Als die Polizisten zum Schwelmer Rathaus ausrückten, hatten sie den Durchsuchungsbeschluss für das Hauptverwaltungsgebäude in der Tasche. In ihrem Fokus: Alles, was mit dem Bau und der Erweiterung der Schwelmer Feuerwache zu tun hat. Denn nach einer Strafanzeige gegen die Stadt Schwelm wird nun geprüft, ob auf dem Gelände der Feuerwache eine Schadstoffbelastung herrscht, die zu einem deutlich erhöhten Krebsrisiko führt. Bürgermeister Stephan Langhard, der durch die Anzeige eines ehemaligen Feuerwehrmannes ebenfalls zu einem Teil der Ermittlungen geworden ist, hat bereits ein Gutachten über eine möglicherweise gesundheitsgefährdende Kontamination des Grundstücks in Auftrag gegeben.

Was ist Kern der Anzeige, die bereits im August gestellt wurde? Der ehemalige hauptberufliche Schwelmer Feuerwehrmann hatte viele Jahre in der Feuer- und Rettungswache an der August-Bendler-Straße seinen Dienst versehen. Dort – so der Vorwurf des Betroffenen – soll die Arbeitsumgebung durch Altlasten derart stark belastet sein, dass die Krebserkrankung ausgelöst, zumindest begünstigt worden sein soll. Im Raum steht ebenso, dass in der Schwelmer Feuerwehr die Quote der Krebserkrankten deutlich höher als im Durchschnitt der Bevölkerung sein soll. Das ist jedoch bislang weder untersucht worden noch durch irgendwelche Fakten belegt.

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Gleichwohl ist aus Feuerwehrkreisen zu hören, dass die Unsicherheit nach Bekanntwerden der Vorwürfe unter denjenigen Haupt- und Ehrenamtlichen, die täglich in der Wache arbeiten, groß sein soll. Sie machen sich Gedanken darüber, ob sie täglich einer Gefährdung ihrer Gesundheit ausgesetzt sind.

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„Wir ermitteln wegen Körperverletzung im Amt durch Unterlassung“, teilt Christoph Neuhaus, Pressesprecher der Kreispolizeibehörde Ennepe-Ruhr, auf Nachfrage der Redaktion mit. Die Fragen, die es zu klären gelte, so erläutert Neuhaus, lauteten: Existiert ein solcher Zusammenhang überhaupt? Und wenn ja: Wer wusste in der Stadtspitze davon und hat unterlassen, die Gesundheitsgefahr zu beseitigen? „Im Fokus stehen demnach alle Bürgermeister seit dem Bau der Feuerwache“, sagt Christoph Neuhaus.

Die Feuer- und Rettungswache an der August-Bendler-Straße in Schwelm steht auf dem Gelände des ehemaligen Schwelmer Gaswerks.

Die Feuer- und Rettungswache an der August-Bendler-Straße in Schwelm steht auf dem Gelände des ehemaligen Schwelmer Gaswerks.
© WP / Stefan Scherer | Stefan Scherer

Die Feuerwache wurde in den 50er Jahren auf dem Grundstück des ehemaligen Schwelmer Gaswerks errichtet. Damals war Heinrich Homberg Schwelmer Bürgermeister. Er ist seit vielen Jahren verstorben. Gleiches gilt für die meisten seiner Nachfolger, von denen allenfalls Rainer Döring noch eine Rolle spielen könnte, denn unter seiner Regie wurde die Wache Ende der 90er Jahre erweitert und modernisiert. Seinerzeit ist kontaminierter Boden entfernt worden an den Stellen, an denen die neuen Gebäude entstanden sind. Doch worauf gründen die Ursprungsgebäude? Diese Frage muss noch beantwortet werden.

Dazu können allerdings nicht mehr viele Stadtoberhäupter befragt werden. Es leben lediglich noch drei von ihnen. Der amtierende Bürgermeister Stephan Langhard hat nach Eingang der Anzeige im Sommer, die potenziell auch gegen ihn gerichtet ist, umgehend reagiert und ein Gutachten in Auftrag gegeben, das die tatsächliche Schadstoffbelastung an der August-Bendler-Straße untersucht. Im Zentrum dieser Untersuchungen stehen vor allem Cyanide. „Die Gesundheit der Kolleginnen und Kollegen, die dort ihren Dienst verrichten, ist ganz, ganz wichtig. Deshalb bin ich sofort tätig geworden. Ich weiß um die große Unsicherheit, die nach den Vorwürfen innerhalb der Truppe herrscht. Um so wichtiger ist es mir, dass wir schnell Klarheit geschaffen haben.“

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Denn: „Das Gutachten kommt zu dem Schluss, dass keinerlei Gefährdung vorliegt“, betont Bürgermeister Stephan Langhard im Gespräch mit der Redaktion. Seines Wissens nach seien bei der Erweiterung kurz vor der Jahrtausendwende großflächig Altlasten abgetragen worden. Auch dieser Komplex wird von der Staatsanwaltschaft beleuchtet, die die Unterlagen, die im Zusammenhang mit der Feuer- und Rettungswache existieren, nun durcharbeitet.

Weder Bürgermeister Stephan Langhard noch Polizeisprecher Christoph Neuhaus äußern sich auf Nachfrage zu weiteren Details und verweisen auf die laufenden Ermittlungen.

Die Redaktion hat ebenso den ehemaligen Feuerwehrmann um Stellungnahme gebeten. Er lehnte dies über seinen Anwalt ab.

Unabhängig davon und bereits vor der Anzeige gegen die Stadt Schwelm plant diese bereits den Bau einer komplett neuen Hauptwache, die am Ochsenkamp entstehen soll. Die Gründe für den Neubau liegen im Brandschutzbedarfsplan, der klar ausweist, dass die im Kern mehr als 70 Jahre alte Wache schon den aktuellen Anforderungen an eine moderne Feuerwehr kaum gewachsen ist und erst recht keine Entwicklungsmöglichkeiten mehr bietet. Der Bau soll so bald wie möglich beginnen.