Als die Deutsche Bahn im Juni 2024 erklärte, der Start von Stuttgart 21 verschiebe sich mal wieder nach hinten, auf Dezember 2026, hatte sie dafür ein valides Argument: Lieber eröffne man später, dafür funktioniere dann alles reibungslos. Doch die technischen Probleme bei dem auf Gesamtkosten von 11,45 Milliarden Euro taxierten Großprojekt sind seither nicht kleiner geworden. Nun steht fest: Auch der Eröffnungstermin Ende 2026 kann nicht gehalten werden. An diesem Mittwoch informierte die neue Bahnchefin Evelyn Palla den Aufsichtsrat und die Projektpartner von Stuttgart 21 nach Informationen der Süddeutschen Zeitung über die aktuelle Lage. Einen neuen Termin für den Start des unterirdischen Durchgangsbahnhofs nannte Palla nach Teilnehmerangaben nicht. Ziel sei aber eine Eröffnung im Jahr 2027.

Schuld an der neuerlichen Verzögerung sollen technische Probleme am sogenannten „Digitalen Knoten Stuttgart“ sein. Dabei handelt es sich um ein Pilotprojekt, mit dem die Leit- und Sicherungstechnik der Bahn im Großraum Stuttgart digitalisiert wird. Nach einem Bericht der Zeitschrift Spiegel gibt es offenbar Probleme mit der Zulassung und Freigabe von Technik des japanischen Konzerns Hitachi, einem zentralen Projektpartner der Bahn beim Digitalen Knoten.

Der Verkehrsminister vernimmt „eine fatale Nachricht“

Die Initiative für die Verschiebung sei von der neuen Bahn-Chefin ausgegangen sein, heißt es in Konzernkreisen. Palla hat versprochen, mehr Transparenz herzustellen. Die erneute Verzögerung ist für die Bahn zwar peinlich, die neue Chefin kann sich aber zugutehalten, mit der bisherigen Projektplanung nichts zu tun gehabt zu haben. Die Probleme kann sie jetzt noch bei ihrem Vorgänger abladen, Richard Lutz. Dazu kommt: In Kürze muss die Bahn die Infrastrukturdaten für den Fahrplanwechsel Ende 2026 festlegen, daher musste sie nun auch entscheiden, ob der neue Bahnhof dann schon voll einsatzfähig sein wird.

Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) fordert angesichts der Neuentwicklung eine Sondersitzung des Lenkungskreises von Stuttgart 21. „Die erneute Verschiebung ist eine fatale Nachricht“, sagte Hermann. Die Fahrgäste würden seit Jahren unter den Folgen der Großbaustelle ächzen. „Das letzte bisschen Vertrauen in die Bahn wird mit dieser Ankündigung verspielt.“

Im Lenkungskreis informiert die Bahn die Partner des Projekts – das Land Baden-Württemberg, die Stadt und die Region Stuttgart sowie den örtlichen Flughafen – in regelmäßigen Abständen über die Fortschritte des Projekts. Die Partner fühlen sich aber schon seit Längerem von der Bahn nur ungenügend informiert. Bei der jüngsten Sitzung des Lenkungskreises im Oktober habe die Bahn nicht erkennen lassen, dass die Eröffnung 2026 infrage stehen könne, heißt es aufseiten des Landes. Die Bahn teilte dagegen mit, man habe damals bereits auf Terminrisiken hingewiesen. Diese hätten sich nun erhärtet.