Die Bundeswehr trainiert in Berlin und Brandenburg den Ernstfall. Erstmals auch in einem U-Bahnhof, der für vier Stunden zum Kampfplatz wurde. So verlief das Training.

19. November 2025 um 06:16 UhrBerlin

Ein Artikel von

Johannes Leichsenring

Bei der Übung der Bundeswehr «Operation "Bollwerk Bärlin" klettern Bundeswehrsoldaten im U-Bahnhof Jungfernheide in einem U-Bahn Tunnel in eine U-Bahn. Das Ausbildungsszenario findet im Übungstunnel an der U-Bahn-Station Jungfernheide statt und stellt einen Angriff auf eine U-Bahn mit vielen Verletzten mitten in der Nacht dar. +++ dpa-Bildfunk +++

Bei der Übung der Bundeswehr-Operation „Bollwerk Bärlin“ klettern Soldaten im Tunnel des U-Bahnhofs Jungfernheide in eine U-Bahn.

Christophe Gateau/dpa Zusammenfassung Neu

  • Bundeswehr übt „Operation Bollwerk Bärlin III“ in Berlin und Brandenburg vom 17. bis 21. November.
  • 35 Soldaten trainieren Orts- und Häuserkampf sowie Objektschutz, u. a. im U-Bahnhof Jungfernheide.
  • Szenario: Saboteure kapern U-Bahn, Soldaten befreien Geiseln unter realitätsnahen Bedingungen.
  • Ziel ist Einsatzbereitschaft durch Übungen in urbanen Räumen wegen angespannter Sicherheitslage.
  • Weitere Übungen finden in Ruhleben und Rüdersdorf statt, insgesamt nehmen 250 Soldaten teil.

Die Zusammenfassung wurde durch künstliche Intelligenz erstellt.

War das hilfreich für Sie?

Das Geräusch von Schüssen hallt durch den langgestreckten U-Bahnschacht, während ein Trupp von zirka 15 Soldaten die Treppen zum Bahnsteig der U7 hinuntereilt. Sie folgen ihren Kameraden, die bereits das Gleisbett betreten haben und in Gefechtshandlungen verwickelt sind. Insgesamt 35 Soldaten in Kampfmontur und mit Sturmgewehren proben im U- und S-Bahnhof Jungfernheide in Berlin-Charlottenburg den Verteidigungsfall.

„Operation Bollwerk Bärlin III“ ist der Name der fünftägigen Übung, die seit Montag, dem 17. November, bis einschließlich 21. November in Berlin und Brandenburg abläuft. Durchgeführt wird das Training durch das Wachbataillon des Verteidigungsministeriums. Die Soldaten trainieren dabei den Orts- und Häuserkampf sowie den Objektschutz verteidigungswichtiger Infrastruktur im urbanen Raum.

Die eingangs beschriebene Szene ergibt sich aus der konstruierten Übungssituation, wie sie am Mittwoch zwischen ein Uhr und vier Uhr früh in einem U-Bahnschaft in Jungfernheide durchgeführt wurde. Bei dieser Simulation befindet sich Berlin im Verteidigungsfall. Die Bundeswehr nutzt das U-Bahnsystem, um ihre Truppen im Stadtgebiet zu verschieben. Doch Saboteuren ist es gelungen, in das Tunnelsystem einzudringen. Dabei haben sie eine U-Bahn in ihre Gewalt gebracht sowie mehrere, teils verwundete Soldaten.

Wachbataillon hat den Auftrag Teile von Berlin zu verteidigen

Der Auftrag der übenden Soldaten lautet daher: feindliche Kräfte umstellen, anschließend den U-Bahntunnel stürmen und freikämpfen sowie die gefangenen Soldaten befreien und, wo nötig, medizinisch versorgen. Oberstleutnant Maik Teichgräber, Kommandeur des Wachbataillons, spricht von einer „hochkomplexen Situation“ unter widrigen Bedingungen. Denn die geprobte Lage ist gewollt unübersichtlich. Die U-Bahnschächte sind eng, die Sicht ist schlecht.

Nach den Feuergefechten, bei denen Platzpatronen verwendet wurden, ging es für die Soldaten des Wachbataillons an die Bergung der verletzten Personen, die um Hilfe rufen oder Schmerzensschreie von sich geben. Auch wenn die Rufe und Schreie sowie die Kampfhandlungen gestellt sind, verleiht dies der Szenerie im Halbdunkel eine schaurige Realistik. Insbesondere auch deshalb, weil die Übung nicht auf einem Truppenübungsplatz abgehalten wird, sondern im öffentlichen Raum.

Bundeswehrsoldaten stürmen bei der Übung "Bollwerk Bärlin" den U-Bahnhof Jungfernheide.

Bundeswehrsoldaten stürmen bei der Übung „Bollwerk Bärlin“ den U-Bahnhof Jungfernheide in Berlin.

Christophe Gateau/dpa

„Wir üben in Berlin, weil Berlin unser Einsatzraum für das Wachbataillon ist“, erklärt Teichgräber. Das Wachbataillon hat neben repräsentativen Aufgaben den Auftrag, im Kriegsfall unter anderem das Regierungsviertel Berlins zu verteidigen, so der Oberstleutnant. Natürlich würden die Soldaten auf Truppenübungsplätzen trainieren. Bei der Übung im U-Bahnhof Jungfernheide ginge es jedoch darum, das, was trainiert wurde, in die Realität zu überführen, so der Kommandeur. Erstmals trainiert das Wachbataillon in einem zivil genutzten U-Bahnhof. Das Tunnelstück, bei dem die Soldaten im Gleisbett agierten, ist ein Übungstunnel, welcher bereits seit Jahren durch Feuerwehr und Polizei für Ausbildungszwecke genutzt wird.

Bundeswehr soll kriegstüchtig werden

Hintergrund der militärischen Übung ist die „anhaltend angespannte sicherheitspolitische Lage in Europa“, teilte die Bundeswehr im Vorhinein mit. Gemeint sein dürfte der Krieg in der Ukraine und die damit verbundene Bedrohungssituation Europas sowie der NATO-Bündnisländer durch die russischen Aggressionen. Am Ende ginge es darum, die gesamten Streitkräfte einsatzbereit zu machen. „Der Minister hat es kriegsfähig genannt“, so der Oberleutnant. Um diesen Auftrag gerecht werden zu können, müsse unter realitätsnahen Einsatzbedingungen geübt werden.

Die Übung sei aus Sicht des Kommandeurs positiv verlaufen. Der Zugführer habe die Lage schnell erkannt, entsprechend Anweisungen gegeben und gehandelt. Besonders herausfordernd sei der „starke Anfall von Verwundeten“ gewesen. „Das zu koordinieren ist nicht leicht, vor allem, wenn man es zum ersten Mal macht“, lobt Teichgräber.

Nachdem der Bahnsteig im Rahmen der Übung "Bollwerk Bärlin" gesichert wurde, betreten Bundeswehrsoldaten ein Gleisbett. Dieses ist Teil eines Übungstunnels der BVG.

Nachdem der Bahnsteig im Rahmen der Übung „Bollwerk Bärlin“ gesichert wurde, betreten Bundeswehrsoldaten ein Gleisbett. Dieses ist Teil eines Übungstunnels der BVG.

Christophe Gateau/dpa

Allgemein sei das Wachbataillon mittlerweile besser auf Verteidigungsfälle vorbereitet als in der Vergangenheit, „weil wir doch auch aufgrund der geänderten Situation mehr üben“, räumt der Kommandeur ein. Übungen wie diese würden dazu beitragen.

Übungen finden auch in Brandenburg statt

Rund 35 Soldaten sind an der Übung in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch beteiligt, plus eine Vielzahl an Statisten, die die verletzten Soldaten spielen. Allesamt gehören sie der 2. und 3. Kompanie des Wachbataillons an, das in der Julius-Leber-Kaserne in Berlin-Wedding stationiert ist.

Doch der U-Bahnhof Jungfernheide ist nicht der einzige Ort, an dem die Bundeswehr trainiert. Weitere Übungen finden auf dem Trainingsgelände der Berliner Polizei in Ruhleben (Spandau) sowie auf dem Gelände des ehemaligen Chemiewerks Rüdersdorf (Märkisch-Oderland) statt. Insgesamt proben in dieser Woche rund 250 Soldaten mit 50 Fahrzeugen den Ernstfall.