Die Hecken im Sanddornweg in der Hammerschmiede sind getrimmt und reichen exakt bis an die Kante der Asphaltstraße. Doch jetzt haben die Anwohner Schreiben von der Stadt erhalten, die sie auffordern, ihre Anpflanzungen bis an die Grundstücksgrenze zurückzuschneiden. Was in den meisten Fällen bedeuten würde, die Hecken komplett zu entfernen. Denn in diesem Teil der Stadt wurden die Hecken vor 70 Jahren vor die Grundstücke gesetzt, was bislang niemanden zu stören schien. „Es kann doch nicht sein, dass ich wegen irgendwelcher Paragrafen meine Naturoase kaputt machen muss“, ärgert sich Sebastian Pfaller. Es ist nicht der erste Fall, bei dem die Stadt Grün beseitigen lässt, das jahrzehntelang niemanden gestört hat.
Der Sanddornweg ist eine kleine Sackgasse auf der Rückseite der Grundstücke mit wenig Verkehr. Zwischen Asphalt und Grundstücksgrenze liegt ein etwa ein Meter breiter Streifen, auf dem sich über die Jahre die Hecken breit gemacht haben. „Bis jetzt hat das viele Jahre niemanden gestört – die Hecke ist tipptopp gepflegt und stellt keine Gefahr oder Hindernis für Rad- oder Autofahrer da“, betont Pfaller. In seinem Fall wurde die Hecke 1956 gepflanzt und bietet seitdem Unterschlupf für Vögel und Insekten. Im Schreiben des Baureferats steht, die Anpflanzung auf seinem Grundstück rage in den öffentlichen Verkehrsraum und stelle eine Beeinträchtigung des Verkehrs da. „Die Straße wird deswegen nicht breiter, denn da wo die Hecke stand, wäre in Zukunft nur ein Streifen unbefestigter Erde“, sagt dazu Pfaller.
Auch sein Nachbar Bruno Brischler hat das Schreiben bekommen. „Das hier war mal ein Feldweg – 70 Jahre lang haben die Hecken niemanden gestört“, sagt der Mann, der seine Hecke damals selbst gepflanzt hat. „Wenn ich 50 Zentimeter zurückschneide, ist die Hecke weg“, bedauert er.
Der öffentliche Verkehrsraum muss frei von Hindernissen bleiben
Das Mobilitäts- und Tiefbauamt verweist in seiner Stellungnahme auf die Verkehrssicherungspflicht der Stadt. Diese sei als Straßenbaulastträger verpflichtet, den öffentlichen Verkehrsraum frei von Hindernissen zu halten – auch wenn diese von Privatgrundstücken herrühren. Überhängende Hecken und Sträucher könnten die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs beeinträchtigen, vor allem für Fußgänger, Menschen mit Rollatoren, Kinderwagen oder körperlichen Einschränkungen. In solchen Fällen müsse die Stadt einschreiten, um Unfälle zu vermeiden.
Die Verwaltung betont, dass täglich Beschwerden über wuchernde Pflanzen eingehen. Besonders in Stadtteilen wie Hammerschmiede, Bärenkeller oder Firnhaberau, wo es kaum Gehwege gibt, dient der sogenannte Schutzstreifen zwischen Grundstück und Straße als Sicherheitsabstand. Wenn dieser durch Bewuchs nicht mehr nutzbar ist, müssen Fußgänger auf die Fahrbahn ausweichen – mit entsprechenden Gefahren, vor allem bei Gegenverkehr oder in der dunklen Jahreszeit.
Konkret im Sanddornweg habe die Stadt die Anlieger bereits mehrfach aufgefordert, ihre Hecken zurückzuschneiden. Diese Aufforderungen seien aber weitgehend ohne Reaktion geblieben. Inzwischen sei der ohnehin schmale Straßenraum so weit eingeengt, dass der Schutzstreifen vollständig zugewachsen sei. Damit sei die sichere Begegnung von Fahrzeugen und Fußgängern nicht mehr gewährleistet.
Mitarbeiter der Stadt müssen gefährliche Situationen konsequent beseitigen
Ziel sei es nicht, die Begrünung zu beseitigen, sondern die Verkehrssicherheit wiederherzustellen. Innerhalb der eigenen Grundstücksgrenze dürften die Eigentümer ihre Hecken selbstverständlich behalten und pflegen. Im öffentlichen Raum müsse jedoch sichergestellt sein, dass Straßen, Geh- und Sicherheitsstreifen frei bleiben.
Auf die Frage, ob die Stadt nun härter durchgreife, verweist das Amt auf gestiegene Anforderungen an die Verkehrssicherheit und Haftungsfragen. Wenn der Stadt bekannt sei, dass ein Überwuchs die Sicherheit beeinträchtige, müsse sie handeln – andernfalls könne sie bei einem Unfall haftbar gemacht werden. Daher seien die Mitarbeiter verpflichtet, solche Situationen konsequent zu beseitigen. Gleichzeitig betont die Stadt, dass sie Begrünung grundsätzlich ausdrücklich befürworte. Sie sei wichtig für das Stadtklima und die Lebensqualität. Allerdings müssten auch hier gesetzliche Vorgaben eingehalten werden – insbesondere, wenn es um den Schutz aller Verkehrsteilnehmer geht.
Im vergangenen Jahr hat ein ähnlicher Fall in der Hindelanger Straße für Aufsehen gesorgt. Dort hat ein Rentner wilden Wein an seiner Grundstücksgrenze gepflanzt und 30 Jahre lang gepflegt. Obwohl sich viele Menschen für den Erhalt der Hecke als Insektenparadies einsetzten, bestand die Stadt auf die Entfernung der Pflanzung.
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Fridtjof Atterdal
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86169 Hammerschmiede
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Streitfall
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