Das Jahr 2025 hätte das beste Jahr der Kryptowährungen werden können. Schließlich bezog Donald Trump, selbst dick im Geschäft mit Digital-Münzen, im Januar das Weiße Haus. Und es dauerte nicht lange, da schwächte seine Regierung die Finanzaufsicht, und der Kongress verabschiedete äußerst freundliche Regeln für die Branche. Vermögensverwalter und Großinvestoren entdeckten das digitale Geld, neue Fondsprodukte ermöglichen nun Kleinanlegern einen unkomplizierten Zugang zu Bitcoin. Damit schien wahr zu werden, was einige Analysten wagemutig prophezeit hatten: dass die bekannteste digitale Währung noch 2025 den Rekordwert von 200.000 Dollar erreichen werde.
Von diesen Fantasien ist kurz vor dem Jahreswechsel nicht viel übrig, stattdessen droht ein Kryptowinter. Am Montag war ein Bitcoin gerade noch 90.000 Dollar wert, damit sind alle Kurssteigerungen dieses Jahres verloren. Seit dem Rekord im Oktober, als ein Bitcoin 126.000 Dollar kostete, ist der Gesamtwert aller existierenden Bitcoins um 600 Milliarden Dollar gesunken. Insgesamt verlor die Kryptobranche in den vergangenen sechs Wochen mehr als 1,2 Billionen US-Dollar, wie CoinGecko, eine auf digitale Währungen spezialisierte Analysefirma, ermittelt hat.
Aber: Warum? Bei Bitcoin liegt eine mögliche Erklärung in der ursprünglichen Konzeption. Alle vier Jahre wird die Belohnung für das Mining neuer Blöcke, also die Schaffung eines neuen Bitcoins, um 50 Prozent reduziert. Es gibt also weniger Anreize für Schürfer, mit ihren Rechnern neue Bitcoins zu kreieren. Auf diese Weise soll das Wachstum des Angebots gebremst und der Wert stabilisiert werden.
Dabei stößt man auf ein wiederkehrendes Muster: Zunächst sorgt die Reduzierung der Schürf-Anreize für einen steigenden Kurs, der 400 bis 600 Tage später einen Höhepunkt erreicht. Danach geht es wieder runter. Im April 2024 wurde die Belohnung zuletzt halbiert. Der extreme Wert im Oktober wurde offenbar von vielen Investoren als der Höhepunkt ausgemacht. Um Gewinne mitzunehmen, bevor der Kurs wieder fällt, verkauften sie – und sorgten möglicherweise so für den Absturz.

Dieser Artikel stammt aus der ZEIT Nr. 49/2025. Hier können Sie die gesamte Ausgabe lesen.
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Das ist die eine mögliche Erklärung für den Wertverfall. Die andere hat mit der US-Notenbank zu tun. Viele Investoren hatten erwartet, dass diese in den kommenden Monaten die Leitzinsen rasch senken würde. Und niedrigere Zinsen machen sicherere, festverzinsliche Anlagen weniger rentabel und befeuern damit die Nachfrage nach spekulativen Anlagen – so auch Kryptogeld. Doch angesichts der wieder anziehenden Inflation in den USA signalisierten die Notenbanker zuletzt Zurückhaltung. Das macht riskantere Anlagen unattraktiver.
Von den äußeren Umständen abgesehen, fehlt den Kryptowährungen aber noch etwas ganz anderes: eine Geschichte, die schlüssig erklärt, warum Anleger digitale Währungen brauchen. Lange wurden sie als sicherer Hafen für Investoren beschrieben, als eine Anlage außerhalb des traditionellen Finanzmarktes, die von den Ausschlägen dort verschont bleibt. Das erwies sich jedoch immer wieder als teure Fehleinschätzung, zuletzt im April, als Donald Trump am Liberation Day seine Vergeltungszölle verkündete und Kryptowährungen genauso einen Crash erlebten wie Aktien und die meisten anderen Vermögenswerte.
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Auch die Mär vom digitalen Gold, einem stabilen Wert in unruhigen Zeiten, hat sich abermals als Irrtum erwiesen. Denn eine Anlage, die anders als das echte Gold keine Beziehung zur realen Welt hat, verdankt ihren Wert ausschließlich dem, was Anleger ihr zuschreiben. Deshalb braucht das Kryptogeld zwingend eine Geschichte. Erst wenn die Anhänger von Bitcoin und Co. eine neue, überzeugende Erzählung haben – oder eine alte erfolgreich wiederbeleben –, werden die Kurse wieder steigen. Und erst dann kann das Krypto-Finanzmärchen fortgeschrieben werden.