Winter in Hamburg

„Wohnung ist bester Schutz gegen Erfrierung“ – Gefahr für Obdachlose

19.11.2025 – 12:36 UhrLesedauer: 2 Min.

imago images 0839867140Vergrößern des Bildes

Eine Frau liegt neben einem Müllbehälter in der Spitalerstraße (Archivbild): Viele Menschen in Hamburg müssen betteln, um zu überleben. (Quelle: IMAGO/BODE/imago)

VorlesenNews folgenTeilen Menu auf machenArtikel teilen

In Hamburg sinken die Temperaturen unter null Grad, Menschen ohne Obdach frieren auf der Straße. Die Diakonie fordert langfristige Lösungen.

Der erste Nachtfrost hat Hamburg erreicht – und damit steigt die Gefahr für die rund 3.800 obdachlosen Menschen in der Stadt. Obwohl etwa 1.300 Notübernachtungsplätze bereitstehen, wurden die großen Unterkünfte im vergangenen Winter nie vollständig ausgelastet, wie die Diakonie Hamburg berichtet. Viele Betroffene übernachten lieber draußen als in Mehrbettzimmern.

„Menschen, die obdachlos sind, befinden sich fast immer in einer existenziellen Krise“, sagt Stefanie Koch, Wohnungslosenexpertin der Diakonie. „Sie sind hilfebedürftig und brauchen Rückzugsorte. Unsere Sozialarbeitenden berichten, dass Klient*innen Mehrbettzimmer aufgrund der Unruhe und wegen ihrer eigenen psychischen Verfassung nicht nutzen können.“ Eine sichere Unterkunft sei entscheidend, um gesundheitliche Folgen zu verhindern. „Die eigene Wohnung ist der beste Erfrierungsschutz“, so Koch.

Wie dramatisch die Situation ist, zeigt ein Bericht von Hinz&Kunzt:
In diesem Jahr sind bereits mindestens 17 obdachlose Menschen in Hamburg gestorben. Zuletzt starb Anfang November ein 59-Jähriger in Rissen. Ein Freund fand ihn leblos auf einem Parkdeck, die Polizei schloss Fremdverschulden aus, so Hinz&Kunzt.

Die Behörden dokumentieren die Todesfälle jedoch nicht systematisch. Laut Hinz&Kunzt basiert die Zahl auf Daten des Instituts für Rechtsmedizin und Erinnerungen von LKA-Mitarbeitenden – es könne also viele weitere viele Fälle geben.

Seit dem 1. November ist das städtische Winternotprogramm wieder geöffnet. Unterkünfte in Hammerbrook und Moorfleet bieten 700 Schlafplätze in Zwei- und Dreibettzimmern – kostenlos. Doch die Häuser müssen am Morgen spätestens um halb zehn verlassen werden.

Die Sozialbehörde betont gegenüber dem NDR, dass es sich um ein Angebot zur Gefahrenabwehr als Kälte- und Erfrierungsschutz handele und verweist auf Tagesaufenthaltsstätten. Die Forderung von Wohlfahrtsverbänden und der Linksfraktion, die Einrichtungen rund um die Uhr zu öffnen, besteht seit Jahren.

Besonders begehrt sind die etwa 100 Containerplätze verschiedener Kirchengemeinden und Hochschulen. Dort dürfen die Menschen bleiben, solange sie möchten.

Dennoch verbringen viele Menschen im Winter die Nacht auf der Straße. Der Mitternachtsbus der Diakonie fährt jede Nacht durch Hamburg, verteilt heiße Getränke, Backwaren, warme Kleidung und Decken.

Corinna Schnaus, Leiterin des Mitternachtsbusses appelliert an die Hamburgerinnen und Hamburger: „Fragen Sie, ob Hilfe benötigt wird. Ein heißes Getränk kann manchmal sehr hilfreich sein. Und wenn Sie das Gefühl haben, dass etwas nicht stimmt, bieten Sie gerne an, einen Rettungswagen zu rufen.“

Die Diakonie fordert einen Hamburger Aktionsplan gegen Obdach- und Wohnungslosigkeit, um dem Ziel näher zu kommen, diese bis 2030 abzuschaffen. Dazu gehören neue Projekte wie das Diakonie-Haus Münzviertel, das bis 2026 Wohnraum für 31 Menschen schaffen soll, sowie Housing First Hamburg, das obdachlosen Menschen Wohnungen vermittelt.