Eigentlich waren die Staatsanwaltschaft, die Verteidiger und das Gericht auf einem guten Weg. Sie hatten bereits Gespräche mit allen Beteiligten geführt über zu erwartende Strafen, wenn die Angeklagten geständig wären. Doch jetzt platzt der Prozess um Sozialversicherungsbetrug in Millionenhöhe am Wuppertaler Landgericht, nachdem er Ende Oktober begonnen hatte.

Vertrauensverhältnis zerrüttet

Die Verteidiger von einem der beiden Angeklagten haben ihre Mandate niedergelegt, weil sie den Angeklagten nicht mehr vertreten wollen. Zur Begründung heißt es laut Gericht nur, das Vertrauensverhältnis zum Angeklagten sei zerrüttet. Was genau vorgefallen ist, dazu gab es auf WDR-Anfrage keine Antwort.

Der Prozess muss jetzt im neuen Jahr von vorne beginnen. Es geht um mehrere hundert Fälle nicht gezahlter Beiträge an Sozialkassen und um nicht gezahlte Lohnsteuer in sechsstelliger Höhe. Zwei Männer aus Wuppertal müssen sich dafür verantworten.

Zu den Geschädigten gehören laut Staatsanwaltschaft unter anderem die Berufsgenossenschaft und die Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft. Überhaupt sollen die beiden Angeklagten in sehr großem Stil alle Arbeitnehmer- und Arbeitgeber-Abgaben für sich behalten haben. Mehrere Millionen Euro sollen für die 42 und 44 Jahre alten Wuppertaler so zusammengekommen sein.

Masche für den Sozialbetrug 

Oberstaatsanwalt Wolf-Tilman Baumert kann und will zum aktuellen Fall nichts sagen. Grundsätzlich gebe es aber eine „Masche“, um mit Sozialabgaben und Lohnsteuer zu betrügen. 

„Wenn Sie so ein Gewerbe betreiben, das heißt Sie wollen Schwarzarbeiter beschäftigen, dann brauchen Sie Bargeld. Dieses Bargeld müssen Sie aus Ihrem Unternehmen erstmal herausziehen. Und dafür kauft man Scheinrechnungen an.“ Das sei kein Problem, denn für solche illegalen Geschäfte gebe es einen regelrechten Markt, mit so genannten „Wegwerfunternehmen“, die nur den Zweck haben, Rechnungen für angeblich erbrachte Leistungen zu erstellen.

Hohe Beweislast, meint die Staatsanwaltschaft 

So würden dem Finanzamt Kosten und Betriebsausgaben vorgegaukelt. Baumert: „Und unter der Hand gibt es dieses Geld in Bar abzüglich einer Provision zurück“. So sei es auch möglich, die angeheuerten Schwarzarbeiter zu bezahlen. In einem Prozess muss das alles erst einmal nachgewiesen werden. Die Staatsanwaltschaft spricht von einer hohen Beweislast. 

Bei dem 42-Jährigen kommen noch Vorwürfe wegen unerlaubten Besitzes einer Waffe und von Drogen dazu. Die dürften im Fall einer Verurteilung allerdings nicht zu sehr ins Gewicht fallen. Doch bis es zu einer Verurteilung kommt, muss der Prozess erst einmal neu terminiert werden.