer erlitt Schädelprellungen, verletzte sich einen Halswirbel.
Hintergrund der mutmaßlichen Attacke soll ein „Disstrack“ sein, den „Twizzy“ mit zwei weiteren Beteiligten erstellt und dem beschuldigten Influencer gewidmet hatte – als Reaktion auf angebliche Schmähungen auf dessen YouTube- und Twitch-Kanals. „Heute tritt der Journalist als Meinungsblogger auf, leider nutzt er seine Reichweite für Cybermobbing aus“, prangert der Song an. Doch er nimmt auch körperliche Gebrechen des Influencers ins Visier: „Schon damals in der Schule wurde er nur runtergemacht, weil Mutter Natur den Armen so verunstaltet hat.“ Vor dem Landgericht Hamburg wollte der Betroffene den Track verbieten lassen. Doch die Richter deuteten an, dass der Inhalt vom Grundrecht der Kunstfreiheit gedeckt sei. Die Klage wurde zurückgenommen.
Köln: Angeklagter äußert sich nicht zu den Vorwürfen
Zu den Prügelvorwürfen äußerte sich der Angeklagte im Amtsgericht nicht. „Mein Mandant macht von seinem Schweigerecht Gebrauch“, sagte der Verteidiger beim Prozessauftakt. Nebenkläger „Twizzy“ sprach danach ausführlich im Zeugenstand. Er schilderte, dass er und der Youtuber schon im Backstagebereich der Kantine aneinandergeraten seien, aber nicht körperlich. Die Situation schien bereinigt, dann habe er das Gebäude durch einen Hinterausgang verlassen. Draußen angekommen, habe er den Angeklagten telefonieren sehen.
„Er hat auf mich gezeigt“, so sagte es „Twizzy“ aus. Kurz darauf seien die Vermummten hinter geparkten Autos hervorgestürmt. „Sekunden später habe ich den ersten Schlag gefangen“, erklärte das Opfer. Zwei oder drei der Männer hätten immer gleichzeitig auf ihn eingeschlagen. Todesängste habe er ausgestanden, nachdem er ein Messer bei einem der Angreifer erblickt habe, so der Zeuge.
Köln: Anwalt bringt Musiker Bushido als Zeugen ins Gespräch
Bis heute leide er unter den psychischen Folgen der Attacke. Der 36-jährige Musiker, der vor Gericht Finanzberater als Berufsbezeichnung angegeben hatte, sagte, er sei rund sechs Monate krankgeschrieben gewesen. Zwölf Kilo habe er in der Zeit abgenommen. „Ich bin viel ängstlicher und vorsichtiger geworden, bin nachts nicht mehr allein unterwegs“, so der Geschädigte. Bei ihm sei eine mittelschwere Depression und eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert worden.
So ganz glauben wollte der Verteidiger die Krankengeschichte des Mannes nicht. So belastet könne der Nebenkläger nicht gewesen sein, schließlich habe er am Tag nach dem Vorfall an einem Livestream bei YouTube mit dem bekannten Rapper Bushido teilgenommen. Dort hatte „Twizzy“ von der Attacke berichtet. Als Reaktion darauf, dass der Angeklagte seinerseits geäußert habe, in einen Hinterhalt gelockt worden zu sein. „Das wollte ich nur richtigstellen“, sagte der Zeuge. Der Anwalt deutete an, Bushido für einen der nächsten Verhandlungstage womöglich als Zeugen hören zu wollen.
