Im Kunstmuseum Moritzburg Halle ist am Donnerstag eine Ausstellung mit dem Werk von Karl Hofer eröffnet worden. Der Maler (1878-1955) gehörte zu den bedeutendsten expressionistischen Malern der Moderne in Deutschland – doch es gibt dunkle Kapitel in seiner Biografie.
1938 drängte Hofer seine jüdische Ehefrau Mathilde Hofer, mit der er schon länger nicht mehr zusammenlebte, zur Scheidung, weil ihm sonst der Ausschluss aus der Reichskulturkammer drohte. Mathilde Hofer wurde am 21. November 1942 im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau ermordet.
Laut Museumsdirektor Thomas Bauer-Friedrich wird dieses Kapitel im Leben Hofers im Rahmen der Ausstellung auch thematisiert. Da die Ausstellungseröffnung am Vorabend des 21. November, dem Todestag von Mathilde Hofer, stattfinde, werde ihr das musikalische Rahmenprogramm gewidmet. Bauer-Friedrich sagte zu MDR KULTUR: „Sie war ausgebildete Konzertsängerin, hat einen Diplom in Paris an der Hochschule gemacht. Wir wissen, dass sie vor allem Brahms und Schubert gern gesungen hat.“
Inspiration für die Künstler der „Halleschen Schule“
Karl Hofer, der nach 1945 Rektor der Berliner Hochschule für Bildende Künste wurde, fand in seinem Fach der realistischen Darstellungsweise mit teils expressiven, magischen oder symbolistischen Variationen viel Anerkennung im Nachkriegsdeutschland. Einzig die Kollegen vom abstrakten Fach machten ihm das Leben schwer, erörtert MDR KULTUR-Kunstkritikerin Ulrike Thielmann.
In der sowjetischen Besatzungszone, in der die gegenständliche Malweise proklamiert wurde, habe man Hofers Gemälde teils mit leuchtenden Augen betrachtet: „Besonders in Halle an der Saale begeisterten sich Maler wie Herbert Kitzel oder Hermann Bachmann für Hofers abweichende realistische Sichten.“ Die Maler im Halle der Nachkriegszeit nannten ihre Kunst „Hallesche Schule“. Wovon sie inspiriert wurden, war schon öfter Thema im Kunstmuseum Moritzburg, erinnert Thielmann.
Als die Leipziger Privatsammlung Arthouse/Kölmel Ausstellungsräume für ihre große Karl-Hofer-Sammlung suchte, kam das Museumsdirektor Bauer-Friedrich gerade recht: „Es ist das erste Mal, dass Karl Hofer in dieser Opulenz in Mitteldeutschland wieder zu sehen ist.“ Gezeigt werden nun rund 50 Gemälde, entstanden zwischen 1900 und 1950, ergänzt von einigen Bildern der Halleschen Künstler. Sieben thematisch unterschiedliche Kapitel der Schau erzählen von Höhen und Tiefen in Hofers Leben und den zentralen Motiven seines Schaffens.
Wenige Ausstellungen seit 1945 in Ostdeutschland
In Halle wurden Hofers Bilder schon früher ausgestellt: 1948 und 1949 widmete ihm die Galerie Henning in Halle (Saale) zwei kleine Einzelausstellungen. 1978, zum 100. Geburtstag des Malers, fand eine große Retrospektive in der Moritzburg statt. Insgesamt jedoch ist es wenig Aufmerksamkeit für einen Maler seiner Größe und Bedeutung.
Die Gründe dafür liegen womöglich in den abstoßenden Details in Hofers Biografie, so Thielmann. Das Kunstmuseum eröffne in der Ausstellung sowie im Katalog zum Beispiel die Auseinandersetzung mit Hofers Mal-Aufenthalt in Indien, in dem er gesichert mindestens eins seiner minderjährigen Modelle missbrauchte. Es sei dem Museum wichtig, die Schattenseiten in der Biografie von Karl Hofer offen anzugehen, betont Thomas Bauer-Friedrich, vor allem sein Umgang mit Frauen.
Pikante Details und menschliche Dramen
Auch die Scheidung von seiner jüdischen Frau Mathilde Scheinberger spielt da hinein. Allerdings hatte der Maler bereits vor 1933 seine Ablehnung der nationalsozialistischen Ideologie zum Ausdruck gebracht. 1937 diffamierte man ihn in der Ausstellung „Entartete Kunst“, entzog ihm Lehramt und Akademiemitgliedschaft und entfernte mehr als 300 seiner Werke aus öffentlichen Sammlungen, heißt es auf der Website des Kunstmuseums. Nach seiner Scheidung wurde der Künstler wieder in die Reichskulturkammer aufgenommen.
Ulrike Thielmanns Fazit lautet: „Wem es gelingt, die Ambivalenz sowie die menschlichen Dramen in Karl Hofers Leben auszuhalten, der erblickt in der Ausstellung teils grandiose Gemälde. Nicht zuletzt die Maler der ‚Halleschen Schule‘ überzeugen durch ihre oft magischen Ausdrücke melancholischer Stille in teils großer Dunkelheit.“