Stuttgart. Nach den Durchsuchungen bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart und der Verhaftung eines Justizwachtmeisters nehmen die Ermittler vor allem eine zentrale Software der Justizbehörden ins Visier. Der verhaftete Wachtmeister und weitere verdächtigte Bedienstete der Staatsanwaltschaft sollen angestiftet worden sein, gegen Geld Daten aus diesem zentralen Programm der Staatsanwaltschaft an Auftraggeber zu übermitteln. 

Der Verdacht richtete sich neben dem Wachtmeister gegen insgesamt sechs Angestellte oder Beamte aus dem sogenannten Unterstützungsbereich. Sie arbeiten vor allem auf den Geschäftsstellen, den „Sekretariaten“ der Staatsanwaltschaften, sagte der Leiter der Heilbronner Staatsanwaltschaft, Oberstaatsanwalt Frank Schwörer. Er stand gemeinsam mit Justizministerin Marion Gentges (CDU) und auf Antrag von SPD und FDP Rede und Antwort im Ständigen Ausschuss des Landtags .

Disziplinarverfahren und Freistellungen

Verhaftet wurden auch zwei mutmaßliche Auftraggeber. Sie sollen den Wachtmeister bestochen haben, gegen den nun nach Angaben von Gentges ein Disziplinarverfahren eingeleitet wurde. Die anderen Verdächtigen seien mit sofortiger Wirkung freigestellt worden. 

Unklar ist noch, wer bei mindestens vier von ihnen die Aufträge erteilt hat. „Momentan haben wir in diesem Komplex keine Erkenntnisse zu Auftraggebern oder zu der Identität von möglichen Personen, an die diese Daten abgeflossen sein könnten“, sagte Schwörer. „Wir fangen erst an mit den Ermittlungen.“

Anschlag führte auf die Spur

Auf die Spur der Verdächtigen und des Datenlecks waren die Ermittler durch einen Anschlag auf den 23-jährigen Mitarbeiter einer Security-Firma in Tamm im vergangenen Mai gekommen. Der dabei angeschossene Mann habe die Vermutung geäußert, die beiden mutmaßlichen Täter aus den Niederlanden könnten zu den Schüssen auf ihn angestiftet worden sein, sagte Schwörer. Die Ermittlungen gegen diese mutmaßlichen Auftraggeber hätten daraufhin unter anderem zum Wachtmeister geführt.

Software ist zentrale Arbeitsplattform

Die im Zentrum des Datenlecks stehende Software web.sta wird in allen baden-württembergischen Staatsanwaltschaften als zentrale Arbeitsplattform genutzt. Mit ihr werden Strafverfahren vom Eingang bis zum Abschluss verwaltet. Mitarbeitende können damit neue Fälle anlegen, Akten führen, Fristen im Blick behalten und Schriftstücke wie Verfügungen oder Anklagen direkt im System erstellen. Auch der Austausch mit Registern wie dem Bundeszentralregister läuft darüber.

Die Zugänge zur Plattform seien weit verbreitet, sagte Schwörer. „In meiner Behörde haben eigentlich alle Bediensteten außer den Reinigungskräften einen Zugang.“ (dpa/lsw)